Vom Alltag zur Philosophie. Beschreibung einer Parabel


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Motto Ich frage mich, ob die andere Stadt mich auch lieb hat? ยปIch komme nach Leipzig, an den Ort, wo man die ganze Welt im Kleinen sehen kann.ยซ Die Enklave […]

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Motto

Ich frage mich, ob die andere Stadt mich auch lieb hat?

ยปIch komme nach Leipzig, an den Ort, wo man die ganze Welt im Kleinen sehen kann.ยซ

Die Enklave meiner Wahl? Ich habโ€™ unendlich Zeit. Kommโ€™ mich dort doch mal besuchen โ€ฆ

Leipzig, den 12. Juni 2011

Lieber ERICH,

ich bin nun in den letzten Zรผgen, meine Magisterarbeit fertigzustellen und mรถchte diese Gelegenheit nutzten Dir zu schreiben und Dir von meinem Vorhaben zu berichten. Die Arbeit heiรŸt ยปVom Alltag zur Philosophie. Beschreibung einer Parabelยซ (ohne Punkt). Was das Ganze mit Philosophie zu tun hat, wirst Du Dich sicherlich fragen. Ich kann Dir diese Frage nicht inhaltlich beantworten, aber es ist eine Abschlussarbeit im Fach Philosophie โ€” insofern besteht eine direkte Verbindung. Du weiรŸt ja sicherlich, dass so vieles von dem, was wir heute Philosophie nennen, frรผher ganz anderen Bereichen zugehรถrig war: zum Beispiel der Juristerei, der Mathematik, der Theologie oder der sogenannten Esoterik. Und heutzutage zรคhlt man auch Werke der bildenden Kunst, Filme, Spiele oder Romane dazu.

Manchmal reicht es ja schon, philosophische Ideen darin zu erkennen, um sie der Philosophie zugehรถrig zu meinen. Und manchmal ist es ganz anders herum: die Philosophie weiรŸ รผber sich Bescheid, versucht sich aber hinter lyrischen oder bildnerischen Fassaden zu verstecken.

Ist das nicht seltsam: Eine Abschlussarbeit in Philosophie, welche sich davon zu entfernen versucht?

Auch wenn all dies, was ich mir erlaubt habe, mit Dir zu machen, all die Spekulationen und das Ausnutzen Deiner Bilder und Notizen fรผr meinen kleinen privaten Zweck, im Vergleich zu dem Gesamtergebnis nicht viel wert sein mag, so kannst Du mir glauben, dass ich mir viel Zeit dafรผr genommen habe und mir viel an der Sache liegt.

Manchmal verlor ich den รœberblick รผber die Einzelteile und immer noch weiรŸ ich nicht, ob die Reihenfolge der Texte und der Bilder irgendetwas mit Deinem Denken und Leben zu tun hat oder nicht. Sicher nur im Ansatz. Es ist selbstverstรคndlich alles aus heterogenen Kleinstteilen erbaut und erdacht, mittels der Bilder zusammengenรคht und wie es mit den Fellen der Tiere gemacht wird, von Innen heraus ausgestopft und in einem Schaukasten zur Ansicht gestellt.

Ich habe zum Beispiel an den zentralen Text auch FuรŸnoten angehรคngt, die auf verwandte Gedankengรคnge hinweisen sollen oder die รผbriggebliebene, lose Aphorismen an lรคngere Textpassagen angliedern. Ich hoffe Du hast nichts dagegen, mit einer solchen Umgebung in Verbindung gebracht zu werden. Ach ja, ich wollte auch noch kleine Diagramme hinzufรผgen, die aufzeigen, welche Ortschaften, Personen, Literatur erwรคhnt wird und wie in welchem Zusammenhang steht. Aber da ich Eure Namen geschwรคrzt habe, wรคren sie irgendwie nutzlos und besรครŸen keinen relevanten Informationsgehalt mehr. Ich habe sie deshalb weggelassen.

Ich kann mich noch erinnern, wie ich damals (es war ungefรคhr 2003) in der Platte in der WeiรŸdornstraรŸe in Grรผnau war und ich durch die ganz leeren Gรคnge streifte, willkรผrlich in die offenen Wohnungen hineinblickend, mal hier, mal da mich genauer umschauend. Doch in einem Zimmer blieb ich lรคnger, denn dort fand ich die ganzen Polaroids, verstreut auf dem Boden zwischen den restlichen Negativen, Umschlรคgen, Bรผchern und Zeug. Ich war noch einige Male dort, aber die von Euch allen zurรผckgelassenen Dinge wurden immer weniger; das hieรŸ, es waren noch andere auรŸer mir hier unterwegs, manche Sachen sammelnd. Das letzte Mal war ich sogar im Keller und dann auf dem Dach. Ich habe rundherum ein paar Bilder mit meinem groรŸen Blitz gemacht (es war Tag) und dann, einige Minuten spรคter, kam die Polizei von beiden Seiten durch die Luken, um mich nach Unten zu begleiten. Sie waren sehr nett (ja, es war sogar eigens ein Kommissar gekommen!) und meinten, es hรคtten sich Leute aus den benachbarten Gebรคuden bei Ihnen gemeldet, da sie dachten ich wollte vom Dach aus in ihre Wohnungen hineinfotografieren. Sie meinten gleich leicht ironisch, dies wรคre ein sensibles Thema und die Menschen wรคren zu Recht skeptisch gegenรผber solchen Ausspรคhungen. Sie wollten natรผrlich auch wissen, ob ich etwas aus dem Gebรคude mitgenommen hatte und ich belog sie. Sie nahmen meine Personalien auf und wir verabschiedeten uns. Es hat sich niemand mehr bei mir gemeldet wegen dieser Sache. Heute stehen die meisten Geschosser nicht mehr, sie wurden rรผckgebaut, wie es so schรถn heiรŸt. Jetzt ist vieles wieder Wiese, worauf frรผher kleine Stรคdte standen. Ich war schon lange nicht mehr dort, nur manchmal, wenn ich zu meinen Eltern fahre (oder mit diesen zurรผck nach Leipzig komme), kann ich im Vorbeifahren noch einen flรผchtigen Blick darauf werfen. Du wirst mir zustimmen, dass sich so vieles verรคndert hat und es keinen Sinn macht, an dem Alten sentimental hรคngenzubleiben und den Zeiten nachzutrauern.

Lieber ERICH, ich hoffe ich habe Dir mit meiner Bearbeitung kein Unrecht angetan; keine Sorge, ich habe Euch all unkenntlich gemacht, so dass nur Du oder eine Dir nahestehende Person jemanden identifizieren kann. Sicher wirst Du Dich selber darin mit Leichtigkeit erkennen. Ich hoffe immer noch, dass wir uns einmal begegnen werden (manchmal sitze ich in der Bahn und halte Ausschau nach jemandem Dir รคhnlich sehendem), aber ich weiรŸ ja gar nicht, ob Du รผberhaupt noch hier in Leipzig bist. Wir werden uns wahrscheinlich nie kennenlernen, auch wenn wir uns vielleicht schon begegnet sind.

Hast Du etwas an dieser Version zu verbessern oder willst Du es mir erzรคhlen, so wie es wirklich war, so habe keine Scheu Dich damit an mich zu wenden. Ich werde mich bemรผhen alles wieder zu korrigieren und meine Fehler zu reparieren. Ich verspreche es Dir! Ich weiรŸ, dass Du manche Schulden hattest, die sich plรถtzlich ganz von selbst รผber Nacht erledigten โ€” nun stehe ich in Deiner Schuld.

Im Anhang ist noch Platz fรผr Notizen; also wenn Du dort etwas hinzuzufรผgen hast (oder ein anderer), so wรผrde ich mich freuen Deine Sicht der Dinge oder eine andere Ordnung der Textpassagen etc. kennenzulernen.

Ich habe im Verlauf vieler konstruktiver Gesprรคche mit Herrn MAX zahlreiche wertvolle Hinweise erhalten und immer eine positive und unterstรผtzende Begleitung erfahren. Ihm ist es auch zu verdanken, dass die Arbeit in dieser Form Gestalt annehmen konnte. Auch JULIANE, meine Freundin, hat mir stets mit Hinweisen und Korrekturen sehr geholfen und mich dabei unterstรผtzt. Diesen beiden bin ich zu besonderem Dank verpflichtet. Natรผrlich bedanke ich mich auch bei meinen Eltern, die einen ganz anderen Blick auf die Dinge geworfen haben als ich und mich stets liebevoll begleiteten.

Wenn Du Zeit hast, wรผrde ich mich sehr auf einen Besuch von Dir freuen! Wie stehtโ€™s mit Urlaub? Wir kรถnnten ja wieder an den See fahren! Oder schreibโ€™ mir doch mal โ€” ich bin fรผr Post immer empfรคnglich. Meine Adresse ist die Grรผnewaldstrasse 13 in 04103 Leipzig. (Was fรผr ein Zufall, dass ANDREA auch in genau der selben StraรŸe wohnte, oder?)

Ich muss jetzt bald mit dem Hund rausgehen, deshalb noch kurz Folgendes zum Abschied. (Da Du ja auch manchmal botanische Formulierungen benutzt, habe ich mir diesen aus Arabien stammenden Spruch ausgesucht):

Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trรคgt.

Machโ€™s gut und bis bald!

Liebe GrรผรŸe

GOTTFRIED

P.S. Hast Du eigentlich die Bilder selber gemacht oder hast Du sie auch nur gefunden?

Und wenn Du mir schreiben willst, mach es doch so wie frรผher: Deine Adresse als Empfรคnger und mich als Absender.



Sprรผche und Bรถgen

1. Hรถrโ€™ ich die Stimmen aller Pflanzen, die nur im Dunklen erklingen? Nun, meine Stimme hรถrโ€™ ich nicht. Alles blendet.

2. Du sagst, Du erinnerst Dich an nichts โ€” wรผrdest Du Dich bitte an meinen Namen erinnern? Das wรคre mir ein Anfang. Leute sagen mir, ich wรคre einsam โ€” aber ich wรผrde mich freuen, wenn Du mich kanntest.

3. โ€žAlle glรผcklichen Familien sind einander รคhnlich; aber jede unglรผckliche Familie ist auf ihre besondere Art unglรผcklich.โ€œ

4. Ich werde in meinen Bildern nicht teurer โ€” sie werden nur kleiner.

5. Schau nur: Das blinde Kind hat ganz die Augen seiner Mutter.

6. ยปIch habe mein Vokabelheft verloren. Ich weiรŸ, ich kam damit hierher.ยซ Welch schรถne Sรคtze.

7. โ€”Was siehst Du, wenn Du Deine Augen schlieรŸt? โ€”Ich weiรŸ es nicht. Aber es ist alles meins.

8. Ich sah stets mehr Blรผten als Frรผchte an den Gewรคchsen, die mich interessierten.

9. Ich fand folgendes vor einem Buch stehen: ยปIch wohne in meinem eignen Haus, Hab niemandem nie nichts nachgemacht. Und โ€” lachte noch jeden Meister aus, Der nicht sich selber ausgelacht. รœber meiner Haustรผr.ยซ Ein Buch als Gebรคude verstehen?

10. Ich pflege einen umgekehrten Fatalismus: Nicht die Welt ist fatalistisch und vorherbestimmt, sondern nur meine Einstellung zu ihr โ€” egal was ich tue, es wird vereinnahmt.

11. โ€”Die Welt ist grรถรŸer heutzutage. โ€”Nein, es ist die gleiche Welt, sie ist bloรŸ voller. โ€”Die Welt ist nicht schlecht. Ich glaube, sie ist wirklich nur zu voll. Es gibt kein Wort um dies wieder gutzumachen, kein Bild zum Vergleich.

12. Willst Du es so machen, wie ich es gelernt habe?

13. Jedes Haus hat seine Maus. Jeder Anfang seine Mitte.

14. Eine heilige Strafe fรผr einen heiligen Schรผler โ€” aber keine Spur von einem heiligen Schmerz.

15. Wรคre alles tatsรคchlich so, so wรคre es fรผr immer gleich.

16. Es war nie besser als jetzt โ€” wie hรถrt sich das an? Schau mal in Dein Tagebuch โ€” steht da was von Morgen drin?

17. Immer noch kein Imperativ fรผr die 1. Person Singular. Hรคlt ihn keiner fรผr nรถtig oder ist er unmรถglich?



Gedanken

Man schaut und daรŸ man eine Idee hat. Und was dann? Und wirklich dachte ich bisher, ich sรคhe den Finger und nicht den Mond.

Lerne und folgere ich aus einer Menge von Aussagen (die sich denken, wiederholen, ergรคnzen, gegenseitig weiterfรผhren lassen etc.) oder aus der inneren รœberzeugung und Struktur einer Aussage, einer Gegebenheit, einer Tatsache die eventuell nur mir allein zugรคnglich bzw. in dieser Art erschlieรŸbar bleibt? Respektive: SchlieรŸe ich aus der Quantitรคt oder der Qualitรคt?

Ist es, weil etwas in Relation zueinander steht (als Gebilde und sich so gegenseitig festigt und manifestiert), oder weil es in Relation zu allem anderen steht? Indem es, wie im zweiten Fall in Relation zu allem anderen steht, behรคlt es die Mรถglichkeit stets unverรคndert zu sein, zu bleiben oder sich aufgrund des Nicht-es-selbst-Gefรผges abzuรคndern. In Bezug zueinander, findet stets eine dynamische Verรคnderung statt, die die Einzelteile immer individuell abรคndern, auch wenn es nur das Ergebnis hat, das Gesamtgefรผge, das Ergebnis als Ganzes unverรคndert zu belassen. Zum Beispiel das Ergebnis 6, ist 1+5 oder 2+4 oder 3+3 etc.

Manchmal, wenn etwas Neues allzusehr in Mode kommt und allgegenwรคrtig in Benutzung ist โ€” unter Umstรคnden aufgrund von Vorteilen gegenรผber einem alten Medium, der Bequemlichkeit, Schnelligkeit, Wirtschaftlichkeit oder ร„hnlichem wegen vorgezogen wird โ€”, bekommen die Makel und die Fehlerhaftigkeiten des Alten eine Aura von Ehrlichkeit und Direktheit. So wie alte SchwarzweiรŸabzรผge sonderbar klar und unverstellt auf uns wirken โ€” aber nicht aus ihnen selbst heraus (denn diese sind, zumeist offensichtlich, mangelhaft in ihrer technischen Ausfรผhrung), sondern des Kontrastes zu alltรคglicheren Medien wegen.

Wenn etwas am Anfang einer Bewegung steht, ist es eben noch unbewegt und ruhig. Es sei denn, die Bewegung selbst wรคre dynamisch. Einen Lรคufer sieht man auch besser, wenn er noch am Anfang des Laufs Anlauf nimmt und weniger klar, wenn er seine hรถchste Geschwindigkeit erreicht hat. Natรผrlich hรคngt dies sehr von denjenigen Merkmalen ab, die man dabei beobachten mรถchte. Die Beobachtbarkeit der Bewegung hingegen ist genau entgegengesetzt.

Wartet man auf etwas und man sieht es kommen, so ist das schon einmal besser, als wenn man noch auf das Erscheinen des Kommenden wartet.

Wenn man etwas, eine Erzรคhlung zum Beispiel, langsam ausblendet anstatt sie abrupt abzubrechen, fรคllt es dem Beobachter leichter dieses Ende als gewollte und kontrollierte und damit autorisierte Erzรคhlung zu verstehen und zu akzeptieren. Auch ist dies eine nachtrรคgliche Mรถglichkeit, รผber nicht gewollte Endungen ein stets verstรคndliches und natรผrliches Ende mittels der Ausblendung, des sukzessive Weniger-Werdens zu legen. So wird es oft in der Musik oder im Film getan, aber ob und wie es im Bild oder in der schriftlichen Erzรคhlung gemacht werden sollte, bin ich mir nicht so sicher โ€” oder ich habe es noch nicht mitbekommen.

Die Gewรถhnung ist der Grund dafรผr, daรŸ eine langsame Beendung besser funktioniert als ein klarer, harter Schnitt, der einen deutlichen Kontrast hervorbringt, gar erzwingt.

Habe ich die Mรถglichkeit der Relativierung, so kann ich mir alles erlauben. Doch hat man die Mรถglichkeit per se, oder erlangt man diese erst im Verlauf โ€” doch im Verlauf von was?

Ich kann denken, alles was ich tue, passiert weil ich immer nur das tue, was ich will; oder ich kann denken, alles was passiert ist genau das, was ich tun will. Auch ein Hund tut nicht immer das, was er will, aber er kรถnnte denken, alles was er tut ist das, was er tun will.

Der grรถรŸte Trick ist natรผrlich jener, der gar keiner ist und der nur vorgibt, einer zu sein. Wenn alles echt ist, unverstellt und man dennoch glaubt es sei ganz anders โ€” vielleicht weil die Rahmenbedingungen dies suggerieren โ€”, es sei eine Illusion โ€ฆ das ist der grรถรŸte Trick, wenn er รผber sich selbst (und nicht nur รผber seinen Inhalt) hinwegtรคuscht. Ich denke, das Grundprinzip dafรผr ist die Ablenkung. Von etwas zu etwas anderem. Eine gute Illusion hat eine Erzรคhlung, eine Richtung, in die die Narration verlรคuft. Eine Illusion ist nicht nur Illusion allein โ€” sie erzรคhlt auch immer etwas รผber ihre Tรคuschung, etwas รผber sie selbst als erzรคhlende Illusion.

Das ist รคhnlich dem Eindruck, den man beim Betrachten eines Bildes hat, auf dem ein Spiegel zu sehen ist, in dem sich Dinge spiegeln. In diesem Fall ist es ganz natรผrlich, daรŸ diese Objekte verzerrt oder durch die verschmierte Spiegeloberflรคche unscharf und ungenau zu sehen sind.

Das Geheimnis eines Tricks beeindruckt niemanden. Die Tรคuschung, auf welcher das Geheimnis beruht, und welche dadurch vorgefรผhrt werden kann, ist aber alles. Wรคre die Beschreibung bereits eine Vorbereitung zur Erklรคrung? Quasi defizitรคt davorstehend? Eine solche Unterscheidung vorzunehmen, fรผhrt zwangslรคufig dazu, Theorie und Praxis vergeblich gegeneinander auszuspielen.

Und nun ein Sprung zu etwas anderem.

Wo waren wir stehengeblieben? Von mir aus zu keiner Idee. Aus keiner Idee zu einer Idee, Ideen zu Wรถrtern, Wรถrter zu Sรคtzen, Sรคtze zu Absรคtzen, Absรคtze zu Kapiteln, Kapitel zu Bรผchern, Bรผcher zu Sammlungen und so weiter. Zu was? Zurรผck zum Schauen.

Parallel dazu: Von der Rivalitรคt zur Konkurrenz. Vom Gesetz zum Vertrag. Aus dem Wasser ans Land. Vom Zentrum an den Rand. Vom einen zum anderen. Vom Anfang zum Ende. Von keiner Idee zu einer Idee. Etwas zusammenbauen.

Gleich beim Formulieren bestimmter Gedanken spรผre ich bereits die zwangslรคufig spรคter einsetzende Entfernung, welche auch eine Entfremdung bedeuten kann. Wie entsteht ein solcher Abstand und was vermag dieser zu trennen? Selbst mein handschriftlich verfaรŸter Text bekommt eine eigene Autoritรคt, die nicht erst mittels รœbergรคnge in andere Formen begรผnstigt wird. Ich frage mich, wie nahe wohl all jene gedruckten und gesetzten, zu Kapiteln zusammengefassten und durchpaginierten Zeichen, Wรถrter, Sรคtze โ€” all das, welches wir als unseren Kanon bezeichnen, unser Fundament โ€” den Herstellern รผberhaupt waren. Und damit die angeschlossene Frage nach der Stabilitรคt unserer darauf errichteten Hรผtten und Hochhรคuser. Einst war vieles Sumpfgelรคnde und Morast, ร–dnis und Wรผste, wo heute Oasen und Beete gedeihen; oder Urlaub gemacht wird.

Bilder-Zeugend und Bild-Erzeugend.

Zunรคchst bediene ich mich so oft der Bilder, die ich aus Elementen und Bestandteilen mir bereits bekannter (und ebenso) komponierter Bilder zusammensetze und benutze diese Kombinationen gerade so, wie es mir beliebt. Das meine ich zumindest zu tun, so als hรคtte ich die Kontrolle รผber dieses Tun. ร„hnlich eines Kaleidoskops โ€” jedes und kein Bild ist besser und schlechter als die anderen mรถglichen. Und gรคnzlich andere Bilder, die das Gerรคt nicht sowieso schon als Mรถglichkeit implizit angelegt hat, sind nicht denkbar (zumindest nicht als Bilder eines derartigen Gerรคtes), nicht erreichbar, nicht machbar und nicht benutzbar. Dennoch sind jegliche solcher Bilder, von der AuรŸenwelt beeinfluรŸt, wenn nicht sogar davon gemacht; andererseits mรผรŸte zugegeben werden, daรŸ jene, zunรคchst fรผr Randerscheinungen gehaltene Bilder, genauso zur Palette der mรถglichen Bilder gehรถren, wie all jene, die vordergrรผndig der Erwartungshaltung bzw. dem gรคngigen Schema eines Bildes entsprechen, sich mit diesen decken. Sind nicht alle geworfenen Bilder schรถn?

Alle geworfenen Bilder sind schรถn. Ein Zusammenschmelzen des bilderzeugenden Gerรคtes z.B. wรผrde eventuell noch alternative, nicht Teil seines Programms seiende Bilder hervorbringen kรถnnen โ€” und dann auch wieder nicht, denn diese sind ebenso mรถglich, wie alle anderen auch; und anders herum sind alle anderen genauso mรถglich, wie diese. Haben wir nun ein anderes Kaleidoskop?

Was wรผrde man sehen, nรคhme man eine neue, noch unbespielte Kasette und schaute oder hรถrte sich diese an (natรผrlich nicht von AuรŸen, sondern indem man sie in das Abspielgerรคt steckte)? Der Apparat sollte vermutlich nicht zwischen den darauf befindlichen Informationen diskrimieren kรถnnen, oder doch? Gรคbe es ein Minimum an Inhalt, damit Apparate Kasetten รผberhaupt abspielten? Vermutlich ist es unsauber, im Generellen, von einem Apparat auszugehen, denn ist nicht vielmehr das in ihnen hinterlegte Programm fรผr eine solche Diskriminierung ausschlaggebend? Eine Diskriminierung setzt eine Mรถglichkeit der Auswahl voraus. Ein Loch im Boden, eine ร–ffnung zu einer Hรถhle, eine Ritze an der Oberflรคche einer Kiste entscheidet nicht รผber die Vorgรคnge im Inneren. Sobald eine Kasette in die ร–ffnung eines Wiedergabegerรคtes paรŸt, kann man auch sagen, der Apparat funktioniert. Alles andere liegt in der Verkabelung und Auslagerung in externe Medien, die jedoch zu keiner Zeit auf das Abspielgerรคt angewiesen sind.

Es scheint mรผhselig, nach minimalsten Spuren, nach notwendigen Grundbedingungen oder nach ausreichenden Faktoren zu fragen โ€” und an dieser Stelle nun ein rhetorischer Zusatz. Die sich mir stellende Frage bleibt: Wann bin ich zufrieden mit all dem, was ich doch so klar vor mir zu sehen glaube? SchlieรŸlich wissen wir alle, daรŸ auch die Existenz Atlantisโ€˜ durchaus als beweisbar gilt. Immerhin lรครŸt sich immer etwas noch besseres Denken.

Vom Prinzip her, gibt es keinen groรŸen Unterschied zwischen mir und einer Kamera. Auch gibt es nur ein kleine Differenz zwischen mir und der Kamera und allem anderen auch.

Im Inneren spielen sich Prozesse ab, die im Dunklen bleiben, welche ein Resultat nach AuรŸen werfen und welche sich einer externen Beobachtung entziehen. In solch einer dunklen Kammer werden eindringende Impulse verarbeitet und zu einem Abdruck fixiert, welcher aber im weiteren Verlauf, auf die Bindung an ein bestimmtes Material angewiesen ist, um als aussagekrรคftiges Ergebnis betrachtet werden zu kรถnnen. Als Ergebnis, welches fรผr alle Betrachter die gleichen Grundbedingungen schafft und sich nicht mehr im Dunklen versteckt. All dies wird zunichte gemacht, sobald man diesen inneren ProzeรŸ ans Licht bringen mรถchte. Und da Licht eine solch konstante Einheit ist, spielt es keine Rolle, ob dies im Kleinen oder GroรŸen vonstatten geht.

Die Rahmenbedingungen des Beobachtens sind nicht mit seiner Innerlichkeit vereinbar (und beinhalten sie ein forciertes Beobachten-Wollen), zerstรถren sie sowohl das potenziell mรถgliche Resultat, als auch die Bedingungen der Beobachtung selber.

Eine sich selbst verschleiรŸende Maschine fรผhrt dennoch legitime Bewegungen aus.

Dies scheint auch ein Anfang fรผr etwas zu sein: Manchmal wenn ich nach DrauรŸen gehe, wรผnsche ich mir, jemand wartete irgendwo auf mich โ€ฆ

Oft erzรคhlt einem jemand von etwas oder man liest oder hรถrt eine Rezension eines Buches oder eines Filmes, ohne das besprochene Buch oder den von diesem Bekannten spontan zusammengefaรŸten Film zu kennen. Aber diese Zusammenfassungen an sich, fรผhlen sich vollkommen echt an und gรคnzlich natรผrlich an, so als wรคren sie selbst kleine eigenstรคndige Formen des Erzรคhlens und nicht nur bedingte Endโ€“ oder Nebenprodukte der wirklichen, der echten. Niemand hat je das Gefรผhl der Unvollkommenheit oder des Verlustes dabei. Ohne das Besprochene zu kennen, sind sie fรผr mich โ€” so wie sie sind โ€” wirklich und richtig, scheinbar ohne รผberhaupt auf das, auf welches sie sich beziehen, mehr angewiesen zu sein.

Ich frage mich immer wieder, wie wohl jemand vorgehen mรผรŸte, der solch eine Rezension liest und daraus dann das Rezensierte wieder beschaffen wollte. Vielleicht liegen zum Beispiel eines Tages mehr Rezensionen als Filme vor und man wird sich der eigenstรคndigen Literaturgattung der Rezensionen bewuรŸt (oder des Filmemachens รผber Filme โ€” vielleicht ist das schon zu viel, denn Filme gibt es ja nicht mehr; รผber was macht man dann Filme?) โ€” mรถchte aber die verschollene oder vernichtete Struktur der Originale wieder daraus gewinnen. Eine Komprimierung oder Zusammenfassung hรคtte nur Sinn, wรผrde sie einen Inhalt mรถglichst verlustfrei einpacken โ€” so, daรŸ es einen bestimmbaren Unterschied zwischen beiden Versionen gรคbe, wobei man sich dann eine der beiden, als fรผr das jeweilige Ziel vorteilhafter, heraussuchen kรถnnte โ€” welches nach einem allgemein bekannten Muster wieder daraus herauslรถsbar bliebe; und zwar jedes Mal auf die gleiche Weise, zu dem gleichen Ergebnis fรผhrend. Eventuell lieรŸe sich die Komprimierung mit dem gleichen Muster erneut komprimieren und so weiter. Doch ist hier schon die Stagnation ein fester Bestandteil.

All dies fรผhrt zu der Frage, nach welchem Ordnungssystem man suchen sollte … welche Ordnung sich dahinter verbirgt und was daraus ent-wickelt werden kann.

Wie sรคhe wohl eine erneute Rezension eines aus einer Rezension konstruierten Filmes aus? Wรคre sie รคhnlich der ersten oder erwรคhnte sie vielleicht sogar den Umstand ihrer Entstehung, der Rรผckkopplung etc.? DaรŸ dieser Film wohl nicht der gleiche sein wรผrde, wie das Original (welches ja vollkommen ohne Rezension, also quasi in der Kette der kausalen Verursachungen davor stand), scheint offensichtlich, oder nicht? Es sei denn, es handelte sich um einen ganz bestimmten Typus von Film. Was zeichnete diesen aus?

Erkennt man etwas als Zitat und sagt: ยปDas ist doch ein Zitat von dem und dem โ€ฆยซ, erkennt man dies anhand des Inhalts oder bedarf es dazu auch der Erkenntnis der Anfรผhrungszeichen? Wo kommen denn die Anfรผhrungszeichen her? Kรถnnte man etwas als Zitat kennzeichnen oder zumindest indirekt erkennbar machen, ohne die Zuhilfenahme von Apostrophen, ohne Zusatz, ohne Hingabe, ohne Verschachtelung? Die Anfรผhrungsstriche sind oft zwischen den Zeilen. Die indirekte Rede zum Beispiel: Aber dann kann das Zitat fรผr vieles Zitierte stehen. Es geht in mehrere Richtungen. Ein Zitat verweist auf und verbindet mindestens zwei Elemente.

Sind die Anfรผhrungszeichen Teil der Sprache, die sie angeben? Dann wรคren sie davon ununterscheidbar. Wie eine abfotografierte Photographie. Ist sie Teil einer anderen Sprache? Wรคre die Antwort ยปJaยซ? So kรถnnten wir sie gar nicht als solche wahrnehmen, sondern diese Zeichen kรถnnten alles mรถgliche in dieser anderen Sprache an Ausdrรผcken bedeuten. Die Angabe einer Kommentatorebene wรคre eventuell gar nicht wahrnehmbar. Wollte ich das Foto (auf welcher Abbildungs-/Iterationsebene auch immer) in einer anderen Sprache darstellen, also quasi in Anfรผhrungszeichen, wie mache ich das, wenn ich diese Sprache nicht kenne? Kann ich mittels (wรถrtlicher) Sprache das Foto zitieren?

Doch dazu spรคter.

Es ist schon klar, was in einem Leben passiert, aber es mรผรŸte eine Geschichte erzรคhlt werden โ€” die Dinge mรผรŸten koordiniert werden. Und zum SchluรŸ waren alle glรผcklich. Es ist ein interessanter Gedanke, man selbst hรคtte sich all dies selbst ausgesucht und zugetan.

Es gibt Sprachen, in denen die Stellung der geschriebenen Sรคtze eine รคsthetische Angelegenheit darstellen. Deren Stellung entspricht zwar einer Regel, aber die Wรถrter tragen ihre Bedeutung, ihre Konjunktionen schon in sich selbst und kรถnnten ihret- und der Grammatik wegen, auch der Lรคnge nach, zum Beispiel hintereinander aufgeschrieben werden, oder der Regel eines bestimmten Alphabets folgend.

In den Dingen, in dem Vorgefundenen, in den Sprachen, in den Argumenten liegt doch auch ihre Fortsetzung โ€” aus allem was da ist, folgt das Folgende, das daraus Folgbare und so weiter. So wie in Polaroidfotografien schon dasjenige als photographische Potenz und als Chemie enthalten ist, um ein Bild zu sein; so wie in einer Kamera auch schon alle darstellbaren Bildmรถglichkeiten enthalten sind. So wie ein Raum die mรถglichen Positionen/Konstellationen von in ihm enthaltenen Kรถrpern bedingt. In eine Schachtel paรŸt vieles hinein. Eine Vase hรคlt Flรผssigkeiten gemรครŸ ihrer Form. Es gรคbe so manches zu Vasen und anderen Behรคltern zu sagen, doch ist es so viel, daรŸ es an dieser Stelle รผberliefe oder mit Gewalt in eine noch unfertige Form gepreรŸt werden mรผรŸte.

Ja, auch die Vase รผbt Gewalt auf die in ihr enthaltene Flรผssigkeit aus.

Schaut man sich Spielfilme und Dokumentationen an, so kรถnnte man zunรคchst einmal schlieรŸen, die Dokumentationen wรคren in sich geschlossen, bedรผrften keiner รคuรŸerlich vorstellbaren (zeitlich vorher aufgestellten) Erzรคhlung und ebenso keiner Requisiten โ€” ihre Echtheit ist durch genau solche inneren Werte bedingt und jedes auch nur einzeln auftretende fremde Element, wรผrde die Echtheit der Dokumentation in ihrer ganzen Gegebenheit sofort in Frage stellen.

Spielfilme hingegen bedienen sich exzessiven Elementen, expliziten Darstellungen zum Beispiel, um aber vorzutรคuschen, oder genauer: zu beweisen, sie wรคren echt und ihnen liege kein โ€บplotโ€น und keine Schauspielerei zugrunde. Durch den ExzeรŸ wird oft versucht einen Mehrwert zu erschaffen, der den Film als Ganzes auf ein normales Niveau zurรผckfallen lassen kann; denn es bedarf stรคrkerer Mittel, um eine typische Erwartungshaltung des Zuschauers, wie etwa: ยปEs ist ein fiktiver Film, es sind Schauspieler, es sind Kulissen und Attrappen. Ich sehe mir ein Konstrukt an.ยซ zu lenken, ihr entgegenzusteuern und dem Zuschauer dies kurzzeitig (oder gar sehr langfristig) vergessen zu machen. Diese Unterscheidung scheint (im Moment) nur auf einer visuellen Ebene zu funktionieren โ€” der ExzeรŸmoment wird hauptsรคchlich visuell argumentiert und optisch rezipiert. Diese รœberlegung anhand einer akustischen Narration vornehmen zu wollen, wรผrde nicht funktionieren. (Man bedenke die Erledigung von Schmerzen zum Beispiel.)

Manchmal geht man sogar so weit, etwas scheinbar auรŸerhalb des Films zu stellen, etwa einen Prolog oder einen Satz, der darauf hinweisen soll, daรŸ das Folgende so sei oder das eben Gesehene so gewesen war. Dies muรŸ sich selbst so prรคsentieren, als hรคtte es mit dem richtigen Film nichts zu tun, so als kรคme es von ganz woanders her und vor allem so, als sei es auf der Seite der Zuschauer um den Film klar von allem anderem abzutrennen.

Selbst bei einem als gรคnzlich weiรŸ konzipierten Bรผhnenbild finden sich deutliche Abnutzungsspuren am Premierenabend des Stรผcks โ€” wenn nicht von den zahlreichen Proben, dann doch zumindest von der Generalprobe davor. Es soll jedes Mal den Anschein erwecken, als sei die Bรผhne noch nie benutzt gewesen. SchlieรŸlich nutzt sich der von den Akteuren gesprochene Text doch auch nicht ab, oder? Doch nicht jeder kann sich einen Platz in den ersten Reihen leisten, um dies zu bemerken. Vieles ist vernachlรคssigbar.

Es ist schon erstaunlich wie sich einzelne Atome so aneinandergefรผgt haben, daรŸ sie รผber ihre eigene Herkunft nachdenken โ€” und es ist ebenso erstaunlich, wie sich aus der Zusammenfรผgung der Dinge neue ergeben.

Doch: Was geht es mich an?

Bestimmte Formen sucht man beim menschlichen Kรถrper vergebens. Doch fรผgt man seine Teile aneinander, so ergeben sich aus den Zwischenrรคumen, hรถchst abstrakte und geometrische Formen sowie Muster. Ein Prinzip dabei ist die Spiegelung, welche durch einander รคhnliche Kรถrperteile suggeriert wird. Ist man noch ein halber Mensch, so kann man weiter gehen, bis man eine andere Hรคlfte gefunden hat.

Eine Zerstรถrung ist nicht das gleiche wie eine Dekonstruktion, also ein Abbau, bei dem man die Struktur des Gebauten verstehen muรŸ und dann Schicht fรผr Schicht abtrรคgt, das Grundgerรผst intakt zurรผcklassend. Eine Zerstรถrung transformiert, der Abbau hingegen bringt die ursprรผnglichen, zugrundeliegenden Strukturen zum Vorschein.

Das eine ist die Simulation und das andere die Dissimulation (รคhnlich der Kranken, die vortรคuschen gesund zu sein und dann die Gesunden, welche vorgeben etwas zu haben) โ€” aber es ist ein Unterschied zwischen meinem Im-Bett-Liegen-Bleiben, dem Vorgeben einer Krankheit einerseits und der Simulation derselben andererseits: Wollte ich den Zustand tatsรคchlich simulieren, so mรผรŸte ich einige der Symptome in mir selbst hervorrufen, als Gesunder aus mir heraus produzieren. Das eine gibt vor, etwas nicht zu haben, das aber vorhanden ist und das andere tรคuscht vor, etwas zu haben, was man nicht hat. Eines impliziert eine Prรคsenz, eines eine Absenz. Die Dissimulation belรครŸt das Realitรคtsmodell unverรคndert โ€” der Unterschied bleibt erkennbar, da es (das Modell) nur maskiert erscheint. Zuschreibungen wie echt, wahr, imaginativ, falsch etc. werden von der Simulation eher in Frage gestellt.

Ich kann durch Druck auf meine Ohren oder meine Augen, die wahrnehmbaren, hineindringenden Tรถne und Bilder unterdrรผcken und verzerren. Ich kann Sprache aber nicht durch Verformung meines Mundes oder meiner Zunge verfremden und in etwas anderes verwandeln. Ihre Grundstruktur bleibt stets erkennbar und klar ablesbar, auch, wenn ich alles nur lallen oder murmeln sollte. Die Rede selbst, als Rauschmittel, genรผgt.

Es bleibt fraglich, ob nun dies so leicht gegenรผbergestellt und miteinander verglichen werden kann; denn das Erstere bezieht sich auf nach Innen gerichtete Prozesse, wรคhrend das Letztere, von nach AuรŸen gerichteten Prozessen spricht. Beides verfรคngt sich an der gleichen Stelle. Und beides belรครŸt, auf beiden Seiten dieser Grenze, stets alles intakt und souverรคn zurรผck. Das Problematische, zeigt sich in der Schnittstelle von Struktur und deren Ausdruck. Wo stehe ich?

Wenn ich schreibe und dabei nur die Bewegungen mit meinem Finger vollziehe, oder wenn mein Fรผller leer ist, oder wenn ich auf der Tastatur etwas tippe und diese intendierten Zeichen gar nicht auf den Bildschirm รผbertragen werden โ€” diese Beispiele entsprechen auch dieser Vorstellung.

Die Sprache ist so frei, wie die dazugehรถrigen Gedanken. Man muรŸ die Sprache weglenken, abschieben von den Dingen. Den Abstand der Sprache als Mรถglichkeit einer anderen Artikulation, das Leben verstehen zu kรถnnen, bewahren. Nuance zu Nuance hinzufรผgend, Schicht fรผr Schicht abtragend.

Will man etwas suchen โ€” so wie ein Spรผrhund etwa dies tut โ€”, so braucht man dafรผr Wissen รผber das zu Findende. Fรผr einen Hund reicht dafรผr ein kleiner Rest dieser Sache, mit dem er die Fรคhrte aufnehmen kann. Um etwas zu finden (bzw. wiederzufinden) muรŸ etwas davon oder das Gesuchte selbst in Reichweite sein โ€” und es muรŸ ein Teil davon รผbrig sein.

Eine Art von trรผgerischer Nรคhe beziehungsweise Sicherheit, Heimat, zeigt sich, wenn zum Beispiel Filme nicht ins Hochdeutsche sondern in einem bestimmten Dialekt รผbersetzt werden (oder sagt man: ยปin einenยซ?) โ€” die zu suggerierende Authentizitรคt wird hier vollkommen vom Beigeschmack der Kรผnstlichkeit und Verstellung รผberdeckt, wenn die Sprache, in die รผbersetzt wird, sich wie eine Teilsprache zur eigenen verhรคlt; wie zum Beispiel das ร–sterreichische zum Hochdeutschen. Und dann fragt man sich, wie wohl das, worin man selbst keine Verfremdung mehr sieht, jenes sich als absolut transparent ausgebende, wohl fรผr einen AuรŸenstehenden klingen mag. Es reicht nicht die Fensterscheiben nur im Inneren zu putzen, will man einen klaren Blick auf die zum Trocknen aufgehangene, weiรŸgewaschene Wรคsche im Innenhof werfen.

Manchmal befriedigt es einen zu Genรผge, ein Spiel nicht selbst zu spielen, sondern nur jemandem dabei zuzuschauen (etwa spielenden Kindern oder Tieren). Wird einem dieses auch noch kommentiert, so gleicht es den vermeintlichen Verlust dabei aus.

Dies ist ein Punkt Ihrer Weglenkung.

Fragt jemand ยปWas sollโ€™s?ยซ, so meint er dies wahrscheinlich eher in einem abschlieรŸenden als in einem prospektiven Sinne. Berรผhre ich mich mit meiner Hand an verschiedenen Kรถrperstellen und stelle fest, diese fรผhlen sich alle taub an, so kann ich nicht ausschlieรŸen, daรŸ nur meine Finger taub sind.

Was ist ein Werkzeug wert?

Wie oft รผberlege ich mir, meine Notizen der Spontaneitรคt und Direktheit zuliebe, nicht mehr aufzuschreiben, sondern sie in ein Aufnahmegerรคt zu sprechen und sie mir zu diktieren. Aber ich befรผrchte, beim Anhรถren meiner Stimme, diese in einer mir befremdlich anmutenden Weise zu hรถren und deshalb ihrem Laut ablehnend und dem Gesprochenen befremdet gegenรผberzustehen. Ich schรคme mich ihrer, wegen der Angewohnheit, welche sich in diesem Beobachten und Wahrnehmen รคuรŸert und zur Schau stellt. Welche Angewohnheit kann hier gemeint sein?

Aber das ist ja so, als kรคme es mir in den geschriebenen Notizen auch darauf an, ob diese aus Bleistift, blauer oder schwarzer Tinte bestรผnden โ€” gar nicht so sehr, ob mir meine eigene Handschrift gefiele. Sie sollen doch nur Zwischenstufen/-glieder sein und wenn sie dann transkribiert und herausgebracht wurden aus ihren GรคnsefรผรŸchen, kann ich alle wieder lรถschen und sรคmtliche GรคnsefรผรŸchen wieder einsammeln gehen. Ein Diktat impliziert auch immer, die Wรถrter wรผrden vorgelesen werden โ€” etwas zu Diktieren heiรŸt aber auch, daรŸ es anders ginge; mittels freier Rede zum Beispiel.

Diese wiedergefundene Notiz wรผrde ich jetzt gerne ins Feuer werfen, denn mir ist kalt und die Glut muรŸ lodern.

Der Gedanke, jemand kรถnnte mich besser verstehen als ich mich selbst, macht mir fรผrchterliche Angst. Vielleicht ist deshalb der von mir vorgeschlagene Weg durch das Dickicht des Dschungels eine Mรถglichkeit des Selbstschutzes โ€” auch, wenn ich selbst den Weg nicht weiรŸ, da es diesen in dieser Umgebung einfach nicht gibt. Das, was man als Weg bezeichnen wรผrde, lรครŸt sich in einer solchen Umgebung nicht ausfindig machen; auch, wenn man einen klaren Begriff davon hat, wie ein eben solcher auszusehen hรคtte, muรŸ er sich erst noch aus den immer wieder begangenen Pfaden in den Schlamm treten. Es ist alles wildes Gestrรผpp und aus allen Ecken ertรถnt das Geschrei der Papageien und Affen.

Alles so schรถn bunt hier. Keine Spur mehr von Gefahr und Krankheit.

Wohin gehe ich zurรผck, wenn ich das Bedรผrfnis haben sollte, einen Satz zu verbessern? Was gibt mir an, wo โ€” an welcher Stelle des Verlaufs โ€” ich ihn abbrechen und neu ergรคnzen kรถnnte? Diese Regel ist mir nicht klar, obwohl ich sie doch anwende. Ich mรถchte den Satz anders schreiben, andere Wรถrter hernehmen โ€” womรถglich sogar, um das Gleiche anders auszudrรผcken โ€” schreibe aber solange weiter, bis ich einen Schnitt entlang der Wรถrter mache, durch ein Schrรคgzeichen zum Beispiel. Dann fange ich etwas ร„hnliches an, beziehe dies aber auf Davorstehendes, ja versuche sogar mit dieser Alternative das Vorherige zu reparieren, zu ergรคnzen, zu verbessern. Doch nach, vor, bei oder zwischen welchen Worten, setze ich die Verzweigung an?

Es geht doch fรผr uns immer wieder von rechts nach links, und von oben nach unten.

Wohin geht man zurรผck? Es fehlt der Index, die Angabe des genauen Punktes in oder an den zurรผckgesprungen werden soll. Der Punkt der Abzweigung. Im schlimmsten Fall haben wir unendlich viele Mรถglichkeiten der Ersetzung. Und ein Auslรถser dafรผr ist die Annahme, es kรถnne mindestens eine andere Mรถglichkeit dafรผr geben.

Wenn mir etwas auf der Strecke geblieben ist, dann gehe ich eben ungefรคhr den selben getrampelten Pfad, soweit er noch nicht wieder zugewachsen ist, wieder zurรผck โ€” bis an die Grenze โ€” und sehe nach, ob es noch dort liegt. Unwahrscheinlich, daรŸ jemand an meinem Abfall interessiert wรคre und ihn auflesen wรผrde. Dieses Verlorene als Abfall zu erkennen und seine Entsorgung zu veranlassen, wรคre schon sehr viel.

Ich weiรŸ es nicht, aber ich muรŸ mich an den Zeitpunkt erinnern, an dem ich es vergessen habe. Nicht an den Punkt davor und nicht an den danach โ€” an das Vergessen erinnern.

Gรคbe es keinen Weg mehr nach vorne, kรถnnte man den selben Weg zurรผck gehen, alles wieder sorgfรคltig einpacken und die zurรผckgelassenen Dinge am Wegesrand wieder aufsammeln und sich Notizen รผber diese Stellen machen โ€” aber dies wรคre dennoch der identische Weg, egal in welche Richtung er begangen wird. Gibt es keinen Weg mehr vorwรคrts, kann man auf der Stelle, auf der man steht, graben und in die Tiefe gehen.

Zum Fliegen, brรคuchte man weit fortschrittlicheres Werkzeug. Zum Graben reichen die eigenen Hรคnde und loses, umherliegendes Zeug.

Kann ich nichts mehr greifen, was rรคumlich vor mir steht, kann ich versuchen, den Vorgriff zeitlich zu wagen. Es gibt Zukunftsmusik und es gibt Gegenwartsgerรคusche. Auch gibt es einen Hall, von bereits abgeklungenen Tรถnen. Worin kรถnnte dieser erklingen, wenn nicht in uns selbst?

Eigentlich waren Beine dazu da, um zu stehen und nicht um sich zu bewegen โ€” oder nicht? Ich denke: Wo bitte sind meine Schuhe geblieben? Ich bin sicher, ich kam mit meinen Schuhen her โ€” in meinem Schrank hรคngt jedoch auch noch ein Kleid. Ich will meine tausend Fangarme zurรผck. Von irgendwo kam ich hierher, von irgendwo habโ€™ ichโ€™s hierher geschafft. Zeit um zu gehen. Wer hat hier die Hand im Spiel?

Wir mรผssen uns dem Urzustand entgegensetzen โ€” wie ein Maulwurf sich seinen Tunnel grรคbt.

Und wieder ist dies ein Residuum, ein Kondensat von vormals im Gehen gekommenen Ideen. Es sind nun gewiรŸ andere Wรถrter, die sich anstatt der vorherigen darรผberlegen. In ihrem Kern aber bleiben sie unverรคndert.

Nochmal zurรผck zu meinen Bildern: Es gibt keine Nach-, keine Zwischenbearbeitung, denn sie kommen fertig heraus und jegliche Fehler sind mit ihnen verschmolzen, in ihnen drin, sind Teil von ihnen. Ja, man kรถnnte fast sagen, es gรคbe keine Fehler, denn sie retouchieren zu wollen, ist erst in einem weiteren AbbildungsprozeรŸ mรถglich.

Das Interessante des Erkennungsprozesses der Fehler eines Bildes (gemeint sind Flecken, Kratzer, Abdrรผcke etc.) ist, daรŸ man doch mit einiger Sicherheit sagen kann, auf welcher Stufe sich diese Makel befinden: also ob sie Teil des davorigen Abbildungsprozesses sind, wie Lichtreflexionen, Unschรคrfe und ร„hnliches, oder ob sie gleichgรผltig รผber alle darunterliegenden Stufen mit einheitlicher und eigenstรคndiger Schรคrfe liegen. Spricht man nun von einem Davor, so meint man gleichzeitig, auch ein Danach oder Dahinter โ€” dazwischen steht ein Trennendes, Verhinderndes, Transformierendes.

Und hier kommt dann plรถtzlich merkwรผrdigerweise das Dargestellte selbst zur Geltung: Denn man kรถnnte meinen, Fehler wรผrde man erkennen kรถnnen, ohne darauf zu achten, was in dem Bild dargestellt ist, was im Vordergrund und was im Hintergrund liegt, was unscharfe Rรคnder hat und was unscharf dargestellt ist etc. โ€” ja sogar ohne erkennen zu mรผssen, was รผberhaupt oder ob etwas nun verdeckt oder unscharf dargestellt ist โ€” also ausschlieรŸlich anhand der Struktur, an der Textur, der Syntax des Bildes. (Ist dieser SchluรŸ zulรคssig?) โ€” Aber ohne zu wissen, daรŸ etwas aufgrund von verlaufender Tiefenschรคrfe als hintergrรผndig dargestellt ist und anderes in dem projizierten Raumgefรผge als davorstehend, kann man auch nicht sowas, wie einen Fleck, ausmachen, welcher eben รผber alle Ebenen hinweg flach und gleichgรผltig verlรคuft, รผber Kanten hinweg und losgelรถst von der Bildperspektive, eine neue Ebene hinzufรผgend.

Auch leitet einen dabei das logische Verhรคltnis der wahrnehmbaren Muster und Farbflรคchen, die die sichtbaren Dingen ausmachen: Manche Linien, Rillen, Flecke sind nicht logisch mit dem รผbrigen Sichtbaren verbunden. (Sie genรผgen zwar der Logik des Bildes, der Gesamtheit der Bildwelt; innerhalb ihrer Grenzen jedoch, in ihrem Wesenskern, zwingen sie den Betrachter, sich jeweils fรผr eine bestimmte logische Auslegung zu entscheiden, um Kontradiktionen aus dem Wege zu gehen; optischen Tรคuschungen gleich, welche den Betrachter nรถtigen, entweder die Bilder als fehlerhaft zu kategorisieren oder diese unter eingeschrรคnkten Prรคmissen zu betrachten, um ihnen ihre Korrektheit zuzugestehen). โ€” Derlei Bildelemente, fรผgen eine neue Dimension hinzu, indem sie das Darunterliegende zu einer geschlossenen Abbildung zusammenfassen โ€” sie wรผrden nur vor einem รคhnlichen Hintergrund funktionieren bzw. eben nicht als Fehler funktionieren, denn sie wรคren nicht mehr als solche wahrnehmbar. Nรคme man sie als Teil des Bildes war, wรคre man gezwungen sie im gleichen Zuge als komplizierte Gebilde im Raum ernst zu nehmen, die letztendlich aufgrund der perspektivischen Verzerrung so aussรคhen, als wรคren sie flach und als gingen sie mรผhelos รผber die Tiefen des Bildraumes hinweg.

Wรคren Fehler tatsรคchlich ein natรผrlicher Teil der ersten Abbildungsebene โ€” wie ein Fussel auf dem Objektiv zum Beispiel, welches nicht bewuรŸt zum Bild gehรถren sollte, weil man es vielleicht gar nicht gesehen hatte (bei einer Kamera zum Beispiel, die zwischen Objektiv und Sucher trennt oder gar keinen Sucher hat) โ€” dann wรคren sie paradoxerweise in dem Bild auch nicht mehr als solche wahrnehmbar, sondern bildeten nur einen leichten, gleichfรถrmigen und unscharfen Schleier darรผber, weil sie nicht im Fokus der Linse sein konnten. Sie wurden Teil der Linse und damit Teil des Abbildungsprozesses. Durch die Nรคhe wurden sie fast unsichtbar, zumindest aber nicht mehr definierbar, manchmal auch nicht mehr wahrnehmbar. Im Ergebnis verschmelzen solche Abdrรผcke von Unreinheiten optisch auf der Linse komplett mit dem restlichen Bild, ja sogar mit dem Korn des Materials.

Man kann sagen, Fotografien wรผrden gemacht, aber man kann auch sagen, Bilder wรผrden abgeholt werden.

In Bildern zu sprechen ist so wie in Gemรคlden oder Zeichnungen Buchstaben zu benutzen.

Oft in Bildern zu sprechen ist natรผrlich auch sowas wie eine sich wiederholende Entschuldigung.

Ein Bild welches mit Blitz aufgenommen wurde, ist zwiespรคltig: einerseits, da es mehr zeigt als das Dargestellte, denn es verweist aus ihm als Bild heraus auf die Mรถglichkeiten und das Wissen des Fotografen, auf eine Welt auรŸerhalb der Bildwelt. Ein geblitztes Bild sagt immer auch: ยปSiehe, ich bin ein gutes Bild, aber derjenige, welcher mich gemacht hatte, konnte damals nicht genau wissen, wie ich tatsรคchlich bin, wie ich im Inneren des Apparates zustande komme und wie ich sein werde โ€” er konnte es nur ahnen, denn mich als Blitz, konnte er nicht รผber den Dingen sehen, ich war noch nicht in seinem Sucher sichtbar. Ich war nicht vorhersehbar.ยซ Jedes geblitzte Bild ist โ€” um weiter auszuholen โ€” unfreiwillig ein serielles Bild (losgelรถst seines Inhaltes), denn mit jedem im Nachhinein gesehenen und nachgeprรผften Bild, ergรคnzt sich das Wissen um das Aussehen der bereits geblitzten Bilder und damit auch das Wissen um das Aussehen der Folgenden โ€” es ist ein Glied in einer weiterfรผhrenden Kette von Bildern innerhalb des Erfahrungshorizontes des Fotografen.

Das Blitzlicht erhellt also nicht nur jeweils das einzelne Bild, sondern reicht รผber dessen Formatgrenzen hinaus in nachkommende Bilder. Es sagt aber darรผberhinaus auch: ยปIn mir steckt eine gute Portion Zufall, Unkontrollierbarkeit, Verschlossenheit; und wie ich mich entfalte, wie weit ich mit dem Licht in den Raum vordringen kann, wie und worรผber sich die von mir erzwungenen Schatten werfen werden, kannst Du nie genau wissen. Und ich bin froh, daรŸ Du diese Unsicherheiten im Detail, der allgemeinen Sichtbarkeit zuliebe bevorzugst.ยซ

Wie ein Wanderer zwischen zwei Welten.Man kรถnnte mit Recht sagen, es lรคsst das Geblitzte gerade dadurch im Dunklen. Es gibt den Ausschnitt, den man sich davor aussucht und das Resultat danach โ€” dazwischen funktioniert das Bildwerden automatisch. Was in diesem dunklen Kasten vor sich geht, bleibt ohnehin unangetastet, verschlossen, denn um dieses Prinzip beobachten zu kรถnnen, brรคuchte man Zugriff darauf, welcher aber zugleich das zu untersuchende Bild negieren und als Bild zerstรถren wรผrde. Man kรถnnte nur das eine Extrem des Bildes beobachten, nรคmlich ein vollkommenes Bild, ein gรคnzlich belichtetes, welches aber keiner Kamera mehr bedarf, auf sie prinzipiell nie angewiesen war, sondern welches ebensogut allein mit dem Filmtrรคger zustande kommen kรถnnte. Ja, sogar ein vom Lichte noch unangetastetes und jungfrรคuliches Material stellt ein ganz und gar legitimes Bild dar und ist nicht auf spรคtere fakultative Eingriffe angewiesen. Hat man diese beiden Enden fixiert, entspannt sich dazwischen die ganze Palette von Bildern. Wie ins Nichts geschlagene Fixpunkte.

Die gleiche Beobachtung kann man auch bei Polas machen, deren Inhalt vor dem Betรคtigen des Auslรถsers bestimmt wird, die dann einen autonomen inneren ProzeรŸ ungestรถrt durchmachen bis sie, als in sich geschlossenes โ€” und weiteren ร„nderungen ablehnendes โ€” Endresultat, wieder herausgegegeben werden. Auswahlprozesse danach beziehen sich generell nur auf die vollkommene Akzeptanz oder Negierung der Bilder (mitsamt ihrer Bildtrรคger, welche nicht unbedingt Bestandteil einer Photographie sein mรผssen, wie beispielsweise projizierte Dias, Glaspositive โ€” spielt hier der Unterschied zwischen Positiv und Negativ eine Rolle?), nicht auf Ausschnitte, Manipulationen, Retouchen etc. Ein geblitztes Bild hat den Charakter einer Erzwingung, einer gleichzeitig grotesken und vereinheitlichenden รœbertreibung, die wie die Lupe fรผr das Betrachten von Details auf einer Oberflรคche und die Zeitlupe fรผr die Verlangsamung von Bewegungen, fรผr die Manipulation des Charakters des Bildsujets zustรคndig ist. Das Blitzlicht ist seriell, da es ein konstantes und wiedererkennbares Element eines Bildes ist.

Ich denke mich in eine Welt hinein, in der ich aus freiem EntschluรŸ und nicht aus Ausweglosigkeit wirklich nur noch die allgemeinen und grundsรคtzlichen Gรผter bei mir, in meinem Zuhause, um mich herum, in meinen Hรคnden habe. Ich denke mir diese Welt als groรŸes, von keinen Grenzen mehr geteiltes Lager, auf das jedermann jederzeit zugreifen kann. Alle Waren werden fรผr mich in den Warenhรคusern und Speichern geordnet, gelagert, verwaltet, kommissioniert und so fort, daรŸ ich diese zwar nicht bei oder an mir, aber dennoch stetigen Zugriff darauf habe. Der Preis, den ich dafรผr zu zahlen habe, beeinhaltet die รผbernommene Verwaltung und Lagerung durch externe Quellen. Ich versuche, die Wirklichkeit als permanent betretbaren Speicher, als stets zugรคngliches Archiv zu begreifen.

Selbst wenn ich ein Ding bereits in meinem Besitz habe, bin ich dazu geneigt, dieses fรผr die Zeit, in der ich es nicht gebrauche, zu entsorgen und mir zu gegebenen Anlรคssen, ein solches wieder frisch aus dem Lager zu holen. Die Lagerkosten dafรผr trage ich gerne, denn ich trรผge sie indirekt im Falle einer von mir selbst vorgenommenen Lagerung ebenso. Ich merke, daรŸ hier die Begriffe โ€บBesitzโ€น und โ€บEigentumโ€น auf ihre festgelegten Grenzen stoรŸen. So รคhnlich verhรคlt es sich mit Recht โ€บhabenโ€น und Recht โ€บzugesprochen bekommenโ€น. Was gehรถrt mir eigentlich noch? MuรŸ ich eine Wandlung vom ยปDu sollst!ยซ zum ยปIch will!ยซ vollziehen? Bin ich Beobachter oder Handelnder?

Ich weiรŸ, daรŸ Ethnologen mit einer solchen Vorstellung durchaus groรŸe Probleme haben. Denn was gibt mir das Recht, alles auรŸer mir als zugรคngliche Ware zu betrachten, ohne im gleichen Atemzug, auch mich selbst als solche anzubieten?

Philosophen sollten ihre Mรผhe nichgt vergebens dafรผr hergeben, Probleme zu lรถsen, sondern zu sortieren. Ein gutes Angebot erstellen und die Nachfrage kaufmรคnnisch verwalten. Zirkulation und Distribution erlauben. Ermรถglichung der Zirkulation, nicht Sicherung des Territoriums. Nach der Bestimmung/Sicherung folgt die Zirkulation.

Ich hรถrte folgendes: Ein Mann kam erneut zum Arzt und klagte darรผber, wieder Angst zu haben von einem Huhn gefressen zu werden, da er dachte, er sei ein Maiskorn. Der Arzt beruhigte den Mann umgehend und teilte ihm mit, daรŸ er doch davon geheilt sei und nun nicht mehr Angst haben dรผrfe. Er sei ein ganz normaler Mensch und diese Angst hรคtte er doch schon lรคngst รผberwunden. Der Mann stimmt ihm zu: ยปJa natรผrlich weiรŸ ich, daรŸ ich kein Maiskorn bin โ€” aber weiรŸ dies auch das Huhn?ยซ Eine ganz lustige Geschichte โ€” zumindest fรผr den Zuhรถrer.

Immer, wenn ich Filme schaue, Bรผcher lese, Bilder betrachte, denke ich daran, daรŸ ich dieses Huhn sein kรถnnte: Es wird oft alles unternommen, um mich in genau diese Lage zu versetzen, bestimmte Dinge zu ignorieren, so zu tun, als ob ich nichts von ihnen wรผรŸte, obwohl ich sie direkt und klar vor Augen habe. โ€” Damit diese funktionieren, tue ich so, als ob ich davon nichts wรผรŸte.

Die Wahrheit (รผber die Dinge) ist jenes, was auch dann nicht verschwindet, wenn man aufhรถrt daran zu glauben oder zu denken.

Hier fรคllt mir die Geschichte vom Verwundeten ein, der nicht sofort nach der Art des Giftes im Pfeil und dem nรคchsten Arzt fragt, sondern intellektuelle Fragen stellt, wie: ยปWoher kommt dieser Pfeil?ยซ, ยปIst es wirklich Gift oder bilde ich es mir ein?ยซ, ยปWas ist das Sterben und das Verwundetsein รผberhaupt?ยซ, ยปWer hat den Pfeil geschossen, woher stammt er oder sie?ยซ, ยปAus welchem Material besteht der Pfeil?ยซ Und dann ist es fรผr gewisse Dinge zu spรคt. Es wurde aber viel gesagt und manches davon verstanden.

Die Verwรผstung der Welt: Ich stelle mir vor, in meinem kleinen Zimmer eine recht genaue Nachstellung der Wรผste Sinai und der Versandung ihrer Oasen aufzustellen. Weniger der Topologie und geographischen Form nach, sondern der Reprรคsentation ihrer Grundeigenschaften und ihres Verhรคltnisses zur AuรŸenwelt.

Ich werde also Palmen, Kakteen, kleinere Bรคume, Wasserlachen etc. dementsprechend anordnen und ab einem, von mir als zufรคllig gewรคhlten Zeitpunkt, nicht mehr eingreifen und die Pflanzen nicht mehr gieรŸen. Anhand der Anfangszustรคnde, hoffe ich in diesem Modell den Zeitraum und die AusmaรŸe der Versandung des Originals ablesen zu kรถnnen. Vielleicht dauert mein passives Beobachten ein halbes Jahr, vielleicht auch nur ein paar Wochen. Vielleicht lieรŸen sich diese Ergebnisse wieder zurรผckrechnen. Am liebsten nรคhme ich dieses Experiment natรผrlich in der Wรผste selbst vor; in einer Glashรผtte auf dem Sand โ€ฆ

Mittendrin in dieser Wรผste befรคnde ich mich dann. Ich kรถnnte sie verlassen und einfach nach Gutdรผnken nach DrauรŸen gehen oder kรถnnte meine Freizeit darin verbringen. Es wรคre ein Zustand der mir dabei helfen kรถnnte, auch zu mir zu finden. Und es wรคre ein Bild fรผr einen Zustand, vor dem Betreten durch den Menschen oder fรผr einen danach โ€” nur ich wรคre hier zuviel.

In der Wรผste bin ich da, aber es gibt niemanden, der mich ansieht, keinen Spiegel. In diesem Zustand gรคbe es keine Verpflichtung mehr, immer prรคsent zu sein, die Befreiung von den Anderen abwartend.

Ja, ich gebe zu von vielen Dingen begeistert zu sein. Aber das sind fremde Geister, die mich bedingen. Sollte ich nicht lieber von mir selbst be-geistert sein, von meinem Geist?

Niemals werde ich alle mรถglichen Positionen kennen und niemals werde ich selbst stรคndig sein kรถnnen. Den Stand aus sich selbst heraus zu stรผtzen, standhaft zu sein, heiรŸt aber auch, auf dem Boden zu stehen, selbst wenn es meine eigenen FรผรŸe sind. Worauf stehen sie? Ich schwebe nicht.

Ich bin mir der Gefahr bewuรŸt, einige Leute kรถnnten mich falsch verstehen โ€” auch der gleichen Gefahr, mich vollkommen richtig zu verstehen. Man kรถnnte denken, wenn schon niemand einen wรผrdigt, dann muรŸ man sich eben selbst wรผrdigen; aber dieser Eindruck wรคre fehlgeleitet. Ich selbst mรถchte die ganze Sache als eine Selbstbetrachtung verstehen und weniger als eine Masturbation im einsamen Kรคmmerchen. Weniger als eine Selbstbestรคtigung und als ein selbstangezรผndetes Feuerwerk zum Beweis der selbst-eingebildeten Fรคhigkeiten โ€” eher als etwas anderes, was ich aber im Moment nicht artikulieren kann.

Und dann, im Nachhinein, lรครŸt man sich dazu verleiten, so etwas zu sagen, wie ยปEs war doch nicht alles so schlecht โ€ฆยซ und ยปFrรผher war alles besser โ€ฆยซ.

Plรถtzlich stehe ich vor all diesen Dingen, von denen ich mir sicher bin, sie alle ganz aus mir selbst hervorgebracht zu haben โ€” ohne fremden EinfluรŸ. Doch an dieser Stelle ist mir das alles egal. Der nรคchste Schritt ist vermutlich losgelรถst vom Inhalt dieser Dinge โ€” sie mรผssen nur geordnet werden. Doch nach welchem Prinzip? WeiรŸ ich dieses vorher schon? Etwa nach der Lรคnge der Absรคtze, dem Grad der Lesbarkeit oder ร„hnlichem? Oder nummeriere ich sie und lege damit von AuรŸen eine Ordnung darรผber, die sie im Inneren zusammenhรคlt? Man kรถnnte auch sagen: Egal welche Ordnung sie haben, rรผckschlieรŸend ist diese nicht falsch.

Also verwahre ich all diese Dinge in Ordnern, in Mappen, schreibe alles wieder einheitlich und fรผr alle leserlich ab, nehme einfach den ganzen Stapel und suche mir eine Seite, an der ich sie fรผr den Halt zusammenbinde?

Mir ist bewuรŸt, daรŸ selbst dies hier noch Teil des Inneren ist und keine Klammern oder Brรผche bilden kann.

Es wรคre selbstverstรคndlich mรถglich, sich anders auszudrรผcken, anders zu reden, zu beschreiben, zu schildern โ€” in einer, den Schein des guten Tons vermittelnden Art. Aber dieser Versuch wรคre eine Imitation derjenigen, welche uns vorausgegangen sind. Beides spiegelt sich in unserer Sprache wieder.

Mir ist aufgefallen, daรŸ alle diejenigen, die mir im Sprechen voraus sind, nicht immer Recht behalten โ€” die Mรถglichkeit der Falschheit begleitet all ihre Aussagen, zu jedem mรถglichen Zeitpunkt. Diese Mรถglichkeit habe ich natรผrlich auch, nur muรŸ ich mir das Sprechen erst beibringen โ€” und bis dahin bleibt alle Resonanz verzรถgert und man kรถnnte meinen, sprรคche man nicht, so begรผnstigte man die Mรถglichkeit der Behauptungen in ihrer Richtigkeit. Ich mรถchte mir nicht die Mรถglichkeit der Falschheit meiner Aussagen vom Munde absparen, denn die Vorzeichen kรถnnen sich schnell รคndern oder abgeรคndert werden. Aber wirklich uninteressant wird es erst dann, wenn die Dinge immer wahr oder immer falsch sind. Ausschlaggebend dafรผr ist ihr Inneres.

Ihr hattet alle tausende von Jahren Vorsprung โ€” wie kรถnnte ich Euch jemals einholen, ohne Euch zu wiederholen, ohne Euch ein Ende zu setzen und Euch neu und mit mir wieder anfangen zu lassen? Wie kannst Du behaupten, Deine Wahrheit sei besser als die meinige? Sage doch, Deine Lรผgen seien die besseren und wir sehen dann gemeinsam weiter.

Auch wenn Ihr stets in der Zeit, in der man Euch verfolgt, einen weiteren Schritt vorwรคrtsgekommen seid, stelle ich fest: Wir sind uns nรคher gekommen auch wenn wir uns unter diesen Bedingungen nie berรผhren werden.

Der {โ€ฆ} Punkt eines Graphen, ist der, welcher keinen Vorgรคnger hat.

Wenn Du schlieรŸlich etwas an Dir findest, kann es sein, daรŸ bereits ein anderer wartet โ€” vielleicht um seinen Einsatz zu machen.

Wenn Du meinst, die ganze Welt erobert zu haben, so hast Du Dich lediglich darin verloren. Wir sprachen รผber den Raum zwischen uns allen und den Leuten, die sich hinter Wรคnden verstecken. Wir sprachen รผber die teilbare Liebe. Mit ihr kรถnnten wir die Welt retten โ€” wenn die anderen dies nur wรผรŸten. Aber sie sehen nicht, denn sie kรถnnen dies nicht sehen. In Dir und auรŸerhalb von Dir flieรŸt das Leben dahin. Mir war neulich, in der Bahn sitzend, so als wรคre jemand bekannter neben mir, bei mir, in meiner Anwesenheit.

Ein falscher Eindruck? Nein, vielleicht nur ein verfrรผhter.

Ich habe mir รผberlegt, wie es wรคre, ginge ich zu Bodybuildern und erzรคhlte ihnen, ich mรถchte gern so werden wie sie und ich wรผrde jeden Tag zehn Liegestรผtzen dafรผr machen. Ich denke, sie fรคnden das vรถllig in Ordnung, wรผrden es sogar gutheiรŸen und unterstรผtzen. Aber mehr, als mir freundlich und aufmunternd auf die Schulter zu klopfen, kรถnnte ich doch nicht ernstlich von ihnen erwarten.

Sie meinen es alle gut, sie sagen โ€บjaโ€น und meinen โ€บneinโ€น.

Man hรถrt manche Menschen oft sagen: ยปDas, was Du besitzt, besitzt Dich auch.ยซ Und hier ist tatsรคchlich etwas dran, denn eine Verbindung besteht tatsรคchlich immer beidseitig, sonst wรคre es keine Verbindung. ร„hnlich einer Gleichung. Nur ist bedauerlicherweise eine Seite meist direkter einsehbar und die andere verschleiert, verschachtelt und muรŸ erst umgestellt und deren Inhalt herausgelรถst werden, so daรŸ die innere Balance leichter zu erkennen ist. Gott wollte Ungleichheit, nicht Ungerechtigkeit. Sage ich.

Nicht nur den Inhalt herauswickeln sondern etwas nicht Sichtbares ent-decken.

Die Information der Konklusion kann nur geringer oder gleich der der Prรคmissen sein โ€” damit ist keine Kreativitรคt oder dergleichen mรถglich. Das Muster der Regelanwendung ist aber nicht in den gleichen Prรคmissen enthalten, sondern ein kreativer ProzeรŸ.

Von Zeit zu Zeit habe ich das Gefรผhl mich wieder einmal besser zu kennen, auch gewisse andere Dinge gut zu kennen und durch dieses Wissen darรผber eingesperrt oder behindert zu sein. Doch worin eigentlich? Und wieso eines Wissens wegen? Kรถnnte ich nicht auch genausogut von etwas ausgeschlossen sein? Als ob dieses Bestehende etwas anderes verdrรคngen oder unwahrscheinlicher in seiner Mรถglichkeit machen kรถnnte โ€” als stรผnden diese zuerst in Konkurrenz und dann in Rivalitรคt zueinander. Immer, wenn ich etwas Neues lerne, muรŸ ich etwas Altes vergessen, ganz so wie ich nur betrunken sein kann, indem ich dabei die Nรผchternheit vergesse.

Ich merke auch, daรŸ die Menschen um mich herum anfangen mich zu kennen โ€” ich werde bekannt โ€” und dann muรŸ ich wieder weg, muรŸ mich entfernen โ€” auch von diesem Ort โ€” und alles wieder kennenlernen; womรถglich sogar anstatt dem vormals Bekannten, nach dem groรŸen Vergessen etwa, erneut zu sehen, so wie man sich an etwas erinnert, das man vergessen oder verdrรคngt hatte. Oder, als ob man selbst immer gleich bliebe und der bunte Faden, der dem Weg der Nadel durch die Stoffe folgt, nie ganz abreiรŸen kรถnnte, nur kรผrzer wรผrde. Kรถnnte man etwas ganz neu kennenlernen, so wie man ein Kleid nur aus Fรคden nรคhen kรถnnte โ€” in einer neuen Konstellation, mich inklusive, mit mir in unserer Mitte.

Wie schรถn es doch ist, zum ersten Mal mit der Bahn durch eine unbekannte Stadt zu fahren oder zu laufen! Nicht das Nachzeichnen, Nachlaufen interessiert mich, sondern die ersten Flecken und Beschmutzungen auf einem fรผr mich neuen, noch unbenutzten Blatt Papier. Manchmal finden sich auch Knicke und Flecke auf den Plรคnen, aber diese verweisen leider selten auf Sehenswรผrdigkeiten dieser Gegend. Genauso wie sie nicht auf Unebenheiten, Hรผgel, Tรคler, Risse etc. in der Stadt selbst hinweisen. Die meisten, regelmรครŸigsten und deutlichsten solcher Angaben sind Ursache der Faltung durch den Hersteller, welcher seine Karten handlich gestaltet wissen mรถchte. Wรคre es mรถglich genau jene Beschreibungen als gewollte Angaben zur Topologie der Stadt zu lesen, oder bleiben sie fรผr immer unwillkommen und mรผssen รผberlesen, darรผberhinweg- und durchschaut werden?

Ein Mangel in der Konstruktion? Man muรŸ unterscheiden kรถnnen und wissen, was damit gemeint sei.

Ich habe immer wieder das Gefรผhl an einem bestimmten Punkt anzukommen oder eine Weile einer Linie zu folgen โ€” ja ganz so wie man einer kurvenreichen, durch das Gebirge fรผhrenden LandstraรŸe folgend, zufรคllig an einer am Weg liegenden Aussichtsplattform Rast macht โ€” und es war schon jemand vor mir da und ich habe diesen gerade verpaรŸt: Ich bin um einen Moment verzรถgert und spรคter angekommen. Die Spuren und Reste sind noch da, es riecht noch nach SchweiรŸ, die Luft ist verbraucht aber die Keller sind schon wieder leer. Metaphorisch gesprochen: Oft findet man auch noch Abfรคlle jeglicher Art herumliegen, die auf eine ausgelassene und vergnรผgliche vergangene Zeit hinweisen: zerknรผllte Papiere, zerrissene Verpackungen, zurรผckgelassene leere Behรคlter โ€” alles bunt und unvollstรคndig, sich an die Bรคnke und Bรคume kauernd, bis jemand sie aufliest, dessen Arbeit es ist, sie aufzusammeln und den Platz immer wieder fรผr andere Leute vorzubereiten, so als wรคren vor ihnen keine anderen hier als die, welche den Platz bereinigten. Selbst diese Arbeit geschieht verdeckt und unbemerkt bei Nacht, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Konfrontation mit Zeugen geringer ist als bei Tageslicht. Die wenigsten erfreuen sich an dem Anblick der Rรผckseite einer Kulisse.

Und trotzdem ich muรŸ zugeben, daรŸ ich einfach zu spรคt da bin, auch wenn ich an dem gleichen Punkt angelangt sein sollte. Die Anderen waren eben frรผher als ich hier. Vielleicht aber gar nicht frรผher, sondern nur zum richtigen Zeitpunkt; denn sollte ich mich im Datum geirrt haben, oder wegen groรŸer Mรผdigkeit einen ganzen Tag hindurch geschlafen haben, so wรผrde ich in der Erwartung den Jahreswechsel zu feiern, auf einer Anhรถhe ankommend, auch nur noch die Zigarettenstummel und Becher, die Tรผten und Papiere der vorherigen Nacht vorfinden und kรถnnte doch nicht mit Recht sagen, die Anderen wรคren vor mir da gewesen, weil sie schneller, zielgerichteter, etc. gewesen wรคren. โ€” Wieviel Flecken auf der Erde sind noch unbegangen? โ€” Selbst auf den hรถchsten Gipfeln und in den tiefsten Hรถhlen waren bereits vor tausenden Jahren schon unzรคhlige Menschen โ€” vor mir. Selbst der Mond ist schon ein Teil der Vereinigten Staaten von Amerika.

Mein Ansatz beinhaltet eine Form der Autoritรคt, die ich in einem anderen Verfahren nicht hรคtte, die eben nicht mein so genanntes Privileg offenlegen und vielleicht sogar manifestieren wรผrde.

Ich weiรŸ Dinge รผber mich selbst, ganz anders als ich dies รผber Dinge wissen kรถnnte, die nichts damit zu tun haben. Diese Aussage sagt um nichts das Gleiche รผber mich und andere Dinge aus.

Wenn ich immer wieder von mir selbst zu sprechen weiรŸ, so brauche ich dazu keinen anderen โ€” sprรคche ein anderer von mir, so wie ich zuvor, haben wir eine ganz andere Form von Identitรคt. Ich bin wiederverwertet. Du weiรŸt doch, daรŸ ich jemanden gebrauchen kรถnnte.

Ich spiele keine Rolle.

Eine kurze zynische Widerrede:

Ein erzogener Hund ist ein glรผcklicher Hund. Ein erzogener Hund weiรŸ nichts darรผber hinaus. Die Hunde wollen aber heute alle buntere Leinen. Und ob ein Hund Buddhanatur hat, wurde geklรคrt. Ignoriert man einen Hund zwischendurch, willkรผrlich und spontan, so lernt er schnell, wer das Sagen hat.

Als ich mich fragte warum Philosophen angeblich gerne Beispiele zur Unterstรผtzung ihrer Argumente heranzรถgen, war mir noch nicht bewuรŸt, daรŸ ich ebenso nur ein Beispiel, ein nebenherlaufendes, angewandtes Ornament zur Verdeutlichung einer These sein kรถnnte โ€ฆ aber von wem oder von was?

Die Philosophie pflegt die Meinung, die Biographie eines Philosophen tue nichts zu seiner Philosophie bei; sie sei etwas vollkommen Externes und mรผsse davon getrennt, herausgefiltert werden. Die Biographie aus der Philosophie herauszuhalten ist aber nichts weiteres als eine philosophische Haltung selbst. Eine reine, รผber alle Kรถpfe hinweg schwebende Philosophie gibt es nicht.

Ich glaube ganz im Allgemeinen, obwohl ich kein Jenseits kenne (und nicht im Detail daran glaube). Ich fรผhle mich gar heroisch, da ich, ohne die Kalkulation einer bestimmten Belohnung, einfach nur so glaube. Auch hier fand ein feiger Tausch statt.

Eine Leine, mit der man etwas beeinfluรŸbar und kontrollierbar zu machen versucht, hat zunรคchst den Anschein, die Verbindung sei lediglich in eine einzige Richtung bindend. Doch selbst der Standpunkt der vermeintlichen Autoritรคt ist qualitativ identisch mit demjenigen, welcher als das zu Bestimmende betrachtet wird.

Zurรผck bleibt die Frage nach der Perspektive der Autonomie.

So wie man einen Schmerz durch einen anderen verdrรคngen kann, kann man einen Rausch durch einen anderen bekรคmpfen, jede Fiktion durch eine andere Alternative lรผckenlos ersetzen.

Mittel zur Berauschung erfรผllen natรผrlich auch den Zweck den Rausch zu zelebrieren und zu stรคrken โ€” sie bezwecken aber auch das genaue Gegenteil: die ihm zugrundeliegende Nรผchternheit hervorzuheben. Denn gerade durch den exzessiven Rausch wird die Nรผchternheit erst recht bestรคrkt. Dies scheint genauso paradox zu sein, wie die Injektion einer Nadel, die zunรคchst Schmerz verursacht und diesen als nicht ausschlieรŸbare Grundbedingung der Betรคubung setzt.

Liegt Nรผchternheit dem Rausch zugrunde, oder ist es vielmehr so, daรŸ die Nรผchternheit stets von neuem durch kulturelle Leistungen erkรคmpft und aufrechterhalten werden muรŸ?

Ich habe noch nie eine Werbung fรผr Produkte gesehen, die zum alltรคglichen Gebrauch gehรถren. Nie werden mir Zwiebeln, Kartoffeln, wird mir Mehl und Zucker so frรถhlich angeboten, wie dies mit Dingen geschieht, die eben dieser Werbung bedรผrfen um sich รผberhaupt verbreiten zu lassen. Alles was beworben wird, entlarvt sich zwangslรคufig als etwas รœberflรผssiges, noch nicht von mir Bedachtes und mir in den Vordergrund Geschobenes. Selbst diejenigen Ideen und Theorien, als begehrenswert hingestellt, werden es aus genau jenem Grund auch getan โ€” die Werbung ist ein Mittel, sie zusรคtzlich zu den natรผrlichen Bedรผrfnissen des Denkens, des Lebens, an ihre Seite zu stellen und dieses รœberangebot so zu verpacken, als sei es Bestandteil des Alltรคglichen, des Notwendigen, des Bestรคndigen. Hat man diese nun plรถtzlich nicht mehr, was vermiรŸt man dann noch? Man vermiรŸt sich im Inneren, so weit die Arme reichen und bleibt dennoch Kรถnig an seinem Platz oder ein Armer in seinem Reich.

Die Lust am Kapitalismus ist die Lust am Surrogat, an der Ersatzbefriedigung, die beliebig und jederzeit verfรผgbar gemacht wird. Die Methoden der Verfรผhrung รคndern sich nicht.

Ich sehe immer mehr Dinge, die vorgeben von ihrer vorherigen Schรคdlichkeit befreit worden zu sein: Sahne ohne Fett, Bier ohne Alkohol, Kaffee ohne Koffein, Marmelade ohne Zucker, Reisen ohne Gefahr, Krieg ohne Opfer, Alter ohne Krankheit, Philosophie ohne Ausreden und mit klaren Anweisungen und viele andere mehr, die mir bestimmt einmal alle gefallen werden. Nicht nur habe ich das Gefรผhl, durch die Wahl dieser Angebote von den Gefahren geschรผtzt zu werden, ich meine auch, ein besseres Produkt in den Hรคnden zu halten: eine optimierte, idealisierte, zivilisierte Version meiner Sehnsรผchte und Wรผnsche. Ein Zuviel wird entsprechend der Wรผnsche aller Beteiligten normalisiert.

Doch gerade weil diese Dinge bereinigt wurden, haben sie nicht das Recht auf abwesende Gefahren hinzuweisen oder diese gar zur eigenen Identitรคtsbildung heranzuziehen. Es ist eben kein Bier ohne Alkohol und kein Krieg ohne Opfer โ€” diese Begriffe kรถnnen nicht zweimal belegt werden und man sollte lieber neue dafรผr finden, die dann zum Beispiel ein Getrรคnk bezeichnen, das so tut, als hรคtte es vormals Alkohol als Wirkstoff gehabt, aber in seiner beworbenen Aktualitรคt de facto damit gar nichts zu tun hat. Dafรผr gibt es natรผrlich schon zahlreiche Begriffe, aber man hat ja als Kunde nichts dagegen, stets daran erinnert zu werden, ein Produkt zu wรคhlen, welches einen fiktiven Zusatzinhalt erfolgreich losgeworden ist und gerade deshalb โ€” des reduzierten Exzesses wegen, der einerseits gar keiner mehr ist und dabei andererseits auch weniger verlockend erscheint โ€” vergleichbaren anderslautenden Produkten รผberlegen sei.

Die Sehnsucht nach Beschneidung und Normalisierung eines Wildwuchses zeugt von und bezeugt die Macht dies tun zu kรถnnen. Mit dem Ergebnis eines bereinigten Produktes tut man so, als wรคre etwas Zusรคtzliches mittels eines komplizierten Prozesses wieder herausgefiltert und isoliert worden. Nicht mehr das an sich Gute und Echte wird beworben, sondern paradoxerweise eine verรคnderte โ€” zum Guten hin verformte โ€” Version des Schlechten. Das Negative an sich wird zum eigenen Gegenteil hin negiert. Das Unbehagen destilliert. Jenes als normal und gewรถhnlich Erscheinende, muรŸ โ€” um dies auf Dauer erfolgreich tun zu kรถnnen โ€” die Mechanismen der Absonderung des Fremden und nicht Erwรผnschten stets von neuem korrigierend auf sich selbst anwenden. Dies hat etwas von einer Placeboanwendung, aber ein wenig mehr von Suggestion, oder nicht?

Auch die quantitative Anhรคufung und interne Bezugnahme vieler philosophischer Bemerkungen scheinen kapitalistischen Produktionsprozesses nicht unรคhnlich. Nicht ein Surplus ist dem Normalen wie รคuรŸerlich angehรคngt, denn das Normale entsteht nur aus der Entledigung und Filterung eines Exzessiven โ€” die Substraktion des รœberfรคlligen hingegen hinterlรครŸt eine Fehlstelle, einen blinden Fleck, welcher fรผr den Teilnehmer oder Beobachter uneinsichtig bleibt. Aus diesem Grund kann das Normale nur in jenem Fall weiterbestehen, in dem es mit zunehmendem Tempo sein eigenes Material erweitert; im Falle der internen Balance eines solchen Rahmens kรคme es zum Stillstand. Diese Heterogenitรคt, die sich stets neu bildenden Risse und Lรผcken, erzwingen einen homogenen kapitalistischen ProduktionsprozeรŸ, welcher ein stetiger, sich perpetuierender ExzeรŸ im Inneren des Systems (als Phantasie-Realitรคt-Paarung) zur Folge hat. Es sind in beiden Fรคllen รถkonomische Aktivitรคten.

Beobachten wir nicht eine Verlagerung des Raubbaus aus dem Raum in die Zeit hinein? Wir haben keine Kolonien auรŸerhalb des Zentrums mehr, sondern betreiben nun fleiรŸig ein Raubbau an der Zukunft und ihren Rohstoffen, an tatsรคchlich rohen Stoffen.

Dazu lieรŸe sich Folgendes sagen:

Die Behandlung des Privateigentums durch den Kommunismus gleicht dem Versuch, ein Auto zu beschleunigen, indem man den Motor ausbaut.

Fetisch ist das Nicht-Ertragen-Kรถnnen, daรŸ etwas nicht anwesend ist.

Das Verwischen beim Zeichnen: Eine klare Schwรคche, die die Linien erst zur Orientierung benutzt und sie dann lieber wieder verwischt, unter vorgetรคuschter Unschรคrfe vergrรคbt. (Analog einer Argumentation mit untergeschobenen Argumenten?) Aber das Verwischte zu thematisieren (ohne Zuhilfenahme der Linien, ohne Bezug dazu) wรคre der direktere und ehrlichere Weg. Doch dies wรคre eine ethische Entscheidung, weniger eine systematische.

Den Rauch und den Nebel nicht aus Abรคnderungen des Konkreten und Klaren, durch deren Verwischen bekommen, sondern den Nebel als an sich unscharf seiend zeichnen oder malen โ€” in direkter Weise. Das Unscharfe, Weiche ist keine Version des Scharfen und schon gar nicht eine Vorstufe dessen, ist auch nicht vom Zustand des Klaren direkt abhรคngig oder daraus logisch herauszulรถsen, auszuklammern, abzuleiten. Man kรถnnte meinen, etwas Scharfes lieรŸe sich leichter unscharf machen als das Unscharfe zu etwas Scharfem. Ist eine schwarzweiรŸe Fotografie die Vorstufe einer Farbigen? Ist die Farbfotografie eine klarere, an Informationen reichere Version der Monochromfotografie? Sind die SchwarzweiรŸbilder ungesรคttigte Vorstufen der Farbbilder, die auf einfachem Wege, mit den passenden Zusรคtzen, zu eben solchen aufgewertet werden kรถnnen? Eine herbeigefรผhrte Besserung durch รœberlagerung von paratem Inventar? Es lรคsst sich nichts Konkreteres in der Farbe finden, welches das Monochrome im Vergleich dazu als defizitรคr zurรผcklassen wรผrde. Keine Verbesserung durch Komplexitรคt.

Im Gegenteil: Man hat das Recht zu vermuten, schwarzweiรŸe Bilder seien gerade die Konkreteren. Der VerarbeitungsprozeรŸ eines farbigen Bildes mittels einer Kamera, mittels Linse, Filmtrรคger und vor allem mittels des Abzugs auf einen โ€” externen und beliebigen โ€” Trรคger ist gegenรผber der SchwarzweiรŸabbildung um vieles abstrakter, undurchsichtiger und fehleranfรคlliger. Verschiedene Farbschichten eines Farbfilmes, die nur bestimmte Lichtspektren getrennt aufnehmen, Konservierungsverfahren des Lichts auf der Filmemulsion, die nuancierte Beeinflussung beim Entwickeln durch die Chemie, die Umgebungstemperatur, die Abstimmung beim spรคteren Bildabzug vom Film durch die Art des VergrรถรŸerers und seines Farbmischkopfes, wiederum dessen Linse, des Papiers, nochmals der Chemie und des Umgebungslichtes wรคhrend der Begutachtung und viele andere Faktoren mehr, deren weitere Auflistung hier kein Platz genรผgt, lassen diese Art von Bilder beinfluรŸbarer zurรผck, als sie es bei monochromen tun wรผrden.

SchwarzweiรŸbilder teilen einige dieser Schritte zu gleichen Teilen, es fallen aber die heikelsten und fehlerhaftesten weg. So betrachtet, ist die Farbfotografie abstrakter als die SchwarzweiรŸfotografie.

Ockhams Skalpell als sich selbst verkomplizierendes Theorem: Diejenigen Theorien mit den wenigsten (Zusatz-)Annahmen, sollten denjenigen mit vergleichbar mehreren Annahmen, vorgezogen werden โ€” aber dieses Theorem, das ja vieles vereinfachen sollte, ist eben eine Zusatzannahme, verglichen mit denjenigen ohne Ockhams Skalpell, die es selbst als โ€บMangelโ€น und vermeidbar hinstellen bzw. einfordern โ€” nur in letzter Konsequenz freilich. (Wรคre demzufolge die einfachste Erklรคrung auch die wahrscheinlichste? Dies hieรŸe, man wรผรŸte schon welche die einfachste Erklรคrung sei, hรคtte sie aber nicht parat oder dergleichen.)

Wie kann ich die Zukunft erwarten, mein Schicksal einfach lieben, wenn doch mein Erwarten schon eine EinfluรŸnahme derer wรคre?

Ein Archiv der erprobten Argumentationen: Man stelle sich zwei Inseln vor (es wรคre unnรผtz gesondert zu erwรคhnen, diese wรคren voneinander getrennt, denn dies beeinhaltet bereits der Begriff โ€บInselโ€น selbst; aber nun ist es einmal passiert) โ€” nun beschlieรŸt eine Insel aus der Entfernung heraus mit der fremden Insel in Kontakt zu treten und dieser in einer verstรคndlichen Botschaft eine Nachricht zu รผbermitteln. Nach mehreren erfolglosen Versuchen (โ€บerfolglosโ€น wรคre in Kombination mit โ€บVersuchโ€น ebenso in seiner Funktion anzuzweifeln โ€ฆ) beschlieรŸt diese Insel, keine weiteren โ€บklarenโ€น Informationen mehr zu รผbermitteln, sondern das von dieser Seite aus erkennbare System der anderen Insel zu stรถren, in deren Inneres einzudringen und so erfolgreich auf sich als externe Entitรคt aufmerksam zu machen. Dies schiene die einzige Mรถglichkeit der Kontaktaufnahme, auch wenn der Inhalt der zu รผbermittelnden Nachricht nicht dechiffrierbar wรคre. MรผรŸte es einen aus dem Inneren der einen Insel heraus, formulierten Inhalt geben oder reichte bereits die nackte Syntax dafรผr aus, um wahrgenommen zu werden โ€” wenn denn diese mรถglich wรคre?

Wie nรคme man mit Fischen in einem Tรผmpel Kontakt auf und wie ordneten diese indes einen Angler ein, welcher bis in die Mitte des Gewรคssers ginge und mit seinen FรผรŸen den Schlamm aufwรผhlte, wenn nicht als tatsรคchlich extraordinรคres, aber dennoch verstรคndliches Naturereignis innerhalb ihrer Welt und innerhalb der Grenzen einer solchen?

Die erwรคhnte Insel beschlieรŸt, zur Etablierung einer Kommunikationsbrรผcke, weiterhin das Mittel der Stรถrung und der Intervention zu benรผtzen, da allein dies erst, als ein von AuรŸen eindringendes, fremdes Element wahrgenommen werden kรถnne โ€” erst nachdem es erfolgreich aus der Entfernung dorthin mit Gewalt hineingedrรผckt worden war.

Der Parasit interveniert, betritt das System als ein Element der Fluktuation. Er erregt es oder reizt es. Er setzt es in Bewegung oder paralysiert es. Er verรคndert den Status, verรคndert den energetischen Haushalt, seine Auslenkung oder seine Verdichtung.

Wo bitte kommt dies nun her?

Die Bewegung des Rรผckwรคrtserzรคhlens ist vergleichbar dem Prinzip von Palindromen. Sie mรผssen zwangslรคufig beiderseits funktionieren. Und dann merkt man, daรŸ die Sache gar nicht rรผckwรคrts lรคuft, sondern, daรŸ das anfรคngliche Konstrukt nur ein vorlรคufiges Gerรผst, ein Provisorium war. Ein Anagramm wรคre auch denkbar, aber besser paรŸt das hier vorher Erwรคhnte. Die beiden Enden โ€” die auch als gleichgรผltige Extreme und Nullpunkte gelten kรถnnen โ€” denke ich mir wie โ€บwahrโ€น und โ€บfalschโ€น, jederzeit gegeneinander austauschbar.

Niemand wird รผber das Modell hinaus den Anspruch der Vollkommenheit stellen โ€” diese Forderung trรคfe keinen Punkt. In sich โ€” innerhalb seiner Mรถglichkeiten โ€” kann ein Modell vollkommen sein (in gleicher Gesellschaft abhรคngig von allen anderen auf inhรคrenter Vollkommenheit รผberprรผfbar); darรผberhinausschauend bleibt das Modell provisorisch und defizitรคr โ€” auf einem Auge blind. Es ist eine Frage der Grenzziehung. Selbst eine Brรผcke dient nur als รœbergangslรถsung.

Man denke sich ein Spiel, bei dem ein Mitspieler nach einem RegelverstoรŸ in einen Zwischenzustand ausgelagert wird โ€” dieser bleibt solange dort bis ein nรคchster, nach einem vergleichbaren Foul, ihn an seiner Stelle ablรถst. In diesem Zwischenspeicher ist nur Platz fรผr einen (Ex?)โ€“Mitspieler, der dort solange bleibt, als kein anderer ihn ablรถst. Was mit diesem dann passiert, welche Bedeutung er fรผr das Spiel hat, aus dem er kommt, ist nebensรคchlich und den Mitspielern nicht bewuรŸt. Bevor der erste Spieler dorthin versetzt wird (wie bestimmte Figuren beim Schach, die aus dem Spiel geschlagen wurden โ€ฆ) ist dieser Platz unbesetzt. Wรคre ein solcher AuรŸenstand Teil dieses Spiels? Dies Fehlen als Dauerzustand anzusehen, kann vorkommen, denn das Spiel dauert recht lange.

Trรคume sind deshalb so fesselnd, weil sie Ausdrรผcke, Beschรคftigungen und Formulierungen des Geistes wรคhrend einer Phase sind, in der sonst alles andere ruht und ausgeschaltet ist. Was ist dies Andere? Trรคume bergen Begrifflichkeiten, die aus einer Lรผcke heraus entspringen, gleich einer, fรผr alle AuรŸenstehenden glatten Oberflรคche, an der sich niemand, auรŸer man selbst, festhalten kann; sie bleiben unaufgeraut und der Griff nach ihnen entblรถรŸt nur eine leere Hand. Wie ein erstauntes Kind, welches gerade noch das Vรถglein in der Hand des Zauberers sah und nun, da es verschwunden ist, zurecht meint es mรผsse noch einen anderen Vogel geben, denn dieser sei nun schlieรŸlich wirklich nicht mehr da.

Denken als Aus-Ein-Ander-Setzung einer (vormals) einheitlichen, reinen Erfahrung welche undifferenziert war.

Man kรถnnte sagen:

Das Ganze ist (schon) das Unwahre.

Das Wahre ist das Ganze.

Totalitรคt ist eine annรคhernde Ablenkung โ€” man lebt das Leben auch nicht bis zu seinem Ende; es bleibt fรผr den darin Lebenden unvollendet, fragmentarisch, da es keinen rรผckblickenden Modus erlaubt. Doch woher sollte jemand auf sein Leben blicken kรถnnen, wenn nicht, von einem kรผnstlich errichteten Hochstand?

Die Trรคume lehnen sich รผber den Rand und starren in den Krater.

Kรถnnte man sich Wissen, Weisheit, Einsicht etc. durch Arbeit aneignen, wozu brรคuchte die Gesellschaft Institutionen wie zum Beispiel Universitรคten, die dies Wissen vergeben, abgeben, ausschรผtteten? Man sitzt seine Zeit ab und erlangt dann schlieรŸlich an einem Punkt die offizielle Grenze des Wissenerlangens und geht dann mit diesem KompromiรŸ in den Taschen doch recht zufrieden nach Hause.

ยปDies bekommst Du, wenn Du es richtig machst.ยซ sagen sie. Was bekommt man dafรผr und wie unterscheidet es sich von dem, was man dafรผr bekommt, wenn man es falsch macht? Dieser Weg wird einem weniger deutlich offengelegt.

Erlaubt ist, was nicht verboten ist. Es ist nicht verboten, aus einem Gefรคngnis einfach herauszuspazieren, falls keiner die Ausgรคnge bewacht โ€” dies meint man als AuรŸenstehender zunรคchst โ€”, strafbar ist die รœberwindung der Grenzen mittels Gewalt, die Sachbeschรคdigung, welche beim Ausbruch meistens vonnรถten ist, die betrรผgerische รœberlistung der Wรคrter etc. Dies stellt sich als Frage vor das Prinzip der Straffreiheit der Selbstbefreiung. Ist die Verwahrung in einem abgeschlossenen Haus selbst die angeordnete Strafe, oder ist sie nur eine mรถgliche Form der Umsetzung? Das scheint eine interessante Frage zu sein.

Zu was wird man verurteilt? Das Urteil und die Strafe sind zwei verschiedene Dinge und mรผssen nicht zwangslรคufig zusammenfallen.

All die gesprochenen Sรคtze bestimmen jene unaussprechbaren. Meine Wirklichkeit ist stets das Gesagte und das Nichtgesagte.

Zum einen weiรŸ ich jene Dinge nicht, die zu wissen sind und zum anderen jene, die nicht zu wissen sind. In beiden mangelt es mir bestimmt an Wissen.

Manchmal werden zu bestimmten Zeiten Fragen gestellt, die lange nicht beantwortet werden (oder wurden) oder deren Beantwortung in Vergessenheit geraten ist oder deren Antworten vergessen wurden โ€” wie auch immer. Und daรŸ bestimmte jahrhundertealte Fragen immer noch, beziehungsweise wieder so eifrig von uns diskutiert werden, lรครŸt die Frage zu, ob diese Fragen tatsรคchlich immer noch aktuell sind oder ob wir sagen kรถnnten, wir lebten immer noch zu deren Zeiten. DaรŸ wir Fragen diskutieren, die zum Beispiel im 18. Jahrhundert gestellt wurden, kann auch heiรŸen, daรŸ wir in eben jenem Jahrhundert leben. Und fรคnden wir uns damit ab, gar keine Antwort mehr zu erwarten, verlรถren wir damit auch die Fragen selbst.

Ein ganz und gar zeitloses Unterfangen. Und wieder hat man den Eindruck an einer bekannten Stelle zu stehen.

Ich frage mich dennoch, ob es mรถglich wรคre, den Zuschauern die Wahl zu lassen, etwas von einer, gerade beigewohnten, Zauberauffรผhrung mitzunehmen oder nicht. Oder, ob ich jemandem die Mรถglichkeit erรถffnen kรถnnte, davon etwas tatsรคchlich zu ergreifen, ohne demjenigen gleich meine Tรผcher, Bรคlle oder Spiegel mitzugeben, die er dann in seinen Taschen verstauen, nach Hause tragen und in die Vitrine stellen kรถnnte. Oder: Wie ein gedanklicher AnstoรŸ mรถglich wรคre, ohne den Vorgang des AnstoรŸes, mittels Sprache zu erklรคren, ohne mehr oder weniger gut darรผber zu reden, Hintergrรผnde zu erklรคren, ohne den Trick zu verraten.

Wenn etwas tatsรคchlich echt ist, wie zum Beispiel eine neue technische Erfindung oder ein, neu entdeckter und zugleich kontrollierbarer, chemischer ProzeรŸ etc. und jemand รผberlegte sich, dies nicht als Technik, sondern als Zauberkunst, als Illusion zu bezeichnen, was hรคtte dies, fรผr die Funktion einer solchen Technik, zur Folge? Immerhin ist es doch bewundernswert, daรŸ Zuschauer, die einer Jungfrauenzersรคgung, einem Verschwinden und Wiederauftauchen von Personen (oder dergleichen Obskuritรคten) als Zeugen beiwohnen, nicht dabei in Schock verfallen und schreien, wie man es, unter gesunden Umstรคnden, annehmen sollte, sondern diesen Vorgรคngen amรผsiert applaudieren. Und sogar noch auf dem Nachhauseweg, wird es jene geben, die doch daran glauben und jene, die nur gekommen sind, sich ihrer Vorurteile bezรผglich der Tรคuschungen zu vergewissern und nach guten Grรผnden suchen, doch daran glauben zu kรถnnen.

Ist nicht die doppelte Verneinung eine Ankรผndigung, eine Angabe eines Fehlers in einer Struktur?

Wir wissen Dinge, aber wir glauben nicht daran. Die Implikaturen, die sich bei dem Betrachten einer Zauberauffรผhrung zum Beispiel in den Vordergrund drรคngen, werden automatisch ausgeblendet. Und wenn dann etwas davon eintritt, ist man dennoch รผberrascht. Die Ankรผndigung von Illusion bewirkt nicht deren Fehlfunktion.

Frage-Antwort-Spiel: โ€”Was macht er denn falsch? โ€”Er macht sehr viele Fehler falsch.

Ein Gedanke: Nicht Menschen haben oder faรŸen Gedanken, sondern Gedanken haben Menschen. Man kรถnnte sich diesen Zusammenhang, als Vordergrund-Hintergrund-Gefรผge vorstellen. Die Menschen unscharf im Hintergrund, gleich einer diesigen Landschaft und die Gedanken im Vordergrund; vielleicht wie ein Portraitgemรคlde, etwa die โ€บMona Lisaโ€น mit ihren Feldern und FlรผรŸen in ihrem Rรผcken.

Der Trรคger einer Vorstellung ist selbst nicht die Vorstellung. Damit ein Gedanke wahr oder falsch wird, sollte er reduziert werden, aus seiner Einheitlichkeit gerissen und am Schlafittchen gefaรŸt werden. Er sollte gebrochen werden โ€ฆ

Ist etwas nicht falsch, so lรคuft jeder Versuch dies aufzudecken und zu entlarven ins Leere. Dieser Anspruch, diese Strategie macht dann Sinn, wenn man etwas dahinter vermutet, etwas Divergierendes, Verstelltes, Verschรผttetes, Dupliziertes, welches vor dem Hintergrund des Falschen als solches angenommen wird.

Kann man das, was gewรถhnlich als die klassische Logik bezeichnet wird, zum Beispiel einfach nicht ausstehen und mรถchte dieses untergraben oder negieren, dann macht man nichts anderes als sich vorzugaukeln, man verlieรŸe es gรคnzlich, indem man es durch ihre eigenen Mittel auszugrenzen versucht โ€” man erweitert es jedoch nur und zieht den Kreis weiter. Es einzuklammern und โ€บnichtโ€น oder ein Negationszeichen davor zu setzen, benutzt nur seine eigenen Elemente, mit denen es die ganze Zeit schon operiert, die gar Teile seines Fundamentes sind und die eventuell zu der Abneigung gegen dieses mit beigetragen haben kรถnnen. Es wรคre zwar konsequent und gar erlaubt, es bรถte aber keinen Ausweg. Am besten, man lรครŸt es unbestimmt oder ignoriert es.

Wรคre es รผberhaupt der gleiche Modus, die gleiche Art der Negation oder ergรคbe sich, durch eine โ€บnach AuรŸen hinโ€น verlagerte Operation, eine โ€บneueโ€น, mit neuen Attributen versehene, Version davon? AuรŸerdem lieferte man dieser Logik damit nur die Vorlage diese Negation (aus ihrer Mitte heraus) ganz legitim zurรผckzuweisen und umzudrehen. Man kรถnnte ihr gar nicht klar und verstรคndlich machen, daรŸ sie abgelehnt wurde!

Ein in einer Schlingfalle verfangenes Tier, hat den natรผrlichen Impuls sich schnellstmรถglich wieder daraus zu lรถsen โ€” jedoch zieht sich die Schlinge mit jeder Bewegung enger zusammen.

Interessant scheint auch die Behauptung, eine Zurรผckweisung einer Frage mittels Bitte nach noch genauerer Definition der benutzten Begriffe, sei โ€บnatรผrlichโ€น keine Beantwortung (oder zumindest nicht im natรผrlichen Sinne eines Sprachgebrauchs), sondern eine Zurรผckweisung derer.



Wenn man sagt: ยปOh, dies oder jenes ist von Dunst umgeben der das klare Sehen unmรถglich macht โ€” wir sollten schleunigst den Nebel zerstreuen, um klar sehen und studieren zu kรถnnen!ยซ, so nimmt man das, was man mit Dunst bezeichnet, nicht ganz ernst und stellt es heraus und hinten an oder legt es darรผber, wie einen Vorder- vor einen Hintergrund. GewiรŸ sind manche Leute auch am Dunst, am Nebel, am Rauch und an den Wolken eben so interessiert, wie an jenem, das sie von diesem verdeckt zu sehen glauben oder meinen. Oder anders: Es ist ein verschwommenes Bild, nicht ein Bild, das verschwommen ist. Und was, wenn ein solch erfolgreich verdrรคngter Nebel die Sicht frei gibt auf Gase und Dรผnste dahinter?

Es ist ein Weg geblieben โ€” auch im Nebel.

Mir scheint, die Philosophie beschรคftigt sich im Kern weniger mit akuten Problemen, als mit Fragestellungen zweiter Ordnung. Betrachtet man sie als Korsett oder als Kleid, von welchem der Stoff, aufgrund des intensiven Gebrauchs (oder des unsachgemรครŸen Waschens) abgewetzt wurde, bleibt sie fadenscheinig zurรผck. Doch selbst dies wird von vielen zur Mode erkoren und stolz nach AuรŸen hin vorgetragen.

Sie ist auch vรถllig ungeeignet und unfรคhig, tatsรคchliche Probleme zu lรถsen: Zum Beispiel kรถnnten im Falle einer Epidemie oder eines Krieges mit dem Philosophieren bedauerlicherweise keine Krankheiten bekรคmpft oder sich eindringender Feinde erwehrt werden; dazu bedarf es wirklicher Anwendung anderer ballistischer Disziplinen. Es sei denn, die Gegenseite zรคhlte sich selbst zu den Philosophen โ€” aber damit wรคre schlieรŸlich alles auf den Kopf gestellt. Ein kalter Krieg.

Hier an diesem Punkt nรผtzt es nur noch wenig, sich weiterhin etwas vorzumachen. Die Philosophie wรคre in einem solchen Fall vรถllig handlungsunfรคhig, da sie keine Anwendung fรคnde und niemand wendete sich in akuter Not hilfesuchend an sie, da sie nichts zu behandeln im Stande wรคre. Auch wรผrde die Philosophie โ€” vorausgesetzt die Bedรผrfnisse erster Ordnung wรคren bereits befriedigt und transparent gemacht worden fรผr einen tieferen Blick โ€” in einem Modus des Luxus und des รœberflusses, nicht dabei helfen kรถnnen, zu klรคren, ob der Mensch frei sei oder nicht. Sie kann stets nur sehr bescheiden darauf antworten, was es bedeutet, frei zu sein, das heiรŸt losgelรถst von dem tatsรคchlichen Zustand des Freien oder nicht Freien โ€” in einem hypothetischen Modus. Und wรผrde sie dennoch eine Antwort auf diese Frage finden und damit dem eifrigen Wanderer, eine Abzweigung nach Links oder nach Rechts, empfehlend auf seine Karte malen, so wรคre sie problemlรถsend und kategorisch anwendbar geworden und ihre Antwort in der hauseigenen Vitrine zur Dekoration und gelegentlichen Herausnahme abgestellt. Man meint den Beigeschmack des Trotzes hierin zu bemerken โ€” doch was wรคre an einer solchen Vorโ€“Stellung unhรถflich oder unangebracht?

Doch was hieรŸe es nun, danach zu fragen, auf was die selbst transparent gewordene Philosophie den Blick weiter freigibt?

Eine gutgemeinte Philosophie ist das Gegenteil von einer guten Philosophie. So mรผรŸten wir es mit der Philosophie lediglich gut meinen, um die gute Philosophie zu erzwingen. Oder umgekehrt.

Helfershelfer:

Ein wichtiger Punkt ist doch, ob und wie sich Philosophie anwenden lassen kann. Vielleicht nicht nur auf andere Sachen, sondern auch auf sich selbst. Gemeint ist: Einerseits die bekannten und verรถffentlichten Texte, die rรผckwรคrts gehend, wieder in das Leben, aus dem sie als Vor-Sรคtze entsprangen, im Modus des Ankommens zurรผckkehren kรถnnen. Und andererseits aber auch: Den umgekehrten Weg, d.h. die Mรถglichkeiten, aus dem Sud der Gedanken zu einem quasi รถffentlichen System gelangen zu kรถnnen. Ein Versuch, Ideen, philosophische Konstrukte, Gedankenspiele konkret in einem Leben zu verankern und auf dieses musterhaft anzuwenden. Auch wenn dieses Leben nur fiktiv ist, lieรŸen sich diese Philosophien austesten. (Aber wem gehรถrt dieses Leben โ€” wessen ist es?)

Ich meinte, eine universelle Methode der Arbeit und des Vorgehens gefunden zu haben: Eine Idee sollte nur Geltung haben und bestehen bleiben, wenn ihr postulierter Inhalt auch auf sie selbst anwendbar ist. Wenn sie zwar gรผltige Aussagen รผber andere Sachverhalte machen kann, sich selbst aber davon ausnimmt, wird sie auch ausgenommen und ist fehlerhaft. Nachdem (oder bevor?) beziehungsweise โ€บim gleichen Schrittโ€น etwas auf anderes angewendet wird, wird es auch auf sich selbst angewendet.

Ob man ein Philosoph ist, weiรŸ man selber nicht. Denn man kann nicht sagen, wie die anderen denken (ebensowenig kann ich mir vorstellen, wie es zum Beispiel wรคre, ein Philosoph zu sein, der sich bemรผht wie eine Fledermaus zu denken โ€ฆ) und ob sich dieses von der eigenen Denkweise dermaรŸen unterscheidet, daรŸ es dazu berechtigen wรผrde, diese Bezeichnung zu tragen. Ein Stรผck Papier hingegen erfรผllt diesen Zweck zu Genรผge.

Wie oft ich mich schon in meinen Hund hineingedacht habe? Ich sah sie neulich zu Musik tanzen. Sie ist jetzt fast sechs Monate alt und wird langsam etwas stur. Ich muรŸ deshalb etwas strenger werden. Das bin ich auch geworden, obwohl es einige Arbeit kostet und zudem รœberwindung; denn man muรŸ dabei recht oft bestrafen obwohl man es gar nicht so meint.

Vielleicht ist die Frage nach den Mรถglichkeiten der Erkenntnis wirklich spannender als die der aktuellen Gegebenheiten โ€” jene, welche auf vereinheitlichende Gegebenheiten zielt. Psychologisch ist eine solche Erkundung; und spannend, da sie nicht nur die bloรŸe Realitรคt mit der Frage nach ihren Mรถglichkeiten รผberspannt; auch weil sie Vielerlei und Allerhand verbindende Krรคfte formend dazwischen spannt.

Jeder ist geneigt, nach der erfolgreichen รœbersetzung an ein anderes Ufer das Boot vorsichtshalber noch hinter sich herzuziehen. Eine unnรถtige Last, an der man nun hรคngt.

Komisch, daรŸ ich beim Wort โ€บรœbersetzenโ€น, sofort an jemand anderen denke, der dies fรผr mich tut โ€” einen Professionellen, der mit dieser Tรคtigkeit seinen Lebensunterhalt bestreitet. Und wirklich: es genรผgt vรถllig, diesen Dienst in Anspruch zu nehmen, ohne selbst jemals den Akt des รœbersetzens auszufรผhren.

Jemand sagte einmal, die beste Kamera sei die, welche man gerade noch tragen kรถnne. Doch gerade auch durch das Tragen dieses Werkzeugs nehmen die Krรคfte des Tragenden zu, so daรŸ das tragbare Werkzeug peu ร  peu schwerer wird.

Ist es nicht ein Unterschied, ob etwas zweideutig ist, in dem Sinne, daรŸ es bereits etwas anderes (oder sich selbst) in zweifacher Weise deutet oder in dem Sinne, daรŸ etwas nur die Mรถglichkeit bietet und offen lรครŸt beziehungsweise hรคlt, in zweifacher Weise (von etwas anderem oder sich selbst) interpretiert zu werden? Wรคre, dieser Spekulation zufolge, das eine zweideutig und das andere zweideutend?

Ein Rรคtsel: โ€”Was ist in der Wรผste und hat nur ein Bein? โ€”Eine Krรคhe mit einem Bein. โ€”Was ist in der Wรผste und hat zwei Beine? โ€”Eine Krรคhe? โ€”Nein, zwei Krรคhen mit jeweils einem Bein. โ€”Was ist in der Wรผste und hat drei Beine? โ€”Was?

Aus dem Busfenster blickend, kann ich anhand der Hรคuser, Bรคume etc. so ungefรคhr die Geschwindigkeit meines Gefรคhrtes einschรคtzen. Doch manchmal fรคhrt ein anderer Bus neben dem unseren her โ€” wenn sich noch ein zweiter dazwischenmischt, die StraรŸe und die Hรคuserfassaden verdeckt, diese in meinem Blickfeld ersetzt โ€” und dann, wenn ich diesen anschaue und die Menschen darin, fรคllt es mir plรถtzlich schwer zu sagen, wie schnell sich die beiden Busse ungefรคhr bewegen. Als ob sich nun die Welt darum bewegte. Etwas wurde ausgetauscht.

Normalerweise begreift man die Umwelt als Platz, in dem man sich befindet, als Hintergrund, vor dem man vordergrรผndig auftaucht und sich bewegt โ€ฆ

Es wรผrde mich nicht wundern, wenn nach so langem Philosophieren doch schon alles mรถgliche gesagt wurde. Und auch gemeint wurde. Besteht zwischen dem Philosophieren und dem Sagen eine Verbindung, so suchte man sie vorerst in einer Person, welche an deren Scharnier stรผnde. Zwischen Sagen und Meinen, als auch zwischen dem Philosophieren und der Artikulation, kann eine Verbindung bestehen.

Und auch, wenn ich mich wiederholen sollte: Selbst dieser, sich in just diesem Moment ergebende Gedanke โ€” irgend ein anderer Mรถchtegernphilosoph hat ihn mit Sicherheit bereits souverรคn vorweggenommen oder heimtรผckisch gehortet.

Das Grรถbste โ€” gemeint ist: das Wesentliche jeglicher gewesenen Philosophie โ€” bedarf lediglich einer รœbersetzung โ€” sei es in eine neue Sprache oder eine Rรผckรผbersetzung โ€” um als bereits Dagewesenes erkannt zu werden (in der Rรผckรผbersetzung), oder als auch so รคhnlich (in einer beliebigen รœbersetzung) zu gelten. Gerade durch die รœbersetzung und die sich daraus ergebenden Verschiebungen und Verlagerungen werden Parallelen leichter ersichtlich.

Manchmal รผberkommt mich das Gefรผhl, die uns ans Herz gewachsene Philosophie befรคnde sich in einem nicht mehr aufzuholenden Wettrennen mit ganz anderen Dingen, die ihr nicht nur vorhergegangen sind, sie geradezu (und geraden Weges) erst in dieses Rennen geschickt hatten; sie hat deren heutigen Inhalt bereits in einer anderen Sprache gebrabbelt, ohne dabei einen solchen Stolz, beim Passieren der vorher gelegten Marken, an den Tag zu legen โ€ฆ den Zuschauern blรถd entgegengrinsend. Was lรครŸt Dich รผberhaupt rennen, wenn gar keiner hinter Dir her ist?

Immer geradeaus, auch wenn man dabei eine Kurve nimmt.

Meine Laufbahnen haben sich verselbststรคndigt โ€” sie sind auch fรผr andere beilรคufig begehbar.

Diejenigen Bรผcher und Medien, welche ich mir aus der Bibliothek ausleihe, haben ja alle ihr eigenes Recht โ€” ihretwegen auch auf limitierte Vervielfรคltigung und Autonomie. Die sozusagen verlustfreie โ€” auch fรผr sie, ohne an ihrer Substanz Verluste hinnehmen zu mรผssen โ€” Duplizierung und Reproduktion verbieten sie mir aber. Und im selben Zuge, sich selbst auch auf eine bestimmte Weise. Die Richtung der Benutzung soll nur einseitig verlaufen: aus ihnen, ihrem Material heraus, durch meine Augen hindurch, in meinen Kopf hinein. Diesen Akt stellt man sich bei jedem einzelnen Benutzer etwa gleich vor; er soll stets gleichfรถrmig ablaufen und nicht, ohne vorheriges Abnicken des Herausgebers abรคnderbar sein. Bei jedem neuen Anlauf, soll der Akt mรถglichst gleichmรครŸig verlaufen, wie zurรผck auf โ€บNullโ€น gesetzt. Wie ein, aus einer Bibliothek geliehenes Buch, nach der Abgabe zurรผck in das Archiv und den Katalog wandert und mรถglichst unverรคndert fรผr den nรคchsten Benutzer zur Verfรผgung stehen soll.

Was aber, wenn es so wรคre, daรŸ ich ohne bewuรŸten Akt der Reproduktion (der โ€บquasiโ€น im Hintergrund automatisch ablรคuft) beim Benutzen dieser Medien, beim bloรŸen Lesen (vielleicht sogar nur beim Betrachten der Schriftarten, der Zeichen, deren Grammatik ich gar nicht erkenne oder gar nicht erkenne, daรŸ es eine gรคbe oder nicht erkenne, daรŸ es keine gรคbe, oder nicht erkenne, daรŸ es weder eine gรคbe noch keine gรคbe, noch beides zusammen โ€ฆ was gรคbe es noch zu erwรคhnen oder nicht zu erwรคhnen? Was bliebe รผbrig?) โ€” um ihre Lesbarkeit durch mich รผberhaupt als Bedingung zu ermรถglichen โ€” zwangslรคufig eine temporรคre Kopie davon gemacht wรผrde; etwas das vom Gehalt her ununterscheidbar wรคre und sich z.B. nur in einem bestimmten Namenszusatz bรผrokratisch und zugleich kryptisch รคuรŸern wรผrde, aber nur, solange zwischenarchiviert wรคre (in meiner Wohnung z.B. oder in einem Regal, Ordner oder dergleichen), als ich es betrachtete oder benutzte. DaรŸ ich etwas gedanklich vervielfรคltige und dieses dadurch bewahre, scheint niemanden ernstlich zu bedrohen โ€” es wird gar als Tugend verstanden. DaรŸ ich aber das Gleiche, aufgrund mangelnder kognitiver Fรคhigkeiten, in einer hรคrteren Form speichern muรŸ, ist nicht erwรผnscht. Wer fรผhlt sich von wem bedroht? Das gute und das schlechte Gedรคchtnis.

Dennoch redeten einige, aus ihrer Gewohnheit heraus, noch von einem Original, wรคhrend andere sich mรถglicherweise ins Unendliche ragen kรถnnende Erinnerungen davon machen und verbreiten kรถnnten, ohne die innere Integritรคt, ihre Struktur anzugreifen, gar zu gefรคhrden. Und sicher wรผrden diese, ohne jene Ursprungsbibliothek jemals ehrend zu erwรคhnen, mit dieser arbeiten, ganz so, als ob sie tatsรคchlich ihr legitimes Material wรคre. Diese sprunghafte (und damit digitale) Weitergabe, wรผrde gewiรŸ viele soziale Hรผrden, heute bedeutungslos werden lassen, aber genau durch diesen ProzeรŸ, auf sie, als bestehende Hรผrden, hinweisen.

In dieser Welt des Austausches und Vertauschens, gibt es diejenigen Strรถmungen, die in dem allesverbindenen Netz durch den ร„ther, entlang der Linien flieรŸen und in deren Fahrwasser viele mitschwimmen kรถnnen bzw. die von vielen gleichzeitig befahren werden kรถnnen โ€” und dann gibt es jene Personen, die Samen pflanzen und die damit im Prinzip Beliebiges zรผchten kรถnnen und wiederum andere, die wie Blutigel saugen und damit diese Frรผchte zusammentragen und zu deren Fortbestand beitragen, ohne jedoch eine weitere Vervielfรคltigung anzustreben. Eine klassische und direkte Distribution an einzelne Konsumenten.

Was hindert mich daran, anzunehmen, all die klugen Texte funktionierten insgesamt aufgrund von Suggestion? DaรŸ der eine gut und der andere schlecht, derjenige interessant, der nicht, der klug und bedeutend, der dumm oder trivial und vielleicht noch nicht, beziehungsweise nicht mehr, sei โ€” ist ihnen dies innerlich eingewebt oder รคuรŸerlich angehรคngt?

SchlieรŸlich beruhen die anderen Kรผnste auch auf Suggestion: Die Vortรคuschung von Rรคumlichkeit in der Zeichnung, die der Identitรคt von Personen oder Objekten in der Malerei, die der zeitlichen und raumverbindenden bzw. -trennenden beim Film. Was aber Bild und Text kombiniert suggerieren, ist schon erstaunlich! Eine Glanzleistung im wahrsten Sinne der Wรถrter, ein Glanz, der einen selbst als Betrachter, sich darin spiegeln lรครŸt und der gleichzeitig so grell sein kann, daรŸ er seine Rรคnder unscharf werden lassen (kann) und Dinge an seinem Rand zu รผberstrahlen und vereinheitlichend zu verdecken vermag. Ja wirklich schade, daรŸ das Leben kein Roman ist. Schade, daรŸ das Glรผck auf leerer Bahn steht.

Die direkteste und nachvollziehbarste Verbindung, welche von der Philosophie ausgeht, ist die Schriftstellerei. Alles besteht doch nur aus Buchstaben und Knochen.

Entgegnete man jemandem, er/sie wรผrde in seinem/ihrem Umgang kindliche Reflexe zum Ausdruck bringen (oder anders: in diese zurรผckfallen), so tรคte man dies vor dem Hintergrund des eigenen Wertesystems, welches das Kindliche als zu รผberwindende Vorstufe und im gleichen Zuge damit als primitivere Form im Gegensatz zu dem, aus welchem man sich sicher und zielgerichtet nach unten beugend, sprรคche. Vielmehr wรผrde dieses, als hรถherwertig und besser aufgefaรŸte System, gerade mittels einer solchen Behauptung, formiert und bestรคtigt werden.

Das Verbeugen und das Niederknien sind doch unterschiedlich. Eine Verbeugung wahrt den Stand des Verbeugenden, wรคhrend sein Rรผcken dabei krumm wird. Ein Niederknien bringt einen zu Boden, lรครŸt den Rรผcken jedoch aufrecht und ermรถglicht den Blickkontakt. Obwohl man scheut sich dem Boden zu nรคhern, ist die Verbeugung dennoch die entwรผrdigendere Geste der Unterwรผrfigkeit. Gab es nicht strenge Regeln, nach denen Stรคnde sich vor anderen zu verbeugen oder niederzuknien hatten? Es wรคre sinnvoll diesen nachzugehen um sich nicht vor dem Falschen zu verbeugen.

Ich kรถnnte mir einen Zustand, einen Vorgang vorstellen, bei dem Leute zehn Mark zahlen um damit an einer kรผnstlerischen Aktion teilnehmen zu dรผrfen โ€” dafรผr (um durch das Bezahlen teilzunehmen) aber nichts zahlen mรผssen. Der Vorgang des Zehn-Mark-Bezahlens ist vรถllig kostenlos und kostet auch nichts in einer anderen Wรคhrung.

Manche glauben die beste Wรคhrung fรผr Kunst, sei die Tautologie: Aber nur weil sich etwas in einem Museum befindet, heiรŸt das nicht, daรŸ es Kunst ist. Doch โ€” alles scheint sich scheinbar selbst zu definieren.

Wann ist es der Fall, daรŸ ich erschrocken bin? Wenn ich z.B. nicht an etwas denke und dann (davon) รผberrascht werde. รœberrascht durch etwas, meinem Denken ร„uรŸerliches, nicht Zugรคngliches? Wenn etwas da ist, ich es aber nicht in meiner Anwesenheit bemerke und mir dann rรผckwirkend eingestehen muรŸ, ich hatte eine falsche Wahrnehmung. Dann folgt der oft schmerzhafte ProzeรŸ der Eingliederung. Doch nach welchem Muster (welches System vervollstรคndigend, bestรคtigend oder zurรผckweisend etc.), geschieht dies? Ganz so, als ob dies vรถllig automatisch im Hintergrund vonstatten ginge. Eine Eingliederung, eine Fรผgung provoziert einen Schnitt, ein systematisches Zerteilen โ€” oder mittels des Teilens, sich zu einem System formenden, Gliedern โ€”, einer bestehenden Struktur. Der erste Schnitt ist der tiefste โ€” je schรคrfer jedoch die Klinge des Werkzeugs ist, desto sauberer die dabei entstandene Wunde.

Ich werde mich zum Beispiel erschrecken, wenn ich mich ganz gedankenversunken in einem Raum befinde und unvermittelt aus dem Gefรผhl des Alleinseins gerissen werde, sobald ich jemanden im selben Raum wahrnehme. Und was tue ich dann? Ich nehme diesen neuen Umstand zur Kenntnis und tue so, als wรคre ich in das Zimmer gekommen und als hรคtte ich diese Person schon beim Eintreten wahrgenommen. Aber ich korrigiere auch meine vorherige Wahrnehmung.

ร„ndere ich die Situation durch so etwas wie eine nachtrรคgliche Korrektur oder Ergรคnzung? Und was macht der andere? Er tut so, als hรคtte ich mich gar nicht erschrocken und gibt mir zu verstehen, daรŸ ich auch bei der alten Situation bleiben kรถnne und nicht nur seinetwegen jetzt etwas in meinem Verhalten รคndern mรผsse.

Wรคre etwas stets wahr, hieรŸe dies keinen anderen Hintergrund (mehr?) zu haben, keine Hintergrundannahmen auรŸerhalb dieses โ€บetwasโ€น selbst.

Vergleiche funktionieren fรผr mich in erster Hinsicht nicht inhaltlich, sondern strukturell; deren Syntax steht deren Semantik vor โ€” ist das so? Manchmal wรคhlt man Synonyme besonders wegen ihrer Schreibweise oder ihres Wohlklanges, oder der Varianz und der Abnutzung der bereits benutzten und benรผtzten wegen, des kontrastierenden Potentials wegen etc. und stellt deren Bedeutung hinten an (an was?) โ€” mehr noch: nimmt Verschiebungen, Verwechslungen, Verfehlungen etc. gerne in Kauf, um seine Mรถglichkeiten zu erweitern.

Oft sitze ich mit jemandem, spรคt Abends zusammen und dann wird gesagt ยปDas ist ja so wie โ€ฆยซ oder ยปDas ist ja so als ob โ€ฆยซ und dies reicht auch schon um einen Vergleich anzustellen, ohne auszusprechen, was verglichen werden soll. Denn dies ist immer beliebig einsetzbar. Wรคren nicht mindestens zwei Dinge untereinander vergleichbar, wรคre die Welt wirklich vollkommen und lรผckenlos. Doch selbst dieser Modus muรŸ sich einer mรถglichen Alternative stellen โ€” und damit wรคre ein Vergleich erneut unumgรคnglich. Unausgesprochen bleibt hierbei die Fรคhigkeit unterscheiden zu kรถnnen, ob etwas mit sich selbst identisch sein kann. Doch so trivial ist dieser Unterschied gar nicht.

Ich wรผrde gerne jemand anderem das Wort geben โ€” aber ich bin mir nicht sicher, ob ich diesem damit Recht tun wรผrde. Wer รผber sich selbst reden will, muรŸ sich fรผr ein bestimmtes Bezugssystem entscheiden.

Mir scheint, das Problem des โ€บIchโ€น und des Bezugs dazu (ob von mir selbst oder von anderen; also als erste oder dritte Person), ist รคhnlich dem, beziehungsweise ist damit verbunden, wie ich die Geschwindigkeit des Zuges, in dem ich sitze, nicht anhand der Beobachtung, des neben mir fahrenden Zuges, festmachen kann. Da es keinen auรŸerhalb des Beobachtungssystems verankerten Punkt fรผr die Bestimmung meiner Fahrtgeschwindigkeit mehr gibt, unterliege ich dem tรคuschenden Eindruck, dieser Beobachtung entzogen zu sein. Das Abhandenkommen eines externen Bezugspunktes, ergibt eine neu geordnete Konstellation. Die Relation der sich gleichzeitig bewegenden Zรผge ergibt eine Beziehung zueinander. Dasjenige, welches ich als โ€บIchโ€น bezeichne, ist an beiden Enden dieses MaรŸstabes, doch immer ein Bewegliches, sich Verรคnderndes โ€” die Stange, sozusagen, lieรŸe sich nach allen Richtungen beliebig verschieben und ergรคbe damit stets die รคhnliche Illusion des gleichen โ€บIchsโ€น.

Auch das Metall des Urmeters bleibt stets ein Meter, selbst wenn es sich durch Hitzeeinwirkung verformen oder wegschmelzen sollte. (War es vorher auch schon eines?) Es wรคre etwa so, als ob ich die Bewegung oder den Stillstand aus der Relation der fahrenden Zรผge folgerichtig ableiten wollte. Ein vergleichbares Bild: Der Wert des Brotes und der Wert der Mรผnzen wรคhrend einer Inflation.

Es ist fast so, als ob man den MaรŸstab selbst zerstรถrte, indem/nachdem man den Stab des Messens brach โ€” die Beziehung zwischen den Zรผgen (und damit bildlich gesprochen zwischen Welt und Wahrnehmendem, zwischen Subjekt und Objekt) lรครŸt sich doch nicht auflรถsen, auch wenn ich deren Bezugspunkte beliebig zu verรคndern im Stande bin.

Wenn ich schon nie wissen werde, wo mein Leben hinfรผhrt und was der endgรผltige, also am Ende gรผltige, Sinn davon ist bzw. sein wird, was ich anstreben soll und was ich als Ziel ausmachen, was ausklammern sollte, so gibt mir der Gedanke, daรŸ das Verhรคltnis, die Relation von mir, als sich stets verรคnderndem Selbst, zu diesem ebenso sich verรคndernden Ziel, doch stets die gleiche sein kann, eine gewisse Genugtuung. Wie das Verhรคltnis des Geldes zur Ware wรคhrend der Inflation โ€” ja, sogar die des Geldes zu seiner physischen Deckung, zum tatsรคchlichen Pendant; zum Gold zum Beispiel.

Wird nicht morgen gestern heute sein?

Die beste Rรผckwรคrtserzรคhlung wรคre die, welche erst am Ende zugibt, รผberhaupt eine Erzรคhlung zu sein. Jene, welche ihre Grundlagen nicht schon vorher, z.B. mittels eines Prologes festlegt, sondern deren Ende in einer Erklรคrung mรผndet โ€” welche natรผrlich bei entsprechender Betrachtung wiederrum nur eine ganz konventionelle anfรคngliche Vor-Stellung ist; sie wird ja rรผckwรคrtslaufend vorgetragen. Wenn eine Einleitung dazu, zu etwas gehรถrt, so muรŸ sie von Hinten durch ein Brรผckenelement mit dem Nachfolgenden verbunden werden.

Jede Geschichte und jede erzรคhlte Geschichte ist zunรคchst einmal linear zu lesen, auch wenn die ihr zugrundeliegende Linearitรคt aufgestรผckelt wurde oder sie gar sowas wie โ€บrรผckwรคrtsโ€น lรคuft.

Schaut man sich die Symbole der Tasten auf dem Videorekorder an, so zeigt das โ€บplayโ€น-Zeichen nach rechts, links daneben ist die nach links zeigende Taste fรผr das Zurรผckspulen (โ€บRWโ€น fรผr โ€บrewindโ€น) und rechts neben dem โ€บplayโ€น-Pfeil ist die Taste โ€บFFโ€น fรผr das Vorwรคrtsspulen (โ€บfast-forwardโ€น) โ€” nach rechts zeigend. Das Zurรผckspulen aber erfolgt scheinbar in Echtzeit, nur eben rรผckwรคrts, wรคhrend das Vorwรคrtsspulen um ein Vielfaches schneller ablรคuft (meist im fest definierten Faktor Zwei, Vier, Sechs etc.). Ein Multiplizieren des Originals in die Zukunft hinein; ein symmetrisches Aufklappen aus der Vergangenheit heraus.

Die Struktur des rรผckwรคrtsgewandten Schauens dieses Systems, ist eine andere, als die der vorwรคrtsgerichteten โ€” sie ist eine zeitliche Umkehrung oder Spiegelung der normalen Abfolge, wรคhrend das vorwรคrtsgerichtete Suchen als eine Modulation der normalen Zeitabfolge beschrieben werden kรถnnte โ€” die Zeitlupe ebenso.

Auch wenn man einen Film rรผckwรคrts montiert, verlรคuft der Schnitt nicht ebenso rรผckwรคrts und wird auch nicht rรผckwรคrts wirkend verstanden werden. Anders: Kรถnnte man einen Film in seinen Szenen nach Vorne erzรคhlen aber die Schnitte, die Brรผcken selbst, invertieren, zurรผck-wรคrts verlaufen lassen? Vielleicht ist der Schnitt beim Film der Naht eines Kleides vergleichbar, denn der Schnitt im Film ist ja auch ein Zusammenfรผgen, eine Nahtstelle der Montage, aus deren einzelnen Texturen der Film zusammengesetzt wird. Es ist ja gerade so, daรŸ erst nach dem Schnitt (oder vor einem vorherigen), nach der Trennung, das Neue und Vervollstรคndigende angefรผgt werden kann. Fast wirkt dies surreal.



Mรถchte man wissen, was es Neues im Jetzt gibt, kรถnnte man sich das Bestรคndige im Vergangenen dazu heranziehen.

Das Neue entsteht nicht nach dem Alten, gรคnzlich abgesondert und ohne Bedingung โ€” es ist Teil des Alten und bereits darin als Mรถglichkeit angelegt. Und die Frage nach dem Alten fรผhrt uns zum noch ร„lteren, bis dahin, wo die Bedingung selbst als Spur eingebettet liegt.

Schon wieder dieser altbekannte Gedanke: ยปNur noch dieses eine Mal und dann ist endlich SchluรŸ.ยซ Wie oft hatte ich ihn schon โ€ฆ? Ein wirklich ewiger Kreislauf.

Man sollte am Anfang wieder anfangen.

Also kommst Du zu mir und erwartest, daรŸ ich dazu etwas sage. Doch ich muรŸ Dich enttรคuschen, denn Du weiรŸt, ich kann es nicht.

Jeder Satz allein verstummt.

Ertappt man sich dabei, Kreise zu ziehen (fรคllt einem auf, daรŸ man sich plรถtzlich wieder am Anfang befindet oder zumindest an einem bereits passierten Punkt), so fรคllt es dann nicht schwer einen Mittelpunkt auszumachen. Ein solcher ergibt sich folgerichtig, technisch prรคzise und korrekt platziert, aus den Umrissen und Rรคndern โ€” quasi rรผckwirkend. Auch wenn man seine Kreise nicht in Bezug zu diesem Zentrum vorher geplant hat und sie eine Konsequenz solcher Berechnungen wรคren โ€” ganz im Gegenteil zu den Berechnungen der Schwerpunkte von Kรถrpern, deren Volumen und Form um den Schwerpunkt herum bzw. aus diesem heraus gebaut werden. Dies kann als Besteigung eines Berges zu seinem hรถchsten Punkt und deren Umkehr zur Startposition gedacht werden.

Wir mรผssten alles rรผckwรคrts gรคngig machen. Doch wenn selbst die Umkehrung an sich an dieser Forderung hรคngt, darin inbegriffen ist, stehen wir orientierungslos da.

Ich mag es, wenn jemand mit mir redet und zur Stรผtzung seiner Argumente die Analogie der Sprache oder die der Sehwahrnehmung benรผtzt. Denn beide spiegeln wunderbar die Fรคhigkeit wieder, sich ganz natรผrlich an bestimmte Bedingungen zu gewรถhnen und diese gar nicht mehr als solche wahrnehmbar werden zu lassen. Eigentlich kann man gar nicht von einer Gewรถhnung an etwas reden, denn man gewรถhnt sich ja nicht aus einer bestimmten Situation heraus an eine andere, indem man diese beiden verschmilzt, vergleicht, a, kontrastiert etc. โ€” sondern man ist bereits jederzeit unmerklich darin. An was soll man sich denn noch gewรถhnen? An die Gewรถhnung, das Gewรถhnliche?

Wenn man dann aber nach langer Zeit, ohne vormals eine Sehhilfe getragen zu haben, seine neue Brille trรคgt und damit aus dem Arztzimmer hinaus auf die StraรŸe geht und die Zeiger der Kirchturmuhr sieht und sich dabei denkt: ยปSo sehen also alle anderen diese Ziffern! Ich dachte ich hรคtte die ganze Zeit gut gesehen und die anderen eben auch so!ยซ, merkt man erst, an was man sich die ganze Zeit lang gewรถhnt hatte โ€” oder eben auch nicht.

Nicht nur durch unscharfes, auch durch รผbermรครŸig scharfes Sehen kann der Eindruck des Schwindels entstehen.

Wir sehen uns auch nicht allein. Unmerklich. Und dann hรคlt man eine Fotografie in den Hรคnden, 20, 30 Jahre alt und denkt: ยปWas ist geschehen? Wie kann ich dieses Gesicht sein? Wo ist sie hin, die verlorene Zeit?ยซ Das Werden selbst wahrnehmen โ€” anhand von Auschnitten, Momentaufnahmen? Man springt von Punkt zu Punkt und fรผllt die Lรผcken mit allerlei Fragen auf.

Grenzgรคnger sein, der die Grenzen nicht souverรคn รผbersieht, รผberspringt, verschwinden lรครŸt, sondern sie sichtbar macht, um sie auf beiden Seiten begehbar zu belassen. Was man hรถrt, aber nicht vernimmt, was man sieht, aber nicht wahrnimmt. Niemand hatte je die Absicht, hier eine Grenze zu postulieren. Als kรถnne man sich die Grenzen seiner Welt selbst wรคhlen โ€ฆ

Besteht etwas nicht aus etwas anderem, so bestรผnde es aus sich selbst. Dieser Zustand kann aber nicht mehr als Eigenschaft selbst begriffen werden, da eine Eigenschaft stets als etwas Externes gefรผhrt wird.

Ich komme nach Hause, trete durch die Tรผr und bin privat. Aber alle meine Argumente werden es auch. Und morgen, wenn ich durch die Tรผr in die ร–ffentlichkeit trete, muรŸ ich bedenken, daรŸ meine Gedanken und Argumente es auch sind โ€” obwohl sich bei ihnen (im Wortlaut zum Beispiel) gar nichts รคndert. ร–ffentlich sind sie uneingeschrรคnkt, privat sind sie eingeschrรคnkt; da gefรคhrlich, hier beliebig, ungehindert und gebunden โ€” gut, so.

Zu Hause bin ich ruhig und die mich umgebenden Dinge laut โ€” bin ich unterwegs, kommt es mir vor, als seien die Dinge still, etwas in mir dagegen aber laut. โ€” Und dies scheint auch der Grund dafรผr zu sein, warum ich von zu Hause weg muรŸ, um unterwegs zur Ruhe zu kommen und um manches anpacken zu kรถnnen, welches zu Hause ungreifbar bliebe. Manchmal muรŸ man die Dinge erรถrtern und erfahren; nicht im stillen Kรคmmerchen, sondern da DrauรŸen. Man kann besser zu den Dingen kommen, lรคuft man ihnen entgegen und wartet nicht darauf, sie kรคmen auf einen zu. Die wenigsten haben die Geduld, an den Ufern eines Flusses zu leben und mit seinen Strรถmungen zufrieden zu sein, gelegentlich jemanden ans andere Ufer zu befรถrdern.

Willst Du Dich entfernen, so muรŸt Du hierher kommen.

Komisch: Immer, wenn mein Bleistift stumpf ist, sind es meine Notizen auch. Aber ganz stumpf kann er gar nicht sein, denn sonst kรถnnte ich ja nicht einmal dies hier schreiben. Die wirklich stumpfen Notizen sind tatsรคchlich un(be)schreibbar. (Aber: Es geht immer noch stumpfer; wie die Bleistiftschattierung einer Zeichnung, immer noch dunkler sein kรถnnte, im Vergleich zur vorherigen Version, als man noch nicht wieder darรผber hinweggefahren war.) Bis diese ursprรผnglichen Notizen, vielleicht selbst eine Zeichnung werden, ein Fleck, ein zitteriger, breiter Strich. Sie kรถnnen sich ganz in das Papier fressen, bis sie aufgrund ihrer รผberlagernden Penetranz eine Negativform bilden, die den Blick durch ihren Trรคger hindurch, auf etwas dahinter, freigibt. Natรผrlich kรถnnte man auch, an all dem vorbeischauen, aber dafรผr wรคre eine ร„nderung der eigenen Position nรถtig. So sind sie nur aufgrund des sie umgebenden Materials in ihrer Leere erkennbar. Das Sich-Selbst-Zeichnen ist insofern eine Auszeichnung.

Ich denke, das Besondere am Reisen, am Unterwegssein, ist die schlichte Tatsache, daรŸ man selbst still steht oder sitzt (wie im Bus oder in der Bahn) aber dieser Moment weitergetragen, befรถrdert wird. Man bleibt, im guten Gefรผhl vorwรคrtszukommen, an gleicher Stelle sitzen.

Ich kann mir (leider) nicht behelfen, aber die Menschheit ist fรผr mich: ยปAll die Menschen, die ich kenne.ยซ Weiter reicht meine Sicht nicht; so als wรคre die Geschichte all dies, was in den Bรผchern steht, die sie beschreiben. Wer etwas anderes sagt, lรผgt demzufolge.

Schaue ich mir die Geschichte an, so sehe ich anstatt von Prinzipien nur Erzรคhlungen. Sind sie das gesuchte Prinzip?

Sprรคche jemand von einem guten oder von einem schlechten Buch, woran hingen seine Beurteilungen? Ginge es darum, Schilderungen geschichtlicher Ereignisse auf ihre Richtigkeit, ihre Wahrheit hin zu รผberprรผfen, woran hinge das Ergebnis solcher Stellungnahmen? Hinge es daran, was geschehen sei, ohne das, was nicht geschehen sei, zu beachten? Wรคre ein als gut besprochenes Buch oder Werk aufgrund dessen, was erwรคhnt wird, gut? Oder aufgrund dessen, was nicht ausdrรผcklich erwรคhnt und ausgelassen wird, dem Hinweis auf Leerstellen? Oder gar aufgrund des Fehlens eines solchen Hinweises?

Das nicht Erwรคhnte ist gleich neben dem Erwรคhnten โ€” niemand kรถnnte sich eine Seite aussuchen, ohne nicht auch den Rest in Anwesenheit dabei zu haben, unverhรผllt โ€ฆ selbst wenn diese Hรผlle sich bei einer strengeren รœberprรผfung als leer herausstellen sollte. Doch aus was sollte sich etwas herausstellen?

Nach AuรŸen hin scheint mir eine Entwicklung, ein Fortschritt, natรผrlich mรถglich, aber alles in diese Richtung Strebende muรŸ auf Grenzen stoรŸen. Mit diesen im Huckepack oder im Gepรคck, kann man sich nur noch mรผhsam und schleppend bewegen โ€” selbst in umgekehrter Richtung. Mich (oder auch jede andere Person) betrachtend, scheint ein nach Innen vollzogenes Fortschreiten, Ent-Falten, Ent-Wickeln in die Unendlichkeit mรถglich โ€” selbst mรผhelos, wenn man dies nur wรผnscht. Natรผrlich lรครŸt sich eine solche Gegenรผberstellung nur billig konstruieren โ€ฆ es werden zwei unterschiedliche MaรŸstรคbe angelegt. Und ein weiterer dritter, der mir sagt, daรŸ diese zwei unterschiedlich sind.

Ich habe einmal bei einem Nachfahren eines berรผhmten englischen Zoologen gelesen, das BewuรŸtsein sei ausschlieรŸender Natur. Es wurde behauptet, alles sei im Grunde wahrnehmbar, nur filtere unser BewuรŸtsein partielle Elemente in seiner spezifischen Wahrnehmung heraus, um nicht von der Ganzheit des Seins รผberfordert zu werden und um dadurch erst รผberlebensfรคhig zu werden, beziehungsweise zu bleiben. Und genau jene verschlossenen Pforten der Wahrnehmung mรผssten nun wieder gereinigt werden โ€” im Traum finden wir sie weit offen, im Wachzustand mรผssen sie mit Gewalt eingetreten werden. Und dann kann subjektiv zwischen diesen beiden Zustรคnden gar kein Unterschied mehr ausgemacht werden; nur noch in der รคuรŸerlichen, externen Betrachtung.

Wie verblรผffend es doch anmutet, daรŸ der Wachzustand selbst die erlebten Trรคume im Nachhinein zu filtern im Stande ist; und selbst wenn er uns dieser potentiell offenstehenden Mรถglichkeiten der Erkenntnis nicht beraubt, so werden diese doch zumindest, von dieser Art des BewuรŸtseins, verwaltet und kommissioniert. Doch wer hat die Kraft, sich ohne fremde Unterstรผtzung, einer solchen Instanz konfrontativ entgegenzustellen? Bestรผnde generell die Mรถglichkeit der nachtrรคglichen Revision, kรถnnte man sich alles nur erdenkliche erlauben.

Was ist Teil von etwas anderem, was worin verschachtelt? โ€” mรถchte man sich so ausdrรผcken. Er bezog sich auf einen anderen Englรคnder und wiederrum andere Englรคnder auf ihn und auf seinen Bezug. Vor was sollten wir noch Angst haben? โ€” Ja sicherlich, sie werden รถffentliche Plรคtze und Schulen nach uns benennen โ€ฆ doch nicht hier, sondern auf einer anderen Insel.

Ja: Bilder entsprechen der Realitรคt. Aber zu glauben, indem man die Bilder zur Seite rรผckt, anzweifelt oder deren Position unverรคndert lรครŸt und nur ihre Transparenz abรคndert, kรถnne man die sie bedingende Realitรคt dahinter erkennen, scheint mehr als trรผgerisch zu sein. Die Bilder sind die Realitรคt โ€” auch ohne materielle Manifestationen derer, blieben immer noch die Projektionen eines Bildes รผbrig. Wie in einer Kamera, alle aus ihr mรถglichen Bilder stets enthalten und jederzeit abrufbar sind. Zu glauben, die Bilder loswerden zu kรถnnen (sie als Ergebnis der Realitรคt zu betrachten โ€ฆ), entblรถรŸe automatisch das Echte und reinige das Verstellte, klรคrte es โ€” dies ist eine Illusion.

Selbst im Falle eines Verlustes, verschwindet kein einziges Bild โ€” es gesellt sich zu all jenen, welche auf ihre Trรคchtigkeit warten. Jedes Bild scheint in jedem Kontext tragbar. Die Bedingung eines Tragenden, ist ein in ihnen selbst nur selten verankerter Zusatz.

Du selber muรŸt die Fernbedienung loswerden.

So wie ich die Bilder als Ausgangspunkt hernehme, als Podium oder Sprungbrett, so tue ich es mit getรคtigten Kommentaren, vorgefundenen Zitaten und Fragmenten auch โ€” ohne diese allzu ernst zu nehmen, ohne mich allzu abhรคngig von ihrem Gebrauch zu machen im weiteren Verlauf โ€” also entweder wรคhrend des Sprungs in Richtung des kalten Wassers oder wรคhrend des Posierens auf dem leicht erhรถhten Podium unmittelbar davor. Mir schient diese Haltung einer PrรคventivmaรŸnahme vergleichbar.

Analogien zu benutzen ist wie am Wegesrand oder in einer fremden Stadt jemanden nach dem Weg zu fragen und dann anhand der Beschreibung (und der Reaktion des Beschreibenden: zรถgert er, ist er sich gleich sicher, wie beschreibt er die Route und so weiter) die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Auskunft abzuschรคtzen.

Ich fรผhle mich wie ein Wanderer, der durch die Lรคnder zieht und sich an die Sitten und die Sprachen gewรถhnen muรŸ โ€” jetzt noch trage ich nur jene mir wohlklingenden Laute und Ausrufe, die den meinen รคhnlich sind, zusammen; verstehen kann ich sie nicht. Nur bestimmte Muster fallen mir auf, diese sammle ich und hoffe dennoch, spรคter durch die Montage dieser ein Bild jener Lรคnder abzeichnen zu kรถnnen. Aber vielleicht sind jene Schnipsel โ€” wenn ich oder ein anderer Kundiger sie (inhaltlich) verstรผnde โ€” die unbedeutendsten Artikulationen jener Sprache und ich bin auf ihren Wohlklang reingefallen, weil sie doch den meinigen so gleichen?

Mithilfe der eigenen Sprache, von unbedeutenden Ausdrรผcken einer anderen Sprache zu reden, schwรคcht nicht nur die vermeintlich unterlegene, sondern zugleich auch die, aus welcher eine solche Moral heraus, postuliert wird. Wir reden hier von Sprache.

Ich bin wie ein Schwamm, der, wo immer er hingelegt wird, alles aufsaugt โ€” manchmal fรผhle ich mich als noch ungesรคttigter Schwamm.

Schaut man sich ein in einer bestimmten Schriftart geschriebenes Wort an, so kann man ohne groรŸe Mรผhe, aus diesen wenigen Lettern, auf das Aussehen anderer Lettern schlieรŸen. Denn diese, zum selben Font, zur selben Schriftfamilie gehรถrigen Zeichen, stehen nicht nur zufรคllig in einer bestimmten Beziehung zueinander โ€” es besteht dazu auch innere Notwendigkeit. Oft sind sie sogar ineinander verschachtelt, verstrickt โ€” kleinere Buchstaben sind Teile von grรถรŸeren. Ein gemeinsames Merkmal dieser Teilgruppe fรผhrt uns zu ihr verwandten, ableitbaren; und diese (beiden) zu weiteren, so daรŸ man durchaus auf ein System stoรŸen kann, von dem das einzelne Wort in jener Schriftart, nur ein stellvertretender Ausdruck ist โ€” โ€บpars pro totoโ€น. Denn eine Schriftart wurde schlieรŸlich gemรครŸ eines vereinheitlichenden Systems gestaltet โ€” hierarchisch von oben nach unten verlaufend. Schรถn, wie manche Zeichen ihre ursprรผngliche Verknรผpfung als Abbilder der Umwelt zu verbergen suchen und sich von den Dingen lรถsten, die Freiheit des beliebigen Austausches, der rotierenden Belegung dabei ermรถglichend. Diese Magie wohnt nun den Wรถrtern inne, zumeist der gesprochenen Laute.

Wie verhรคlt es sich mit Handschriften und ร„hnlichem?

Beim Erlernen einer neuen Sprache kennt man die fremden Ausdrรผcke oder Teilausdrรผcke bereits โ€” viele klingen den eigenen รคhnlich oder werden รคhnlich geschrieben. Es kommt darauf an, diese Vertrautheit in ein neues System zu bringen, die Verbindungen gemรครŸ der noch unbekannten Sprache zu ordnen und die Beziehungen untereinander zu erlernen.

Welch Glรผck, daรŸ man schon eine Sprache parat hat, welche hierfรผr posieren kann und welche man nie lernen muรŸte โ€” als Muttersprache ist sie einfach da.

Man hat das Gefรผhl, die Kรถrper der Menschen wรผrden ein- und ausgeblendet werden. Bleiben kรถnnen sie nicht, sie sind unbestรคndig. Ist man dann geneigt zu denken, die Seelen oder die Gedanken, kรถnnten darรผber hinaus bestehen? Obwohl sie im Prinzip mit jedem Augenblick, in jedem Moment kommen und gehen, haben sie das โ€บZeugโ€น dazu, รผber die Zeitdauer der kรถrperlichen Trรคger hinweg zu รผberdauern und mit jedem neu eingeblendeten Kรถrper weitergetragen zu werden, รผber den Dingen zu schweben, zwischen den Individuen zu kleben.

Wie man vielleicht Gedanken faรŸt โ€” so als gรคbe es sie unverรคndert und unabhรคngig vom Fassenden (wie Fische ohne Fischer) โ€”, fassen Menschen Ideen. Die Frage ist, was fรผr eine Art von Netz dafรผr nรถtig wรคre. Sollen die Maschen groรŸ sein oder lieber eng, das Netz klein und handlich oder groรŸ? Manche Gedanken faรŸt man lieber mit einem kleinen aber engen Netz, andere Netze lรครŸt man weit und flechtet sie sehr groรŸmaschig. โ€” In welchem Netz wohl dieser Gedanke hรคngengeblieben ist? Durch welche Lรถcher er wohl hindurchschlรผpfte?

Die Ausformulierung eines Gedankens ist vielleicht รคhnlich der Vorgehensweise, welche ich beim Ausdruck und Abdruck meines SchmerzbewuรŸtseins, mittels eines Schlages oder Trittes auf die Tastatur der Schreibmaschine benutzen kann โ€” ob ich mich nun aber dabei zusammenreiรŸe und ein ยปAua!ยซ komponiere und zustande bringe, ist doch im Prinzip egal; es sei mir alles recht, auch dieses allgemeinverstรคndliche ยปAua!ยซ. Jedoch auch ein ยปaau-ร ยซ oder vieles anderes mehr โ€” ja wirklich alles, sich daraus ergeben Kรถnnende! Selbst mein mรผder Kopf, der sich neigend auf die Tastatur drรผckt, sei mir recht.

Natรผrlich kรถnnte ich auch die Tasten neu anordnen, so daรŸ mein gleicher Faustschlag ein erkennbares ยปAuaยซ hervorrufen kann. Ich kรถnnte die getippten Zeichen optimieren, hรคtte ich denn ein Ziel. Wรคre denn ein Zerschlagen, Zertrรผmmern der Maschine auch ein solcher Ausdruck meines Schmerzes? Ja: Fรผr mich durchaus, denn diesen Ausdruck konnte ich ebenso absehen und verstehe ihn momentan auch sehr wohl โ€” fรผr jemand anderen, mag es aber nicht in der gleichen Weise gelten kรถnnen. Es sei denn, wir nรคherten uns aneinander an, den selben Standpunkt teilend.

Hasennetze sind da um der Hasen willen; hat man die Hasen, so vergiรŸt man die Netze. Worte sind da um der Gedanken willen; hat man die Gedanken, so vergiรŸt man die Worte. Soweit alles beim Alten, aber wo fรคnde ich einen Menschen, der die Worte vergiรŸt, auf daรŸ ich mit ihm reden kann?

Gibt es Fragen, deren Antworten โ€บjaโ€น und โ€บneinโ€น zugleich richtig sind?

Ist der Mensch so geschaffen, daรŸ er sich selbst tรถten kann? Wenn ein Mensch ohne Hilfsmittel โ€” also vollkommen nackt in einer Blase gefangen wรคre โ€” kรถnnte er sich in einer sonst auswegslosen Situation selbst umbringen? Wรผrde er versuchen sich zu erwรผrgen, fiele er nur immer wieder in Ohnmacht; das gleiche, wรผrde er den Atem anhalten. Vielleicht kรถnnte er, nach einiger Zeit, wenn die Fingernรคgel lang genug sind, sich damit lebensgefรคhrlich verletzen? Wahrscheinlich ist er aber, wie alle anderen Tiere auch, nicht in der Lage, aus sich selbst heraus seinem Leben ein Ende zu setzen, sondern bedarf immer Hilfsmittel wie Messer, Stricke, Schluchten etc. dazu.

Wรคre es mรถglich, sich die Art seines Sterbens auszusuchen, so gefiele mir die Idee, sich just den Moment des Liebesaktes auszusuchen โ€” einen Hรถhepunkt รผberwindend. Und damit wรคre der kleine und der groรŸe Tod nicht ein und das selbe, aber zumindest nรคher beieinander.

Nicht einmal ein superschnelles deutsches Auto kann einen Unfall verhindern โ€” selbst ein Rettungswagen ist von einer Kollision nicht ausgenommen. Und dann ist es doch ein einfaches, mit Luft befรผlltes Kissen, welches einen vor dem harten Aufprall beschรผtzt. Und man steigt aus und rettet doch noch seine Welt.

Flรผstert man mir etwas zu, glaube ich es lieber, als wenn man mir das gleiche mithilfe eines Megaphons ins Ohr pressen wรผrden.

Ich habe mir รผberlegt, ob es nicht besser wรคre, zu all jenen Dingen und Verhรคltnissen, รผber die ich nichts oder nicht genug weiรŸ (angelehnt an welchen MaรŸstab?) โ€” ausgenommen dieser Spekulation natรผrlich โ€”, auch nichts zu sagen, anstatt mich mit all den kurzen Ansรคtzen und dem spรคrlichen Halbwissen in solche Diskussionen einzumischen. Doch was ist mit dem professionellen Schweigen? Was kรถnnte ich hier tun, um mich nicht einzumischen? Und dann darf ich jene Sachen, deren AusmaรŸ sich eben erst durch jedwede Artikulation bestimmen lassen, nicht vergessen.

Einfach aufzustehen und zu gehen, sich weg bewegen, sich entfernen โ€” manchmal (aber auch immer รถfter) treibt mich dieser Gedanke in die Enge. Was gibt es den Leuten und mir nicht? Was bestรคrkt sie und lรครŸt mich im selben Zuge zweifeln? Dieses Schauspiel an Diskussionen und Meinungen โ€” welche Relevanz haben sie? Was ist die Verbindung zu ihrem Inhalt? Und wieso meine ich nicht dazuzugehรถren? Tue ich es? MรผรŸte ich dann mehr oder weniger tun, um nicht mehr daran teilzunehmen โ€” wollte ich mir einen Spalt offenlassen?

Das ist รคhnlich dem, was ich einmal von einem Philosophen hรถrte, der von einem Jungen hรถrte, der angeben sollte, ob die Zeitwรถrter in gewissen Satzbeispielen in der aktiven oder der passiven Form gebraucht seien, und der sich nun darรผber den Kopf zerbrach, ob z.B. das Zeitwort โ€บschlafenโ€น etwas Aktives oder etwas Passives bedeute. Doch was ist รคhnlich dem?

Die von der Erleuchtung provozierte Dualitรคt (die sie auflรถsen und stรคndig รผberwindet haben mรถchte?), รคuรŸert sich in der von ihr initiierten Vorstellung, diese fรคnde in der Zukunft statt oder fand bereits in der Vergangenheit statt โ€” und mit dieser Formulierung hรคtten wir wieder jene aufzulรถsende Dualitรคt, von der wir vorher sprachen. Aber die Bedingung der Mรถglichkeit der รœberwindung liegt in der provisorischen Dualitรคt, der Aufrechterhaltung von reinen Mรถglichkeiten. Man fordert ja auch nicht โ€บper seโ€น immer etwas neues, sondern beharrt auf der reinen, allgegenwรคrtigen Mรถglichkeit des Neuen. Erleuchtet zu sein, hieรŸe eben sich auch um die Bedingungen dieses Wertes zu kรผmmern und sich dieser Aufgabe nie zu entledigen.

Stรผnde man hoch oben auf dem Mast, hรคtte man eine wunderbare รœbersicht und erblickte gewiรŸ als erster die Kรผste, jedoch kann man keinen Schritt mehr zur Seite machen. Ein Bambus ist biegsam, weil er stรคndig dem Wind ausgesetzt ist und von diesem tagtรคglich gebeugt wurde, wohingegen eine deutsche Eiche tief im Boden verwurzelt ist, aber weit weniger flexibel bei starkem Wind oder Sturm.

Das Problem der Erleuchtung ist eine Frage des Wahrheitswertes der Aussage diesbezรผglich.

Sich einer Aufgabe stellen.

Oft hรถrt man jemanden ยปIch gebe auf.ยซ sagen. Ganz so, als wรคre danach nichts mehr, als schneidete man etwas damit ab. Und wirklich scheint diesem Ausdruck etwas zu fehlen, ein Substantiv etwa, denn was gibt denn derjenige schlieรŸlich auf?

ยปHast Du was zum Schreiben?ยซ kann auch auf Unterschiedliches verweisen. โ€” Wie kรถnnte man dazu kommen, die โ€บAufgabeโ€น zweifach zu verstehen?

Sobald das eine durch ein anderes ersetzt wurde und man dabei nicht richtig zuschaut, verliert man schnell den รœberblick รผber die vormals klar voneinander getrennten Dinge. Oft hilft nur ein vollstรคndiges Zurรผcksetzen. Wie man Dinge wieder in die Kiste packt, diese verschlieรŸt, schรผttelt und sich mit einer sauberen Neuanordnung des Inhalts zufrieden gibt.

Die Hรผtchenspieler lassen nicht nur die Kugel verschwinden, sie selbst verschwinden plรถtzlich auch.

Allein schon das Geben in der Aufgabe deutet auf eine aktive Handlung hin, weniger auf ein endgรผltiges Einstellen solcher Wรผnsche. Das Geben erinnert mich stets an diejenigen Geschenke, welche man weder gewรผnscht hatte, noch ihrer bedarf, welche aber von jemandem an andere weitergegeben werden und denen man sich unfreiwillig annehmen muรŸ. Geschenke sind Ausdruck eines Wunsches, einer ethischen Haltung, welche sich von AuรŸen aufzwรคngt.

Wenn niemand รผber Zรผge redet, was fรคhrt? Die Bewegung bewegt sich nicht, ist aber in Bewegung.

Es scheint durchaus mehr Grรผnde zu geben aufzuhรถren, als weiterzumachen. Der einzige Grund weiterzumachen, ist der in die Zukunft verschobene Punkt des Aufhรถrens. Man bereitet sich einen Rollweg aus Kiesel, dem Abgrund entgegenlaufend โ€” mit genรผgend Schwung schafft man es vielleicht einige Sekunden lang in der Luft zu hรคngen.

Dieses automatische ยปAha!ยซ, das Erstaunen, wenn man seine Stimme als Aufzeichnung hรถrt, oder wenn man sich in einem Bild, im Spiegel erkennt โ€” und zwar immer dann, wenn das alte Bild, an das man sich gewรถhnt hatte, angezweifelt, geรคndert, ersetzt wird; wenn man zu einem anderen รผbergeht โ€” wie erleuchtend und reinigend diese spรคrlichen Selbsterkenntnisse sind โ€ฆ

Eine Aufgabe hat viel mit einer Ersetzung gemein. Denn das Aufgegebene hat Platz gemacht fรผr etwas noch Unbesetztes. Ein Tausch hat stattgefunden. Doch bleibt die Frage, ob das Aufgegebene wesentlich ist oder ob dies ein Beliebiges sein kรถnnte.

Die Philosophen sind wie Treibhรคuser, in dem die Samen kรผnstlich aufgekeimt und gezรผchtet werden. In der Natur wรคre der Wuchs wilder โ€” so wie er, vor deren Kultivierung, auch schon war โ€” und die Frรผchte gesรผnder und die Abwehrkrรคfte gegen Schรคdlinge erheblich vitaler. Die Parallele zu Kรคfigpapageien, die freigelassen schnell desorientiert wรคren und verenden wรผrden, lieรŸe sich hier anschlieรŸen.

Schade, daรŸ man philosophische Gedanken nicht wie Samen streuen kann und dann nur zu einem spรคteren Zeitpunkt wieder kommt, um deren Frรผchte zu ernten.

Wenn man etwas in den Mittelpunkt seines Lebens stellt und nicht dazu fรคhig ist, es zu nรคhren und zu befruchten, kann es alles andere vergiften. Das kann so etwas wie eine simple Idee sein oder die Perspektive, die man auf sich selbst und die Welt um sich herum hat.

LieรŸen sich Gegensรคtze mittels Quantifikationen ihrer selbst auflรถsen? Von einer heterogenen, dualistischen Zweiheit, zu einer homogenen Vielheit? Die Idee eines Gegensatzes, durch Quantifikationen seiner selbst, durch unaufhรถrliche Addition immer mehrerer Gegensรคtze auflรถsen? Viele Gegensรคtze sind wenige und unendlich viele Gegensรคtze sind gar keine Gegensรคtze.

Aus Quantitรคt kommt ja bekanntlich Qualitรคt โ€” und ich habe das schon so oft gedacht, daรŸ es mittlerweile sogar stimmt.

Wenn ich schon nicht dogmatisch sein darf in meinem Vorgehen aber jedes Mal darauf beharre, doch Recht zu haben, wie also kรถnnte ich mein Anliegen รผberzeugend vermitteln?

รœberfluรŸ und รœberschuรŸ als Gegenpole verstanden? Ein รœberschuรŸ als Vorrat โ€” aber von was? Wรถrter der Sprache als Vorrat zum Bau von Sรคtzen verstanden wissen.

Ein Wunsch von mir ist es, einen Brief, einen Satz, ein Bild, ein Pola herzustellen, ohne eine Implikation zu provozieren. Wie schafft man das? Ohne etwas zusรคtzlich zu meinen. Ohne dem Betrachter und Zuhรถrer das Gefรผhl zu geben, es sei etwas mehr dahinter. Ohne einen Versuch des Dahinterkommen-Wollens zu provozieren. Im Kontrast dazu: Wie formuliere ich einen Satz etc. ins Unendliche? Mit einer sich selbst verschachtelnden, implizierenden Kette? Wรคre es denn noch ein Satz im gewรถhnlichen Sinne? Wie kรถnnte ich dies, bei einem Bild, einem Symbol, einem einzigen Wort etc. machen? Die Gewรถhnung wird durch den sich stest im Ablauf befindlichen ProzeรŸ neu definiert, in Frage gestellt.

Die Frage, was die Botschaft, die Lehre und was die Interpretation, das โ€บblow-upโ€น, die Hineinlegung ist; wann dies zusammenfรคllt? Wann kann man von dem Gleichen reden?

Wie ein Punkt gleichzeitig auf zwei Geraden liegen kann, indem man sich ihn in der รœberschneidung dieser denkt.

Wenn ich etwas, z.B. ein kleines oder kurzes Zitat, hernehme und benutze, ohne eine Angabe, wie dies zu verstehen wรคre (ohne Erklรคrung), und der Leser dennoch etwas versteht (also wenn man eine Etappe รผberspringt; รคhnlich der Merkmale einer Pflanze, die sich erst nach einer periodischen Auslassung wieder in abstรคndigen Generationen zeigen), so kรคme mir dies gut und zweckmรครŸig vor. Denn schlieรŸlich mรถchte ich in diesem Fall nicht das Verstehen des Zitats und der Erklรคrung benutzen oder bezwecken โ€” oder gar die Erklรคrung selber โ€” sondern eben nur das offensichtlich Gegebene. (Kรถnnte man dies einen analytischen Anspruch nennen?)

Es ist ja schlieรŸlich auch nicht der Rausch das Wichtige, sondern das dabei Wahrgenommene. Dies ist zu trennen. Es ist in รคhnlicher Weise erneut herauszufiltern, wie dasjenige, welches den Rausch bewirken soll, vormals ebenso von seinem Hintergrund herausgetrennt und isoliert wurde.

Wenn man nie aussteigt, dann kommt man auch nie an. Selbst wenn man dauernd im Kreis fรคhrt (oder fรคhrt man immer geradeaus โ€บaufโ€น dem Kreis, anstatt kreuz und quer, innerhalb seiner Begrenzungen?), kommt man nie an, auch wenn man aussteigt. Aber das wรคre nicht das gleiche Aussteigen, wie bei der Fahrt am Anfang. Aber selbst hier kann es sein, daรŸ ich, wenn ich nur lange genug immer vorwรคrts fahre, beim Ausgangspunkt (wieder) aussteige. Sollte man sich rausschmeiรŸen lassen, seines Platzes verweisen lassen, den Kreis verlassen? โ€” Sicher, man wรผrde bestimmt interessante Gegenden mitunter zufรคllig sehen und kennenlernen dort drauรŸen โ€” nur mit dem Unterschied, sich fรผr diese Reise niemals freiwillig entschieden zu haben.

Ist jemand รผber alle Berge, so brรคuchte man nur an einem beliebigen Punkt seiner vorherigen Route auf ihn zu warten.

Die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie einmal war.

Weniger ist Zukunft โ€” noch ein biรŸchen weniger und wir haben unsere Zukunft.

Ich habe den Verdacht, mit Jesus und Buddha und Allah, verhรคlt es sich nicht anders, als mit allen anderen Ansรคtzen auch โ€” sie alle zusammengenommen sind Entschuldigungen, erfunden, um das Spiel der Bezรผge und alle philosophischen und religiรถsen Gedankenversuche auf etwas GroรŸem fuรŸen lassen zu kรถnnen. Bedarf es solcher Fiktionen als Fundamente, Sockel?

Wie oft geschieht dies ebensogut, wenn sich ein paar gebildete Leute zu einem Kreis zusammensetzen und schon nach dem zweiten, dritten gesprochenen Satz, ihr vorgesetztes Thema verlassen haben und schon wieder รผber diejenigen Dinge reden, in genau dem Stil, zu dem sie alle abgerichtet wurden und den sie so selbstverstรคndlich beherrschen. Autisten unter sich.

Der Ausgangspunkt, der ja auch das Thema der Diskussion sein sollte, ist ihre untereinander stillschweigend ausgemachte Entschuldigung, so zu reden und sich reden zu hรถren und jeden anderen reden zu lassen, wie sie es so gerne immer wieder tun. Eine Performance, ohne dabei etwas zu durchstoรŸen.

Je mehr sich eine Gruppe (schon vorher) einig ist, desto mehr reden die Mitglieder, desto besser kennen alle ihren und den Text der Anderen und den Moment des Einsatzes, die Pausen, die Struktur, die Partition. Selbst die Zweitbesetzung bleibt hintergrรผndig austauschbar.

Halten wir uns doch solange in den besten oder zumindest in den guten Lรผgen auf, bis wir eine Wahrheit finden. Aber die haben wir schon lange, denn von ihr aus haben wir uns die schรถnen Lรผgen gestrickt; erst durch sie kรถnnen wir รผberhaupt von Lรผgen sprechen. Haben wir sie nur vergessen? Oder sind es gar keine Lรผgen โ€” tรคuscht etwa die Wahrheit wahrhaftig รผber sich selbst? Das klรคnge absurd. Aber es ist schlieรŸlich auch egal wie etwas im Moment klingt, denn etwas klingt immer und immer kann ich etwas als klingelnd, als Klingendes wahrnehmen, benennen, bezeichnen, bezichtigen, oder im Stadium des Noch-Nichtโ€“ oder Nicht-Mehr-Klingens betrachten โ€” gerade weil etwas nicht klingt, als nicht klingend โ€ฆ Was wรคre ein Heilmittel ohne einen Kranken, den es heilen wรผrde? Und schlieรŸlich: Wรคren alle vormals Kranken geheilt, vergรครŸe man rasch die Funktion der Heilmittel. Es bliebe nur eine Bezeichnung รผbrig, die niemand mehr richtig verstรผnde. Aber wiederum: ohne Lรผgen auch kein Begriff von Wahrheit. Wo stehen wir?

โ€”Ich hatte es nicht zustande gebracht, zweimal zu lรผgen. โ€”Wir hatten es nie geschafft, nur ein einziges Mal zu lรผgen. โ€”Ich lรผge Dich nur einmal an. โ€”Wir haben ein einziges Mal gelogen.

Darรผber werde ich jetzt mal nachdenken.

Ja selbst der Nationalismus braucht eine andere Nation um wirken zu kรถnnen!

Das BewuรŸtsein ist wie ein Scanner, der, wenn er genug Leuchtkraft hรคtte, alle Aspekte der Welt erfassen kรถnnte. Wรคre alles mit allem verbunden, wรผrde auch ein Ding allein reichen um mittels dieser Kettenbeziehung auch tatsรคchlich alles andere zu erreichen.

Seltsam, daรŸ ein Schauspielstudent bei seinen Prรผfungen danach geprรผft wird, wie gut er eine andere Rolle spielt, wie รผberzeugend er seinen eigenen Charakter in den Hintergrund stellt um die fremde Rolle mittels einer Illusion darzustellen und nur Dialoge, Monologe und Wรถrter eines anderen Menschen, der ebenso nur eine fiktive Rolle mit seinen Charakteren zum Ausdruck bringt, verkรถrpert. Dazu wird er geschminkt, agiert auf einer Bรผhne innerhalb einseitig konstruierter Kulissen und wird von Scheinwerfern bestrahlt โ€” natรผrlich kann er bestimmte Merkmale seiner Physiognomie, seiner Stimme und so weiter, nicht vรถllig verbergen. Aber es ist nicht eine Prรผfung, die seine eigene Meinung, seinen momentanen Erkenntniszustand etc. testen soll, sondern das Vermรถgen, etwas vorzugeben, was er selbst nicht ist. Oder wird er danach beurteilt, welchen KompromiรŸ er darstellen kann, zwischen einem, der vorgibt und einem, der ist, zwischen der Rolle und ihm als Person ohne Rolle โ€” welchen Schnittpunkt er sich durch den Leib wรคhlt? โ€” Vergleichbar einer gut gespielten schlechten Szene, einem Rauschen in hochwertiger Aufnahme und Wiedergabe, einem unsauberen Ton sauber spielen.

Auch wenn ich Schauspielern zuhรถre und ich darรผber im BewuรŸtsein bin, diese sprechen einen auswendig gelernten Text, so meinen ich bei einem mir bekannten Thema, bei Inhalten die mir von selbst etwas sagen, diese Schauspieler wรผrden alles Gesprochene improvisieren.

Wenn ich zwei Vรถglein wรคrโ€™ und vier Flรผgel hรคttโ€™, so flรถge die eine Hรคlfte zu Dir und die andere bliebโ€™ bei mir.

Wรคre es mรถglich, daรŸ ich der einzige Mensch auf der Welt bin und alles andere, alle meine Freunde und so weiter nur eingebildet, nur ein ziemlich รผberzeugendes Resultat meines Geistes sind? Wรคre das denkbar? Denkbar schon, denn es lรครŸt sich keine Beschrรคnkung im Denkbaren ausfindig machen. Schade nur, daรŸ es dann nicht noch mehr solche Leute, wie mich gibt! Aber wenn dies so wรคre, dann wรคre ja auch genau jener Gedanke, jene Idee, daรŸ es nur meinen Geist gibt, auch eine ebensolche Einbildung, oder nicht?

Ja, auch die Idee, daรŸ die Idee eine Einbildung sei und so weiter, immer fort โ€ฆ ein Traum in einem Traum in einem Traum und so weiter. All dies findet man immer wieder vor, sei es in Bรผchern oder in Gedanken oder in Trรคumen.

Immer, wenn ich die Augen schlieรŸe und die Welt da drauรŸen nicht anschaue, habe ich das Gefรผhl, sie ist jedes Mal eine andere als sie davor gewesen war.

Wurde etwas ersetzt oder verรคndert?

Ich habe das Gefรผhl, gerade dadurch falsch zu liegen, daรŸ meine ร„uรŸerungen stets voreilig (und รผberstรผrzt) getroffen worden sind.

Wรผrden wir morgen, รผber Nacht, alle nackt aufwachen und alle unsere Fabriken, Universitรคten, Lager, Gerรคte etc. โ€” wรคre all dies plรถtzlich verschwunden und wir lebten in einem gewissen nachgeholten Naturzustand, wie lange wรผrde es wohl dauern, wieder all jene Dinge und Errungenschaften unserer, so lieb gewonnenen Zivilisation wieder aufzubauen? (Doch wer ist โ€บwirโ€น?) Wenn uns alles genommen ist, auรŸer unserem Wissen รผber die Dinge, deren HerstellungsprozeรŸ, deren Aufbau und so weiter, wรผrde es genau so lange dauern diese wieder herzustellen, als dies vorher gedauert hatte, oder wรคren wir schneller, da wir schon das theoretische Wissen darรผber vorliegen haben?

Wie lange wรผrde es dauern, all diejenigen kleinen Fabriken aus rohen Holzbrettern zusammenzubauen, die fรผr die Herstellung jener Kleinteile nรถtig sind, mit denen man dann z.B. die Bestandteile einer Dampfmaschine herstellen kรถnnte um dann wieder andere Komponenten fรผr komplexere Dinge herstellen zu kรถnnen? Wรผrden wir wieder an den Vorabend unseres Verlustes gelangen oder wรผrde die Entwicklung, trotz unseres gemeinsamen Wissens um die letztendlichen Mรถglichkeiten des Fortschritts, eine andere Bahn nehmen und zu ganz anderen Errungenschaften fรผhren?

Wie steht es dann mit der Philosophie und wieso wรคre eine solche Ersetzung in der Fragestellung (โ€บWissenโ€น mit โ€บPhilosophieโ€น) angebracht? Auch wenn ich die bis dato erreichten Geistesanstrengungen und Errungenschaften kenne, wie schaffe ich es, diese aus einem Rohzustand nachzuvollziehen und aus mir selbst heraus aufzuholen? Ich mag zwar die Speerspitze dieser Ideen wohl kennen, aber schaffe ich es, all jene Einzelteile selbst herzuleiten, um nach einem Verlust jener, diese wieder zusammenzutragen und zu einem vergleichbaren Gedankenkonstrukt zusammenzufรผgen? Bin ich in der Philosophie auf eine, der Wirtschaft vergleichbare Arbeitsteilung und Spezialisierung und den Einkauf von Grundelementen angewiesen? Auf einen stetigen Tausch von Gรผtern und Werten โ€ฆ?

Die Philosophie hat schon immer die Stรคrke gehabt, Gebiete aufzugeben und an Bereiche abzugeben, die es, im Verlauf ihrer Entwicklung, besser zu wissen gelernt hatten, als sie selbst. So geschah es mit der Physik, der Chemie, der Psychologie, der Theologie, der Mathematik, der Biologie, den Sozialwissenschaften und so weiter. Nicht nur ist die Philosophie eine vorzรผgliche Hebamme โ€” sie ist auch eine sehr angenehme Reisebegleiterin fรผr viele Abenteurer, von denen sie frรผher oder spรคter, รผberholt oder auf der Strecke zurรผckgelassen wird.

Fรคnde sie von selbst wieder an den Ausgangspunkt ihrer Reise zurรผck oder begnรผgte sie sich an Ort und Stelle zu warten? Kein FluรŸ in Sicht.

Warum gibt sich die Philosophie nicht selbst auf? Doch an wen sollte diese Verantwortung weitergegeben werden kรถnnen? Kรถnnte man den Mut aufbringen und die letzte Bastion rรคumen, zugunsten von was auch immer? Geben wir doch alle รผbrigen Handlungen, Strategien, Grundsรคtze, Methoden etc. an die Spaziergรคnger, Dichter, Bauarbeiter, Prostituierten, Musiker, Wartenden, Obdachlosen, Bankangestellten und Mรผtter ab und lassen es sein!

Stรผnde das Gebรคude bereits, so wรคre das Gerรผst nicht mehr notwendig. Es sollte nur wieder aufgebaut werden, wenn man wieder etwas an ihm zu verbessern hat oder wenn man ein neues Haus bauen mรถchte. So, mit dem Gerรผst stest vor Augen, kรถnnte man meinen, es sei Teil des Gebรคudes โ€” eine statische Notwendigkeit oder eine architektonische Zierde.

Von der essentiellen Notwendigkeit zum schmรผckenden Dekor.

Es gibt noch zwei Dinge, die mich immer wieder ins Staunen versetzen: einmal der Himmel รผber mir und dann mein Gewissen in mir. Alles andere kann in Formeln, Hypothesen und so weiter gefaรŸt werden, so daรŸ es ein jeder zu verstehen vermag โ€” aber diese beiden bleiben mir ein Rรคtsel. Selbst Kants Schriften sind kein Rรคtsel mehr.

Wenn bei der Formulierung eines Gedankens etwas verloren geht, welchen Wert hat dann eine solche Aussage, die ebenso ein unvollstรคndiger Ausdruck eines Gedankens ist? (Ist dies ein billiger Trick? Nein, denn nicht jeder kann sich ihn leisten.)

Zum SchluรŸ mag nur noch ein einziger Gedanke รผbrigbleiben; es muรŸ aber nicht ein ganz genau bestimmter sein (โ€บdie Lรถsungโ€น), sondern es ist ein beliebiger, denn es ist der einzige. Welcher Mensch der letzte Mensch sein wird, spielt fรผr die Reduktion der Menschen schlieรŸlich auch keine Rolle mehr. AuรŸer genau dieser โ€” dieser und nur dieser Mensch โ€” kรถnnte rรผckwirkend etwas Entscheidendes verรคndern. Dies (und Vorheriges) birgt die Frage nach der Selbstreproduktionsmรถglichkeiten eines Systems.

Steht etwas in vordergrรผndigem Kontrast โ€” also ohne die Zuhilfenahme von weitlรคufigen Rahmenbedingungen zu etwas anderem โ€” (jemand etwa, der lange und fettige Haare hat, aber in einer sehr ordentlichen und sauberen Wohnung lebt), so kann man davon ausgehen, diese Kombination sei so gewollt und ist nicht nur โ€บsoโ€น beilรคufig entstanden, kein Produkt des Zufalls und der Nichtbeachtung. Weder das eine, noch das andere, noch beides zusammen ist in einem solchen Fall zufรคllig und gegeben, sondern in einer kontrollierten Balance zu verwalten. Etwas, das sich in einem funktionierenden System nur allzu offensichtlich als Fehler ausgibt (was sich in einem Ganzen als hervorgehobenes Einzelteil zur Schau stellt), bleibt โ€” gerade wegen dieser Offenheit โ€” oft suspekt. Wie ein simulierter Fehler zur Ablenkung.

Manchmal, in bestimmten Situationen, ist es vorteilhafter eine Sache unglaubwรผrdig erscheinen zu lassen; besser ausgedrรผckt: die Grรผnde fรผr den Zweifel gleich mit dazu zu geben, hineinzupacken. Denn einerseits hat man so einigermaรŸen Kontrolle รผber die Art und die Reichweite des Zweifelns und andererseits erhรถht eine solche Methode gleichzeitig die allgemeine und vordergrรผndige Akzeptanz. Wie bei einem Zaubertrick, welcher speziell anzweifelbar gestaltet wird, um gerade dadurch als Zaubertrick umso besser zu funktionieren.

Sokrates wurde nicht angeklagt, weil er neue Gรถtter, sondern weil er neue Dรคmonen eingefรผhrt hatte. Im Vergleich zu den Gรถttern schienen diese aufgrund ihrer Ambivalenz, weit gefรคhrlicher. Sie kรถnnen nรคmlich gut oder schlecht sein.

Meistens denkt man sich die Fiktion als Spiegelbild der Realitรคt โ€” etwa in der Utopie oder Dystopie, welche so ganz nicht mit der realen, momentanen Lebenswelt vereinbar zu sein scheinen โ€ฆ also als etwas weit Entferntes (in mehrerlei Hinsichten; z.B. zeitlich, sozial und so fort.)

Aber Fiktion kann auch als etwas aufgefaรŸt werden, was sich nur geringfรผgig von Realitรคt unterscheidet, was genau daneben liegt (in diesem Wortsinne auch: ยปDamit liegst Du aber daneben!ยซ.) Etwa wenn ich so tue, als hรคtte ich jemandem alle Schulden zurรผckgezahlt, es aber nur neunundneunzig von hundert Teilen waren (dies ist nicht teilweise zu vernachlรคssigen), oder wenn ich jemanden mit braunen Haaren beschreibe, obwohl ich diesen mit schwarzen sah und die Mรถglichkeit der Beschreibung (mit der Fรคrbung) โ€บmit schwarzen Haarenโ€น bestรผnde.

Dieses minimale Danebenliegen, dieses gerade so nicht Decken und Stimmen beรคngstigt mich ungleich mehr als allgegenwรคrtige Zukunftsutopien, Fantasiegeschichten, Mรคrchen; all jenes, welches fรผr sich allein funktionieren kann und sich nicht mehr um unsere Welt schert โ€” vergleichbar Kreisen, die sich gleichmรครŸig um eine Mitte ausbreiten, gleich Wellen im Wasser, die sich um den eindringenden Stein scheren.

Eine weit auseinanderliegende Verstimmung kรถnnte in einem bestimmten Bezugsrahmen sogar noch eine Art Harmonie oder ein Zusammengehรถren, ein Sich-Ergรคnzen suggerieren, wobei ein kleiner Abweichkomplex doch unmittelbar alle voneinander divergierenden Elemente in ihrem Umfeld bemerkbar macht.

Es ist nicht so, daรŸ man Fiktionen zu ernst nimmt (verwissenschaftlichte, soziologische, psychoanalytische Analysen) โ€” unserer Tรคuschung, dem Wahn, unserem Wahnbild liegt die Annahme zugrunde, Fiktionen nicht ernst genug nehmen zu mรผssen. Man glaubt, das Fiktive sei lediglich ein Spiel, eine Metapher โ€” fernab der Realitรคt und davon losgelรถst. Es ist aber realer, als es sich selbst prรคsentiert. Man braucht die Entschuldigung bzw. Rechtfertigung in Form einer Fiktion, eines Spiels (Computerspiele, die einen Tรถten und Vergewaltigen lassen, oder auch Ponyreiten) um zeitweise so zu sein, wie man wirklich ist (exklusive des Wunsches und der Begierde, dies nur im Spiel zu tun). Die Fiktion erlaubt Sachen zu sagen, zu tun und durchzuspielen, die sonst wegen sozialer oder kultureller Restriktionen nicht mรถglich wรคren und sanktioniert werden wรผrden. Denn es ist ja gar nicht real. Es berรผhrt ja nichts hier, auf unserer Seite.

Ist es so, daรŸ man jemand ist und diese Identitรคt rรผckwirkend akzeptieren muรŸ oder hat man die Freiheit, sich auszusuchen wer man ist, sein mรถchte? Beide Varianten sind gleichermaรŸen eine Last.

Sucht man sich die Philosophie aus oder sucht sich die Philosophie einen aus? Man wรผrde ja denken, man kรถnnte die Kontrolle darรผber bewahren, was man macht und was einen beschรคftigen soll. Oft denkt man gar richtig, man hรคtte die Wahl, dies oder jenes zu tun. Hรคtte man die Wahl, welchen Philosophen wรผrde man sich als seine Mutter aussuchen?

Die Philosophie als Luxus: Es kommt die Zeit, da wird Philosophieren wieder das, was es zuvor einmal gewesen war: ein elitรคrer Zeitvertreib fรผr all die, welche sich eine solche Berufung leisten kรถnnen. Der ohnehin schon beengte Zugang zu ihr wird zugemauert, Wegezรถlle werden eingerichtet werden, so daรŸ nur noch wenige in Erwรคgung ziehen kรถnnen, sich einen solchen โ€บfaux pasโ€น zu leisten. Die, welche ohnehin ihren Lohn nicht selbst verdienen, werden sie im Inneren dieser Festung, zu allerlei Gespรถtt verfรผhren, in ihrem Namen so manches von der Brรผstung herunterposaunen โ€” wie es vorher schon ihre Vรคter taten.

Die Idee des Karma ist fรผr viele deshalb so schรถn und reizend, da man scheinbar dasjenige, das man erwรผnscht zu bekommen, das, was man erhofft zu sein, im Grunde selbst autonom, aus sich selbst heraus, bestimmen kann โ€” von seinem jetzigen Standpunkt ausgehend, zum Positiven, wie zum Negativen hin verfรคrbend. Eine Mรถglichkeit, ein Versprechen, etwas รผber bisherige Grenzen hinaus weiterzutragen, sich ein FloรŸ, aus losen, umherliegenden Teilen zusammenzubauen. Dies ist klar: die Verbindung. Aber es ist nicht klar, welche Implikationen diese Verbindung hat. Oder anders: Man ist genau das, was man vorher in sich hineingesteckt hatte. Treibgut als Chance. Doch selbst solch Treibgut braucht niemand aufzulesen, gรคbe er den Wunsch auf, wieder wegzukommen โ€” woandershin, wo alles besser sei als hier.

DaรŸ Du in Deinem verschliรŸenen Mantel herumlรคufst, ist Ausdruck Deiner Eitelkeit, arm sein zu wollen und es zu zeigen.

Was mich an anderen Menschen so rรผhrt, ist ihre Einsicht in die Dinge, ihre ehrliche und unverstellte Sprache, sich selbst beschreiben zu kรถnnen. Aber genau diese Ehrlichkeit, diese spontane Fรคhigkeit, meine ich bei mir selbst zu vermissen. Nรคhme ich mir diese Sprache, diese Einsichten, so wรผrde ich jedoch bloรŸ imitieren. Es gibt keinen Weg zurรผck. So wie man sich Reisen durch die Zeit nur nach Vorne vorstellen kann, kann man sich die Entwicklung einer Person auch nur nach Vorne vorstellen โ€” und zwar tatsรคchlich vorgestellt, nicht dahinter. Aber man sagt auch: vor-her und nach-her, was geradezu umgekehrt zu funktionieren scheint. Hier ist sie also, die Einsicht, jemand befรคnde sich auf meiner Seite (oder umgekehrt: ich auf der des Anderen) โ€” ein beruhigendes Gefรผhl hinterlassend.

Jeder hat einen Akzent, ohne diesen freilich zu bemerken. Welcher ist meiner? Und hat es Sinn, diesen durch Sprachtraining und Selbstberichtigung verbessern und an etwas, zugleich Hรถherwertiges und Fremdes, angleichen zu wollen? Den Akzent, den ich habe ist der der Meinungen der Anderen, der angelernten Ausdrรผcke und Ideen.

Ich stapfe daher durch den Dreck bedeutender Metaphern, Meter fรผr Meter โ€ฆ

Die Mauer wird dabei niedriger, verschwindet schlieรŸlich ganz, lรคuft aber unterirdisch weiter. Kein Tageslicht.

Keine Grenzen mehr, aber dennoch wird darum gekรคmpft. Die Umgrenzungen lassen kein Licht hindurch; so bin ich mit meiner Taschenlampe unterwegs, Schritt fรผr Schritt in die Dunkelheit hineinleuchtend.

Alle Sicherheiten in der Erkenntnis sind selbstfabriziert und damit fรผr die Erfassung der Wirklichkeit wertlos. Wir untersuchen alles, nur nicht unser Suchen.

Die Vernunft sitzt im Kopf. Und warum ist der Kopf rund? Nun, weil das Universum als perfekte bzw. perfekt gedachte Form, auch rund ist; und damit ist der Platz fรผr die Vernunft, in einem runden GefรครŸ am besten aufgehoben. Ist der Kopf deshalb rund, da er sich in seiner Entwicklung an die Form des vernรผnftigen Universums angepaรŸt hat? Oder ist er eh rund und die Vernunft hat sich die adรคquateste Form all jener Kรถrper als Trรคger ausgesucht? Ist der Kopf ein rundes Vernรผnftiges im groรŸen runden Vernรผnftigen? Ein Mikrokosmos im Makrokosmos? Ein Abbild? Sitzt die Vernunft im Kopf?

Das Universum bringt einen Beobachter seiner selbst hervor โ€” mehr noch: einen sich selbst selbstbeobachtenden Beobachter des von diesem so erdachten Universums.

Nรคhert man sich einer Sache allzusehr, so verliert man sie aus dem Auge und ihr Trรคgermaterial kommt, die dargestellten Dinge peu ร  peu ersetzend, zu Gesicht. Wie bei einer immer weiter ins Detail gehenden VergrรถรŸerung, die langsam das Dargestellte zugunsten des Darstellenden (be-)merkbar macht. Bekommt man das VergrรถรŸern selbst zu sehen?

Hat man die Stufe erreicht, das Material selbst im Fokus zu haben, verliert man sich mit der bisherigen VergrรถรŸerungstechnik, die zu ihr gefรผhrt hat, zwischen ihrer Darstellung; und lรครŸt man selbst das Gitter des Materials, die Fรคden aus dem es genรคht ist hinter sich, erfรผllt reine und absolute Homogenitรคt das Blickfeld innerhalb seiner Begrenzungen โ€” je nachdem wo man sein Zentrum wรคhlt; die Verlagerung hin zu einer anderen Stelle als deren Mitte aber muรŸ nun sprunghaft verlaufen. Entfernt man sich wieder, werden die รœbergรคnge zunehmend undeutlicher.

Das Material, die Sprache, die Striche, die Farbe etc., sie kรถnnen nicht an sich unscharf sein. Durchlaufen sie mehrere AbbildungsprozeรŸe, so zeigt sich auf der Oberflรคche, der als unscharf dargestellten Regionen, das Material als durchaus scharf. (Als ob der Faden der Naht nicht abreiรŸen, nur kรผrzer wรผrde.) Ich muรŸ es hier anders ausdrรผcken, da mir in meiner Situation bestimmt Begriffe nicht zugรคnglich sind. Also was ist die Unschรคrfe, wenn nicht etwas im Material selbst verankertes?

Die Schรถnheit des Alltagslebens scheint immer eine Verdeckung von Alptrรคumen zu sein. Sobald man ihr zu nahe kommt, verliert das Schรถne, seine aus der Ferne erkennbare Textur und wird grรครŸlich.

Nicht der eigene Tod ist das Furchtbare (schlieรŸlich analysiert man dieses Stadium nicht mehr in den alten Kategorien und eine Integration in die alte Welt scheint auch unnรถtig zu sein), sondern der Tod der anderen โ€” insbesondere der Nahestehenden und auch Naheliegenden โ€” ist das Fรผrchterliche; denn man selbst muรŸ weiter damit leben. Er erinnert uns Lebende an unser eigenes Ende. Das Wissen vom eigenen Tod ist rein historisches und indirektes Wissen; daรŸ wir sterben, wissen wir, da wir Lebende andere beim Sterben erleben.

Ein Widerspruch in sich; einem Nackten in die Taschen fassen โ€ฆ

Erst habe ich Angst davor, daรŸ mir nichts einfรคllt, dann, daรŸ es nicht gut ist, dann, daรŸ ich es mir nicht merken kann, dann, daรŸ ich das Aufgeschriebene nicht mehr lesen kann, dann, daรŸ ich nicht mehr weiรŸ, was ich damit gemeint hatte. Und dann โ€” irgendwo dazwischen โ€” dieses auf dem Weg zu verlieren.

Vor der Auflistung mit all den Stufen, von denen ich befรผrchte, sie wรผrden schiefgehen kรถnnen, steht natรผrlich die Stufe der Mรถglichkeit des falsch Denkens, aus der dann die folgenden Stufen kausal falsch wรคren und reines Spiel, reine Dekoration โ€” ein auf falschen Prรคmissen gebautes Haus mit marodem Fundament. Aber wenn dies so wรคre, dann kann ich auch mit meinen Folgerungen durchaus richtig liegen.

Wirft man einen Stein auf den Mond und ist der Mond aus Kรคse, so fรคnde man sicherlich einen geeigneten Stein dafรผr.

Das wรคre ja so, als hรคtte jemand berechtigten Grund auf die Beute eines Diebes neidisch zu sein โ€” und doch kann man sich eines solchen Gefรผhls nicht erwehren.

Sagt man, Tiere hรคtten Feinde, in der Art von natรผrlichen Feinden, so glaube ich dies lieber, als sprรคche man in der gleichen Manier von Pflanzen, z.B. Bรคumen oder ganzen Landstrichen, zusammengesetzt aus Korallen oder unterirdisch von Myzelien durchzogen. Denn im Falle der Tiere, kann ich leichter akzeptieren und einsehen, daรŸ diese ein Verhรคltnis zu ihren Feinden pflegen und diese umgekehrt auch zu ihnen; eine Bindung, welche Achtung und gegenseitige Wahrnehmung einschlieรŸt und zum konstituierenden Faktor einer solchen Beziehung macht.

Gleich einem Tier, das den mรผรŸigen Kampf scheut und statt dessen die Flucht wรคhlt, begreife ich mich. BloรŸ setzte ich mir zum Ziel diese Flucht tanzend vorzufรผhren und so dem Gegenรผber, einen รคsthetischen AugenschmauรŸ zu bieten.

Dicht am Prinzip der Polas: Schreibe Deine Texte im Sofortbildverfahren. Lasse die Trennung von Film und Abzug, Negativ und Chemie, Kameraeinstellungen etc. einfach weg.

Vermeide Unordnung.

Vielleicht verhรคlt es sich so, wie die Ordnung der Zahlen: ich habe eine Menge von (primitiven) Zahlen (z.B. 1, 10, 3, 6, 12, 5, 2 etc.) und ordne diese. Soll ich diese โ€บder Reihenfolgeโ€น nach ordnen? Nach welcher Reihenfolge? Aufsteigend? Absteigend? Nach einem bestimmten (persรถnlichen oder รคsthetischen) Muster? Falls ich dies mache, wie rechtfertige ich dieses (quasi beliebige) Muster? Wenn ich nun keine Zahlen habe, sondern eine Anzahl von ร„pfeln z.B. โ€” wie ordne ich diese? Der GrรถรŸe nach? Nach Gewicht? Nach Gesundheit, Alterungsstadium, Fรคulnisgrad? Einer Kombination solcher Kategorien folgend? Nach Geschmack? (Dafรผr muรŸ ich diese aber kosten, muรŸ wissen, wie ร„pfel รผberhaupt schmecken und meine im Besonderen? Und ich kann vor allem nicht wissen, ob der nรคchste Apfel nicht besser schmeckt, als der vorherige โ€” dabei wird mein Geschmacksempfinden von den vorherigen beeinfluรŸt und ergibt sich nur aus der Komposition aller von mir gegessenen ร„pfel.)

Wenn ich das Bedรผrfnis nach einem System habe, woher kommt dieses sehnsuchtsvolle Rufen? Vielleicht gibt es ein solches System nicht in ebendiesem Bereich, oder es ermangelt mir der Fรคhigkeiten dieses zu verstehen (und dazu brรคuchte ich wiederum ein รผbergeordnetes System) โ€” oder ich lehne es ab, da es mir nicht paรŸt; vielleicht hรถre ich einfach nicht oder nicht aufmerksam genug zu?

Wenn ich in einem Gesprรคch keine Frage an mein Gegenรผber habe (also keine Mรถglichkeit des โ€บinputsโ€น), so habe ich vermutlich auch kein Interesse am Diskutieren und kann nur mit groรŸer Mรผhe folgen oder zuhรถren. So frage ich manchmal etwas, damit ich besser zuhรถren kann. Dabei spielt es aber keine Rolle, ob ich diese Fragen laut stelle oder mir nur aufschreibe oder nur daran denke.

Behauptungen, in einer kristallklaren Sprache eingebettet, die stets wahr sind, sowie jene, die sich widersprechen, bleiben als die uninteressanten Fรคlle hinter allen anderen zurรผck. Sie bieten keine weiteren Mรถglichkeiten, auรŸer den in ihren Fundamenten zementierten. Sollte eine Aussage bewuรŸt uninteressant sein oder dies gerade vermeiden?

Ich denke an das Bild des Schnittpunktes, welcher sich gleichzeitig auf zwei sich schneidenden Linien befinden kann. In der dreidimensionalen Darstellung, sogar auf drei Linien und so fort. Fรผr jede Dimension kann eine weitere Linie durch diesen Punkt gezogen werden. HieรŸe dies, bei der Ausfรผllung des Raumes (also wenn keine weitere Linie mehr hinzugefรผgt werden kann, ohne daรŸ sich mindestens zwei รผberlagern), kรถnne keine Dimension mehr addiert werden? Bedingt die Mรถglichkeit der Linien die der Dimensionen und nehmen die Mรถglichkeiten der Linienziehung mit jeder hinzugefรผgten ab, denn anfangs ist die erste vollkommen frei in ihrer Setzung, die letzte aber ist zwangslรคufig vorgegeben, sie ist der negative Raum in dieser Konstruktion, ein singulรคrer Hohlraum.

Wenn im Wald ein Baum umfรคllt und niemand hรถrt es, ist dieser Baum umgefallen, macht er ein Gerรคusch oder nicht? Wenn ich etwas mache und niemand weiรŸ davon (vielleicht vergesse ich es selbst), existiert mein Schaffen dann oder nicht?

Dies bleibt eine interessante Frage, auch wenn sie scheinbar schon zur rhetorischen Frage verkommen ist und nicht mehr ernst genommen wird. Bevor man etwas loslassen kann, muรŸ man es erst greifen. Was gibt mir die GewiรŸheit, es gรคbe etwas, das wieder losgelassen werden kann. Denn was meint man denn รผberhaupt beโ€“ oder ergriffen zu haben? Man denke sich dies wie die Funktion von Klammern.

Ich glaube nur das, was ich sehen und anfassen kann โ€” glaube ich dann auch alles, was ich sehen und anfassen kann? (Fรผhrt das eine zum anderen?)

Existiert Gott oder existiert er nicht? Regnet es oder regnet es nicht? Macht es Sinn, diese Fragen zu stellen? Es macht ein biรŸchen Sinn!

Ein beliebiger Querschnitt durch den Laib lรครŸt sicher ein paar Maden sich winden.

Bis wohin lรครŸt sich die Welt zerlegen?

Pause.

Und hรคtte ich gar die Teile, mangelte es mir dennoch an ihrer Konfiguration, an den Konjunktionen. Wo, bitte schรถn, kommen denn diese her? Wรคre die Welt zerlegbar in kleinste Einheiten, so lieรŸe sich nicht vermeiden, auch anzunehmen, diese verhielten sich alle gleich โ€” doch gerade dieses Verhรคltnis scheint unter ihnen ungeklรคrt.

Dรคchte ich mir die Welt aus bloรŸen Dingen ohne Relationen, so taufte ich die Leerstellen zunรคchst als Verbindungen, ohne dafรผr ein eigenes Symbol benutzen zu mรผssen, ohne den Namen des Kindes dabei auszusprechen. Wir hรคtten alle Kunde, sprรคchen aber nie davon. Und so schweigen wir darรผber. Worรผber sollte man schweigen kรถnnen?

Vor (und nach?) den Dingen steht vorerst die Beziehung. Ist es auch ihre Beziehung? Hat man die Verbindung, die Konfiguration, ist man รผber diese hinaus bereit, Geschenke anzunehmen ohne nach dem gรถnnerhaften Spender zu fragen.

Es mag eine รคsthetisch fragwรผrdige Geste sein, jedoch spricht nichts dagegen, erhaltene Geschenke, an andere weiterzuverkaufen. Wer nun auf die Moral einer solchen Transaktion hinweist, karrt bloรŸ seine eigenen Werte auf die allgemeinen Marktplรคtze seines vertrauten Dorfplatzes und weiรŸ nichts von den langen Schatten der Wolkenkratzer in der nรคchstbesten Stadt.

Ich wรผrde gerne einem Museum etwas von mir schenken โ€” und man kรถnnte glauben, dieses nรคhme sich solcher Geschenke gerne an โ€” aber solcherlei Tranferleistungen werden zumeist abgelehnt, da durch deren Annahme weitere Verpflichtungen entstehen. Die Illusion, welche von dem Begriff โ€บGeschenkโ€น suggeriert wird, liegt in der Unverbundenheit und Einseitigkeit, dem sauberen Schnitt, welcher stets mit dem Geben assoziiert wird.

Die hรถchste Form des Transaktionshandels sind Geschenke. Heute bekommt oder sucht man sie, man macht sie nicht.



Ich bin nicht zerlegbar in Teile. Ich habe keine Eigenschaften, da alles neben mir stehende und mich umgebende schon lange vor mir, sich seine Eigenschaften gesichert hat โ€” in Abgrenzung zu diesen fรคllt es mir leicht, mir ebenso eine Eigenschaft zuzuweisen, sich ein Bild zu machen. Darรผberhinaus muรŸ es nichts geben, das hinzutritt.

Hรคtte ich die Mรถglichkeit eine einzige Frage an eine allwissende Fee zu stellen, so fragte ich sie, ob sie tatsรคchlich allwissend sei. (Doch wรคre sie tatsรคchlich allwissend, kรถnnte sie mit meiner Frage vermutlich gar nichts anfangen.) Dann kรถnnte ich mich umdrehen und den Weg, der mich zu ihr fรผhrte, mit dickerem Pinsel in meine Karten eintragen und diesen Weg, als bereits begangen etikettieren; denn ihn nochmal anzutreten, brรคchte nicht viel mehr, als sich dabei der Aussicht zu erfreuen.

Alles rรผckwรคrtsgรคngig zu machen reicht nicht aus um es zu verstehen; denn verstรผnde ich es nicht, kehre ich es wieder um und alles bleibt unverรคndert. Man mรผรŸte es anders machen. Eindringen in den inneren Ablauf, hier und da zerlegen, umstellen, Teile grรถรŸer oder kleiner machen, weglassen. (Und dann ist es besser, man verschweigt, daรŸ man es war, der all dies in Unordnung brachte โ€” denn vieles ist vernachlรคssigbar.)

Wรคre eine Ordnung ersichtlich (Bindeglieder zwischen den unterschiedlichen Teilen zum Beispiel), kรถnnte man sich die darรผberโ€“ oder nebenhergesetzten Ordnungen sparen; denn diese wรคren im ersten Fall ebenso da, nur glatter in ihren Fugen.

Wรคhrend der Kommunismus die Konfrontation der Klassen hervorhob, tat es der Faschismus in Bezug auf Nationen und Rassen. Der Kapitalismus nun, stellte den Kampf zwischen Kommunismus und Faschismus als Thema dar.

Man hat manchmal das Gefรผhl, Menschen wรผrden mit dem, was sie sagen und schreiben, gerade bezwecken, nicht verstanden zu werden. Es klingt alles so kompliziert und merkwรผrdigerweise geht man, wenn etwas unverstรคndlich bleibt oder den Anschein dazu macht, automatisch davon aus, daรŸ es, fรผr einen selbst, zu kompliziert sei. Je unverstรคndlicher eine Aussage bleibt, desto mehr an noch nicht verstandenem Inhalt wird darin vermutet. Ist das so?

So wie Buddha und seine Anhรคnger ihre Roben aus den Stoffresten der verbrannten Leichen flickten, so setze ich meine Textur aus den Flicken eines imaginierten Lebens zusammen. Und ziehe damit selbstzufrieden und orientierungslos durch die Wรคlder und Dรถrfer dieses Landes.

Derjenige, der sich selbst verachtet, achtet sich immer noch als Verรคchter.

Inspiration ist eine seltene Angelegenheit. Und wenn man selbst weiรŸ, sein eigenes Denken ist abhรคngig von anderen, von ihnen davorstehenden Ideen bestimmt, bleibt Zweifel รผbrig. Die Unsicherheit, sich รผber alles legend, alle Glieder durchdringend, kann gar nicht mehr als isolierter Faktor ausfindig gemacht werden โ€” sie ist da, unaussprechbar, aber alles zeigt auf sie. Alles konzentriert sich nachtrรคglich auf ihre Mitte. Sie legt sich รผber Motive, wie sich die Unschรคrfe รผber Bilder legt und nicht mehr an den gezeigten Dingen selbst ausmachbar bleibt. Es wird gesagt, Ideen die als Inspirationen bezeichnet werden, erschรผfen sich selbst und nรคhmen sich selbst im gleichen Moment wahr. Sie wรคren รผber ihr Auftauchen selbst erstaunt und darรผberhinaus wรคre nichts anzuzweifeln. So wie wir in Trรคumen, im selben Zuge, Erschaffen und Beobachten kรถnnen.

Etwas wirklich Verschiedenes denken โ€” nicht nur die Unsicherheit innerhalb des Bekannten.

Wenn unsere Sprache oder Schrift, bestimmte Gedanken, nur unvollstรคndig ausdrรผcken, was ging allein schon beim Formulieren dieser Idee, dieses Gedankens, an dieser Stelle verloren und welchen Sinn hat dann eine solche, sich selbst in Frage stellende Behauptung? MรผรŸten insofern, Gedanken in ihrem Gehalt, immer รผbertrieben ausgedrรผckt werden, damit deren verlustreiche Formulierung, im Zuge der Reduktion, doch dem rohen Gedanken nahe kommen kann? Was sollte angehรคngt werden, um als berechenbarer Verlust gelten zu kรถnnen?

Ich spiele ein Spiel, dessen Regeln ich nicht vollstรคndig verstanden habe. Kรถnnte ich mich den Regeln dieses Spiels entziehen (natรผrlich, ohne diese zu verstehen)? Oder kรถnnte ich mich nur einer Gegebenheit entziehen, die mir auch bekannt ist? Und welchen Sinn hat es einerseits, zu behaupten, man spiele das Spiel zwar mit, aber nicht nach den, ihm zugrundeliegenden, Regeln? Kenne ich die Regeln nicht vollstรคndig, so kann ich nicht davon reden, รผberhaupt mitzuspielen. Und spielte ich mit, so muรŸ ich denn auch die zugrundeliegenden Regeln kennen. Man stelle sich ein Spiel vor, dessen Ziel es sei, wรคhrend des Spielens neue Regeln fรผr selbiges Spiel zu erfinden.

Befรคnde ich mich nun, innerhalb der Begrenzungen eines solchen Spielfeldes und befolgte ich zufรคllig alle Regeln, ohne mir รผber diesen Zustand bewuรŸt zu sein (zum Beispiel wenn die einzige Regel besagt, still dazustehen und die Augen zu schlieรŸen), so hรคtten alle anderen Spieler das Recht, mich als vollwertigen Teilnehmer anzusehen, oder nicht?

Ich habe mir eine Bahn gelegt, auf der ich, sobald mein Stolplern schlieรŸlich einsetzt, in diesem Zustand, ein kleines und fรผr mich รผberschaubares Stรผck, weiterrutsche.

Ich lehnโ€™ mich kurz zur Seite und erwarte einen StoรŸ.

Die Mauer ist weg, aber nun erst sieht man die dahinter liegenden Grenzen.

Auf zur nรคchsten Grenze.

Hรคtte man die Freiheit, sich einen Schauplatz fรผr eine Revolution auszusuchen, so bediente man sich hรถchstwahrscheinlich zweier Grundszenarien: der Umgebung der Armen oder der, der Arbeit und Produktion. Denn damit hรคtte man umgehend auch jene Subjekte im Fokus, welchen eine solche Revolution zunรคchst zugute kรคme. Diese Art der Geschichtserzรคhlung wรคre jedoch allzusehr eingeschrรคnkt โ€ฆ Und dรคchte ich nun daran, diese abzuรคndern, so finge ich zunรคchst bei mir selbst an.

Ich fange stets mit den Dingen an, die ich einsehen kann und auch einsehe. Ausgehend von dieser Sicht, kรถnnen Skalierungen vorgenommen werden, kรถnnen weitere Rรคume ausgeleuchtet werden, ohne sie dabei als Material verfeuern zu mรผssen. Reflektierte Fluchtpunkte tiefer in die Rรคume hinein verlagernd.

Die Bleistifte werden nicht durch das Schreiben kรผrzer, verbrauchen sich dadurch nur wenig โ€” sie werden durch das Spitzen gekรผrzt, welches das scharfe Schriftbild ermรถglichen soll.

Aus Grundlagen (banalen Mustern, รœberlegungen) zu einem System gelangen oder diese zu einem System formen. Dies sind zwei unterschiedliche Ergebnisse. Das eine ist eine Ableitung zu einem davon losgelรถsten System, ein Sprung auf die Insel, das andere ist wie einen groรŸen Kreis darumherum ziehen, oder einfach alles in eine Kiste stecken und irgendwie beschriften.

Hรคtte ich auch unendlich viele Wรถrter hier in meiner Kiste โ€” ihrer Ordnung mag ich zwar nicht beipflichten, abzรคhlbar blieben sie dennoch.

Meine Position entspricht einer Annahme im klassischen Sinne โ€” ich nehme die Fragmente erst einmal so an, wie sie sind โ€ฆ Ich versuche, ein positiver Mensch zu sein und meinen Erzรคhlungen solange zu vertrauen, als ich eine kritische Position gegenรผber den Genesungsprozessen dieser einnehmen kann.

Es soll so etwas wie ein ยปUuuhhh!ยซ oder ein ยปAaahh!ยซ oder ein ยปOOOhhh!ยซ sein โ€” aber weniger in dem Sinn eines Andere erstaunenden oder sich selbst erstaunenden ยปAaahhs!ยซ, auch nicht im Sinne eines bewundernden ยปOohhhhsยซ, sondern stets in dem ยปUuuhhh!ยซ-schen Sinne. Verstanden als eine โ€บtime-to-study-my-lifeโ€น. Keine Prostitution ist die bessere Lรถsung. Rent a foreigner, he is a social act, the price is correct. Unity without a problem was a dream. โ€” Vor dem Hintergrund der aufgehenden Sonne stehend, ein kleines Feuer entfachen.

Im Grunde ist das Ganze โ€” so konstruiert und zusammenhangslos es sein mag โ€” eine Selbstbetrachtung, die von ihrem Tun nichts wissen will oder so tut, als ob sie keine wรคre. Ein Zerfressen des Subjektes wรคhrend der Selbstbeobachtung. (Nun, so gibt es sich im Inneren: Ein Negieren des Selbst durch sich selbst.)

Doch welche Einsichten ein AuรŸenstehender haben mag, bleibt fรผr jeden solchen offen.

Beinhaltet das Ideal (der teleologische Endpunkt, die Konkretisierung eines Idealzustandes) sein eigenes Idealbild, aus der noch nicht vollkommen realisierten Vergangenheit? Oder ist im Idealzustand kein Idealbild mehr enthalten?

Ich meinte, zurรผckgehen zu kรถnnen und dabei irgendwo anzukommen, wo man vorher schon einmal gewesen war โ€” so als wรคre nichts geschehen, so als bedรผrfte ich all diesen Zusatz gar nicht. Doch das Abgehen dieser Wegepunkte, immer weiter zurรผck, bringt mich nicht mehr dorthin zurรผck. Ich habe mich verlaufen auf diesem Weg. Das Rรผckwรคrtsgehen entlang dieses Weges, ist nicht eine Spiegelung oder eine Modifikation des ursprรผnglichen Weges โ€” es hat den Beigeschmack von Verstellung, von Tรคuschung und nicht zuletzt die Eigenschaften eines von mรผden Charakteren geprobten Schauspiels. Ich merke nun, ich bin die ganze Zeit lang abgelenkt worden โ€ฆ

GewuรŸte Dinge zu vergessen, ist wie in der Zeit zurรผckzugehen. Eine Rรผckwรคrtsbewegung und Kontraktion mit abnehmender Ausleuchtung der Rรคume. Ein Blick rรผckwรคrts durch einen transparenten Schleier โ€ฆ Ich habe auf die meisten Dinge einen Blick geworfen, aber einen unscharfen.

Selbst ein Schlag auf den Kopf, bei dem man so einiges vergiรŸt, kann einem zu denken geben. Ich habe nichts dabei gelernt, aber das sollte schon genรผgen. Wir werden erst aufhรถren, wenn unsere Herzen aufhรถren zu schlagen. Wen interessiert dabei der Kopf?

Einige โ€” sagen wir ruhig: alle โ€” Informationen haben wir nun vor uns liegen. Manche offen, manche verdeckt durch andere, viele รœberlagerungen und Lรถcher dazwischen. Ich warte auf jemanden, der mir einige Stoppschilder und Umleitungspfeile aufstellt.

Die Idee, es wรคre alles leichter, zeigte sich auch alles gleich und unmittelbar, scheitert an der darin enthaltenen Sprechweise vom Zeigen. Denn zeigt sich nicht alles selbst? Die eigentliche Forderung ist doch: Es wรคre alles leichter, zeigte sich uns alles. Ob sich nun etwas sich selbst zeigt, kรถnnen wir solange nicht beantworten, geht uns solange nichts an, bis wir selbst nicht das Zeigende sind, zu ihm geworden sind; bis wir zusammenfallen und einen Standpunkt einnehmen.

Das ist doch selbstverstรคndlich โ€ฆ โ€” wie seltsam dies doch klingt.

Eine Geschichte zu erzรคhlen bleibt die natรผrlichste Art, Informationen zu รผbermitteln โ€” man ist an alles gewรถhnt, ist die Erzรคhlweise, das Spiel mit Narration und Linearitรคt, die ihr innewohnende Dramaturgie gewรถhnt.

Frรผher erzรคhlte man sich Geschichten. Ich erinnere mich, daรŸ mir mein Vater manchmal ein Bilderbuch in die Hand gab und schwieg.

Wenn etwas von alleine aufhรถren kann, warum dann nicht auch von alleine anfangen? So viele Dinge sind nicht hรคngen geblieben, weil man denkt: ยปNicht jetzt; das nรคchste Mal โ€” da paรŸโ€™ ich besser auf und dann ist es, wie beim ersten Mal.ยซ

Die Sentimentalitรคt, welche man dem Leben gelegentlich entgegenbringt, zeigt sich daran, mit welchem Gefรผhl man einen frischen und warmen Laib Brot anschneidet und zugleich die GewiรŸheit darin aufblitzen sieht, die letzten hart gewordenen Reste in ein paar Tagen wegzuschmeiรŸen; oder es jemandem anderen zu geben, zum Beispiel einem Hund.

โ€”Die wir verloren glaubten, sind uns vorangegangen.

โ€”Sie haben unsere Spur aufgenommen. โ€”Du meinst sie folgen uns? โ€”Ja. Sie folgen uns sicher. โ€”Wie Hunde?โ€” Nein, wie Wรถlfe.



trรคume

Ich muรŸ zugeben, es gab Trรคume, die ich anfangs gar nicht hatte โ€” ich schrieb sie mir nur so auf, des Themas wegen, welches ich interessant fand. Ich verpackte eine Idee in die Form eines Traumes, so wie man Waren verpackt, um sie vor den Gefahren des Transportes zu schรผtzen. (Es gibt Unternehmen, die ihr Geld mit der Produktion und dem Vertrieb von Verpackungsmaterial verdienen. Und selbst diese Verpackungen werden fรผr ihren Transport verpackt, da sie Ware und nicht Hรผlle sind. Doch man entledigt sich ihrer rasch nach dem Kauf.) Doch dies gehรถrt hier nicht mehr dazu.

Aber dann wurden diese zu meinen und ich trรคumte sie doch so รคhnlich. Ich hรคtte das Geschehen auch durchaus genau so wieder aufschreiben und ausformulieren kรถnnen, aber das hatte ich ja vorher schon getan. Nun sind die Trรคume Ausdruck der Beschreibung. Die Dinge scheinen mich verรคndern zu wollen.

Ich hatte getrรคumt, jemanden zu fotografieren. Ich erinnere mich, daรŸ dies der Anfang meiner Trรคume war.

Als ich sie (die eine) fotografieren wollte, war das unmรถglich โ€” sie entzog sich stรคndig der Kamera und ich konnte kein Bild von ihr machen. Von einer anderen aber war es viel einfacher ein Bild zu machen. Sie stand sogar nackt vor mir um fotografiert zu werden. Was war das fรผr ein Unterschied zwischen den beiden! Das alles passierte einige Tage nachdem mir die Polaroidkamera (es war eine โ€บPolaroid Lightmixer 630 SLโ€น) geschenkt wurde. Komisch, dieser Name: Lichtmixer. So als ob der Hersteller darauf hinweisen wollte, daรŸ die Kamera irgendwie das Licht vermischt und dann erst ein Bild macht โ€ฆ aber wieso Licht vermischen, zusammenfรผhren? Es gibt doch nur ein Licht. Wahrscheinlich ist der Blitz gemeint, den man nicht ausschalten kann; aber man kรถnnte ihn รผberkleben, wenn man kein Blitzlicht wรผnscht โ€” aber dann ist das Pola wahrscheinlich stark unterbelichtet, da das Gerรคt immer davon ausgeht, daรŸ das Licht des Blitzes stets zu dem natรผrlichen Umgebungslicht dazukommt. Egal, wie das auch sein mag: Ich hatte viel SpaรŸ bei dem Fotografieren, habe den Blitz aber nie รผberklebt.

Ich trรคumte, in einem auslรคndischen Laden fรผr gebrauchte Kleidung zu sein. Ich befand mich im Inneren des Ladens und die Verkรคuferin gab mir zu verstehen, ich solle erst meine Jacke ablegen und dann weitergehen, um mich umzuschauen. Ich gab sie der Frau โ€” diese sagte daraufhin etwas freundliches zu mir (zumindest sagte sie etwas in einem freundlichen Ton) โ€” und ich ging an den zahlreichen Kleiderstรคndern mit den unterschiedlichsten Bekleidungsstรผcken vorbei. Ich fand eine Jacke, die meiner รคhnlich sah, probierte diese an und war darรผber erstaunt, daรŸ sie von der gleichen Art war, wie meine eigene โ€” nur etwas moderner und sportlicher im Aussehen. Am Kragen hatte sie sogar eine herausnehmbare Regenkaputze, welche transparent war. Ich stรผlpte sie mir รผber den Kopf und dachte, falls es regnen wรผrde, kรถnnte ich davor geschรผtzt sein und gleichzeitig hindurchschauen und sehen, wie die Tropfen auf den transparenten Kunststoff herunterprasseln. Ich erinnere mich, mit dieser, fรผr mich neuen aber fรผr jemand anderen gebrauchten Jacke an meinem Kรถrper, auf die StraรŸe hinausgegangen zu sein und mich in die Menge der Passanten eingegliedert zu haben.

Diese Szene โ€” mein Heraustreten โ€” beobachtete ich von schrรคg oben. Meine Sicht auf die engen StraรŸen dieser Altstadt wurde durch spitze Giebel und Dรคcher verstellt, wรคhrend mein Blick sich langsam von dem Strom der Leute lรถste und diese triste Szenerie, in vรถlliger Gelassenheit und Normalitรคt, zurรผcklieรŸ.

Im Nachhinein wird mir bewuรŸt, daรŸ dies eine bekannte hollรคndische Stadt gewesen war.

Ich trรคumte, ich hatte Gold und dieses in einem kleinen Loch im Wald versteckt โ€” am nรคchsten Tag, fand ich dort etwas anderes vor. Doch woher ich das Gold รผberhaupt hatte, war mir nicht bewuรŸt; meine Taschen waren โ€” glaube ich โ€” voll und davon ganz schwer. Ich zweifelte plรถtzlich, ob ich dieses Andere, was mir wie eine Ware erschien, tatsรคchlich als Getauschtes fand, welches mir jemand gegen mein Gold, heimlich und fast spurlos ersetzt hatte โ€ฆ denn zuerst hatte ich diesen Eindruck. Jetzt denke ich, daรŸ es vielleicht gar niemanden Anderen gab, der รผberhaupt sowas wie Ware hatte und immer auf der Suche nach Lรถchern war, in denen er diese gegen aufgefundenes Gold tauschte. Konnte es nicht sein, daรŸ sich das Gold jedes Mal (vielleicht durch Lichtmangel, oder durch Kรคlte oder Luftfeuchtigkeit etc.) รผber Nacht in etwas verwandelte โ€” in etwas anderes? Oder sich zurรผckverwandelte in Gold aufgrund eines direkten Mangels? Oder immer, wenn ich mich von ihm entfernte?

Ich hatte gar nicht erwartet, dort etwas anderes zu finden. Es war mir gleichgรผltig, was ich dort fand, ich war aber aufgrund der รœberraschung gut gelaunt โ€” ich dachte aber gleich daran, daรŸ ich das nรคchste Mal durchaus enttรคuscht und verรคrgert darรผber sein kรถnnte. Jetzt, da ich meinte, das Spiel zu begreifen, bestand die Gefahr dabei, auch etwas in diesem Akt zu verlieren und nicht mehr das herauszubekommen, was man hineingesteckt hatte. Oder hatte ich nur Angst davor, dem Akt des Tauschens und seiner RegelmรครŸigkeit zu viel Bedeutung zu schenken und es gewรถhnlich werden zu lassen? Irgendwann kรถnnte ich womรถglich beide Enden des Aktes โ€” mein รผberflรผssiges Gold auf der einen Seite und das Getauschte auf der anderen Seite โ€” vรถllig voneinander abkoppeln und mich dann nur noch auf das Tauschen an sich konzentrieren.

Ich denke mir: Was Alchemisten einst ertrรคumten, dafรผr bรผrgt mittlerweile ein einfaches Stรผck Papier. Es ist Geld. Begleitet aber auch von einer Wandlung von der Schรถnheit des Tausches zum Kalkรผl der Sorge. Fiktionen tauschen die Besitzer.

Ich trรคumte, mittels einer Gleichsetzung einen Umschwung bewirken zu kรถnnen; damit kรคme ich von einer Seite auf die andere. Ich erinnere mich aber auch, mir nicht sicher gewesen zu sein, dies nicht schon vorher getrรคumt zu haben.

Ich trรคumte, etwas von dem ich nichts wuรŸte, sei passiert. Und erst im Traum und in der Erinnerung daran, wuรŸte ich nun davon. Etwas bereits Geschehenes hat mich รผberholt und nun werde ich dieser Tatsache gewahr. Ich bin erstaunt, es auf diesem Wege zu erfahren.

Ich trรคumte von Wรถrtern. Wรถrter, die aus kleinen Buchstaben zusammengesetzt waren und an einer Tafel klebten, so wie die groรŸen Wรถrter in der GrรผnewaldstraรŸe, deren Buchstaben sich zu einem Knรคul zusammendrรคngten und sich jeweils in ein einzelnes Symbol verwandelten. Es gab auch Kombinationen in der Form, daรŸ unter den Symbolen kurze, lange, geschwungene Striche waren, davor Haken, Punkte, Wellen etc.

Ich trรคumte, in einem kleinen und vollkommen dunklen Zimmer gewesen zu sein, in dem alles was gesagt wurde, nur entweder wahr oder falsch war. Ja, es war vollkommen dunkel und trotzdem bin ich mir sicher, daรŸ es ein Zimmer war und dieses Zimmer habe ich als leer empfunden โ€” das weiรŸ ich einfach so, es war mir gegeben, ohne daรŸ ich dies natรผrlich irgendwie hรคtte nachprรผfen kรถnnen in der Dunkelheit (auรŸerdem dachte ich im Traum nicht daran); dafรผr hรคtte ich das Licht einschalten mรผssen und dafรผr hรคtte es Strom gebraucht und so weiter. Es wรคre von ganz woanders etwas Fremdes hinzugekommen.

Alles, was gesprochen und gedacht wurde, war automatisch wahr oder falsch, so als ob es nur diese beiden Zustรคnde geben kรถnne. Ich weiรŸ noch genau, daรŸ ich wรคhrend meines Traums diese Idee hatte und sie unbeabsichtigt leise und wiederholend vor mir hermurmelte. Nur weiรŸ ich nicht, ob sie wahr oder falsch war in dem Moment. Wie kรถnnte ich dies herausfinden?

Ich hatte das Gefรผhl, es gรคbe ein Gelรคnder irgendwo hier drin, dessen glatte Stange ich umgreifen kรถnnte und deren Verlauf ich eine Weile folgen kรถnnte โ€” obwohl ich gar nicht aus dem Zimmer heraus wollte, hoffte ich, diese Fรผhrung wรคre geschwungen und mit einem anderen Raum verbunden; vielleicht sogar mit einem anderen Stockwerk. Mir kam der Gedanke, daรŸ andere darauf Turnรผbungen und Klimmzรผge machen kรถnnten (vielleicht sogar, unmittelbar neben und unbemerkt von mir, ein anderer), aber diese Bilder kenne ich nur allzu gut aus dem Fernsehen, wenn die Olympischen Spiele รผbertragen werden. Deshalb kam mir vermutlich auch dieser Vergleich in den Sinn.

Ich trรคumte, aus einem Raum (war es eine Hรผtte?) auf die StraรŸe hinauszugehen und mit meiner mir zugewiesenen Aufgabe zu beginnen. Ratlos stand ich da, blickte zuerst dahin zurรผck, wo ich hergekommen war, dann auf den Boden, bรผckte mich schlieรŸlich hinunter und begann aus der Hocke heraus mit einer Hand zwei Zigarettenstummel aufzulesen. Ich wurde hinausgeschickt um welche aufzusammeln โ€” der Grund dafรผr war mir nicht bewuรŸt, ich bedachte ihn im Traum auch nicht.

Meine Situation erinnerte mich daran, wie Obdachlose dies tun, um sich aus den aufgesammelten Resten, wieder neue Zigaretten zu drehen. Doch die ersten, von mir aufgelesenen Stummel, waren fast unverbraucht, nur an ihren Spitzen angezรผndet und davon angeschwรคrzt; und damit sah ich meine Aufgabe als erledigt an. Ich ging damit ebenso ratlos in den Raum zurรผck, verwundert, nicht noch weitere suchen zu mรผssen. Jetzt denke ich, es war einfach nur Pech, daรŸ ich mich mit dieser Aufgabe nicht beweisen konnte.

Ich trรคumte, wir fรผhren in einem Zug. Sie saรŸ links neben mir, uns gegenรผber saรŸ eine andere und an ihrer rechten Seite ein Rumรคne, dessen volle Plastiktรผte mit Salat ich in meinen Hรคnden hielt. Er sprach Rumรคnisch; ich konnte ihm nicht antworten, da ich die Sprache nicht sprechen konnte. Das einzige, das ich ihm sagen konnte, war: ยปNu mai stiu sa vorbesc romaneste.ยซ Sie allerdings unterhielt sich angeregt mit ihm, wรคhrend ich aus seiner Salattรผte den ganzen Rest aufaรŸ. Ich verstand, was er sagte und leitete es an sie weiter, ganz selbstverstรคndlich. Er erzรคhlte, daรŸ seine Familie sehr wenig zu Essen habe und so weiter. DaรŸ ich seine Tรผte unbekรผmmert leerte, machte mir in diesem Augenblick ebensowenig aus, als allen anderen auch. Niemand bemerkte etwas.

Wir fuhren eine breite StraรŸe etwas hรผgelaufwรคrts entlang โ€” womรถglich waren wir gar nicht in einem Zug, sondern in einem Reisebus โ€” und ich erblickte ein stattliches Sandsteingebรคude, eine Gaststรคtte, mit dem Wort โ€บFischerโ€น im Namen. Eine deutsche Gaststรคtte in Rumรคnien, denn spรคtestens jetzt ist sicher, daรŸ wir dort sein mรผรŸten.

Spรคter โ€” es war, als ob wir Schauspieler wรคren und wieder einmal die Vorstellung hinter uns gebracht hรคtten โ€” stand ich abseits unserer Gruppe, hinter den schweren, dunklen Vorhรคngen der Kulissen im Dunklen und hatte eine Plastikschรผssel mit ihrem Salat in der Hand, von dem ich auch einiges aรŸ. Dabei รผberkam mich ganz plรถtzlich ein unwohles Gefรผhl und ich begann, einiges von dem schon sehr welken und teils trockenen Salat fรผr den Rumรคnen aufzusparen, um ihm diesen nachher zu geben.

Ich glaube die Gaststรคtte hieรŸ โ€บPeter Fischerโ€น aber so genau kann ich das nicht sagen.

Ich trรคumte, ich ging mit Peter spazieren und als wir am Kanal, hinter der HolbeinstraรŸe entlang gingen und die Fische im Wasser sahen, sagte ich zu ihm: ยปSieh nur, wie die Fische sich im Wasser tummeln! Das ist Ausdruck ihrer Freude.ยซ Da sah mich Peter kritisch an und sagte: ยปWie kannst Du das wissen? Wie kannst Du denken, diese Fische empfรคnden irgendeine Art von Freude?ยซ Da entgegnete ich ihm: ยปWie kannst Du wissen, daรŸ ich es nicht weiรŸ?ยซ Ich vergegenwรคrtige mir, daรŸ unser Gesprรคch fast Wort fรผr Wort so verlief. Wir hielten uns auf einem allgemeinen Platz direkt am Wasser auf.

Ich trรคumte, ich war in einem groรŸen und dunklen, von vielen unterschiedlichen Menschen gefรผllten Saal, an dessen einem Ende sich eine recht kleine und schlecht beleuchtete Bรผhne befand. Die Stimmung war gut, ja fast feierlich (obwohl ich nicht daran teilnahm, so wie es alle anderen mit groรŸer Begeisterung taten).

Auf dieser Bรผhne stand ein Mann, der einige Zeit lang etwas redete und dann den nรคchsten Gast vorstellte und dieser dann unter groรŸem Beifall seine Stelle einnahm, wรคhrend sein Vorgรคnger frรถhlich winkend die Bรผhne verlieรŸ. Dieser sprach auch รผber Dinge, an die ich mich nicht mehr erinnern kann, und stellte den nรคchsten Gast vor. Es kam sogar vor, daรŸ jemand den letzten Sprecher wieder ansagte und dieser dann wieder den gleichen, so wie eine kurze Verwirbelung oder eine Rรผckwรคrtsbewegung innerhalb dieses Verlaufs. Und ein jeder neuer Gast hatte stets dieselbe Aufgabe: angesagt zu werden, auf die Bรผhne zu kommen, kurz fรผr das Publikum รผber etwas zu reden (manche sangen aber auch) und dann den nรคchsten Gast anzusagen โ€” so kam es mir vor. Es war eine endlose und sinnlose Kette von Einfรผhrungen und Unterbrechungen; aber die anderen Leute merkten dies gar nicht und jubelten stets von neuem.

Wรคhrend des Traumes bemerkte ich dies gar nicht, ich war ja daran unbeteiligt und nahm die Dinge einfach so hin, wie sie sich abspielten und hielt es fรผr einen ganz normalen, unauffรคlligen Vorgang. Aber nun frage ich mich, ob ich nicht doch im Traum richtig lag mit dem Gedanken, es sei alles in Ordnung gewesen (die Struktur als intakt zu sehen!) und nicht, so wie jetzt im Nachhinein, es fรผr eine sinnlose Abfolge von jeweils anderen Auftritten zu halten. Immerhin kรถnnte ich nicht gewuรŸt haben, daรŸ dies keine Aneinanderreihung von Auftritten war, sondern eine Verschachtelung und damit nur ein einziger. Es schien mรถglich, daรŸ dies keine aufeinanderfolgende und gleichberechtigte Sequenzen seien, sondern ein einziger, in sich geschlossener Vorgang gewesen, dessen Anfang ich leider nicht mitbekommen hatte und weshalb ich nun dermaรŸen unterschiedlich รผber die grundsรคtzliche Art dieses Schauspiels zu denken veranlaรŸt bin.

Ich hatte nicht nur nicht den Anfang nicht mitbekommen, sondern das Ende ebenso nicht. Ich kann nicht mehr entscheiden, ob es hilfreich und angebracht wรคre, Schnittmarken einzufรผgen, zu teilen, die Teile zu ordnen, รœbergรคnge zu definieren etc. Und wenn dies gemacht werden wรผrde, so scheint es doch auf beide Arten gleichermaรŸen angewandt werden zu kรถnnen. Mir kam die Frage, an welchem Ort, in welcher Stadt dies alles passierte und dann fragte ich mich, ob es eine Verbindung zwischen solchen Veranstaltungen geben kรถnnte โ€ฆ

Ich trรคumte, nachdem ich am Vorabend in einem Buch gelesen hatte, ein Soldat eines rรถmischen Lagers gewesen zu sein, in dessen Umfang ein Apfelbaum eingeschlossen war. Und des folgenden Tages, als unser Heer wieder aufbrach, fand der Eigentรผmer die ร„pfel auf seinem Baum โ€” so reif und wohlschmeckend sie auch waren โ€” alle wohlgezรคhlt wieder. Ich dachte mir im Traum, ich mรถchte nach diesem Beispiel mit den Frรผchten der Philosophie verfahren und ihren Baum unangetastet lassen โ€” auch wenn sie ungepflรผckt herunterfallen mรถgen und verfaulten. Wer ist der Eigentรผmer solcher Frรผchte?

Ich trรคumte, in einem Geschรคft gewesen zu sein; es war kurz vor LadenschluรŸ. Und wรคhrend ich herein kam und automatisch meine gewohnte Runde drehen wollte (gegen den Uhrzeigersinn), bemerkte ich eine Verรคnderung. Ich meinte, die Anordnung der Waren sรคhe anders aus, als ich es in Erinnerung hatte: Alles war nun zum Eingang, an die rechte Seite hin, vorgelagert gewesen und die mir eingeรผbten Wege und die Positionen der Waren, sowie die Proportionen des Baus, hatten ihre Gรผltigkeit verloren. Ich ging dennoch so weit hinein, wie ich konnte und recht bald, nach einigen Schritten, kam ich auch schon an die Kasse, an der eine Frau saรŸ und mir erklรคrte, es werde einiges umgerรคumt, aber ich solle mich davon nicht stรถren lassen. Es war alles wie sonst auch, nur die Kasse war diesmal mitten im Geschรคft. (Sie war natรผrlich immer noch die Begrenzung zwischen dem Gerchรคft und dem AuรŸenbereich โ€” rรคumlich befand sie sich eben im Zentrum des Baus.) Ich kรถnne trotzdem nach wie vor alle Waren kaufen, ich mรผsse ihr nur diese benennen und sie wรผrde sie dann fรผr mich holen. Aber es war nicht so; das Geschรคft war einfach durch die neu positionierte Kasse plรถtzlich zweigeteilt: der Bereich davor, in dem es nur wenige Waren gab (Obst und Gemรผse, Getrรคnke) und dann der Bereich dahinter, der immer noch so aussah wie vorher, nur mit dem Unterschied, daรŸ ich ihn nicht betreten konnte, sondern die Kassiererin in meinem Auftrag die Waren aus dem Sortiment zusammensuchte. Ich meinte zu ihr, ich wolle keine Umstรคnde machen, schlieรŸlich sei es ja schon kurz vor SchlieรŸung und ich kรถnne ja am nรคchsten Tag kommen โ€” hinter mir warteten schon geduldig einige รคltere Menschen. Aber sie bestand freundlich darauf, gesagt zu bekommen, was ich noch zusรคtzlich zu den Sachen wรผnsche, die ich aus dem kleinen Vorderbereich selbst mitgenommen hatte. Ich sah aber nicht sehr weit in den Raum hinein und konnte mir auch nicht merken was sonst noch im Angebot des Marktes war, also nahm ich einfach nur eine kleine SรผรŸigkeit, die in Augenreichweite hinter der Frau stand und die mir zufรคllig in den Blick kam. Das tat ich weniger aus Bedรผrftigkeit, als vielmehr aus dem Gefรผhl heraus, ihr einen Gefallen damit zu erweisen. Ansonsten wรผnschte ich nichts mehr und ging. Ohne durch den Laden zu gehen und die Dinge zu sehen, konnte ich nicht sagen, was ich noch kaufen wollte.

Im Nachhinein bemerke ich, wie selbstverstรคndlich diese Prozedur fรผr die Frau gewesen war (sie bestand ja schlieรŸlich darauf, mich nicht beirren zu lassen und weitere Waren zu ordern) und ich frage mich, ob dies nicht sowas wie ein Test oder ein Modell fรผr zukรผnftige Einkรคufe gewesen sein kรถnnte. Es schien so, als ob sich fรผr mich etwas geรคndert hatte, aber nichts fรผr die Verkรคuferin.

Ich trรคumte, ich kam durch die untere Eingangstรผr (jene, die der StraรŸe zugewandt war; nicht die in den Innenhof fรผhrende) in den Flur unseres Hauses, dort wo die Briefkรคsten auch sind. Dabei bemerkte ich wie ganz nebensรคchlich, daรŸ mein Name, drauรŸen auf dem Klingelschild, wieder einmal von jemandem unkenntlich gemacht wurde. Die Schrift war zerkratzt โ€” ich wuรŸte, es war mein Name darunter und deshalb reichten auch die von Hand darรผber, besser: dazwischen sich drรคngenden Kratzer vรถllig aus, um den Namen noch lesen zu kรถnnen. Fรผr jemand anderen, jemanden, der die vorherige, komplette Schrift nicht kannte, oder der ganz einfach schlecht sah, muรŸte dies natรผrlich einen befremdlichen Eindruck machen โ€” dachte ich โ€” ganz so, als gรคbe es den Namen ganz und gar nicht mehr (obwohl er ja nur teilweise von Kratzern verdeckt war) oder so, als wรคre jemand ausgezogen und mรผsse nun aufgrund dieser schnell und bรผrokratisch vorgenommenen Aktion innerhalb der Gemeinschaft von Namen an diesem Klingelschild gar nicht mehr beachtet werden. (Jetzt kommt mir ein seltsamer Gedanke: Denn entweder ich lieรŸ es einfach so sein und die Schrift wรผrde, durch die des nรคchsten Mieters, ersetzt werden oder ich ersetzte meinen eigenen Namen โ€ฆ) Es hatte eine besondere Bedeutung fรผr mich, denn ich nahm an, jemand wรผrde mich besuchen kommen in nรคchster Zeit.

DrauรŸen war es hell und sonnig, der Flur war kรผhl und dunkel. Ich traf einen anderen Herrn, der einige Etagen รผber mir wohnte, den ich aber immer nur im Vorbeigehen sah oder DrauรŸen, sich mal dem Haus nรคhernd, mal von diesem entfernend. Er hatte einen, etwas aus der Mode gekommenen Kleidungsstil mit viel Jeansstoff, trug lรคngere Haare und sprach ganz undeutlich, einige quadratische Papierstรผcke in der rechten Hand haltend und sagte mir, wรคhrend er dabei seinen Briefkasten aufโ€“ und zuschloรŸ und noch mit anderen Dingen beschรคftigt zu sein schien, er wolle jedem Bewohner eines davon geben. Auf dem obersten Stรผck, erkannte ich die Form des Schreibens: Es gab links oben einen dreizeiligen Teil mit dem Namen und der Adresse des Absenders (in diesem Fall war es eine Frau; seine Frau, nehme ich an) und dann mit einigem Abstand darunter einen Text โ€” alles war handschriftlich verfaรŸt worden. Obwohl ich nur Bruchstรผcke seiner Worte tatsรคchlich verstand, war mir klar, er wollte ein System im Haus etablieren โ€” irgendwie mit Buchstaben, welche auf die Bewohner verteilt werden โ€” welches die Leute nacheinander ablรถsen sollte, in irgendeiner Art von Verantwortung. Ja, er sagte sogar: ยปDies ist doch besser, dann hat jeder einmal die Verantwortung.ยซ oder sowas ร„hnliches.

Das Hauptprinzip war das der Ablรถse und Weitergabe. Ich verstand, wie es funktionieren sollte: Jemand zum Beispiel bekommt etwas, welches er dann einem anderen weitergibt; diesen Erkennungsgegenstand gibt es nur einmal und somit weiรŸ man etwas, wenn man diejenige Person findet, welche ihn gerade hat. Es schien irgendein Problem gegeben zu haben, was ihn veranlaรŸte, sich eine solche Regelung zu รผberlegen und diese hier in der Anwendung zu testen Oder kannte er ein solches, bereits funktionierendes System vielleicht von jemand anderem, einem anderen Haus und meinte, hier etwas verbessern zu kรถnnen?

Ich nahm mir, den guten Willen meines Mitbewohners unterstรผtzend, ein Blatt davon mit, obwohl ich mir sicher war, es wรผrde nicht funktionieren โ€” denn dazu wรคre es das Beste, alle Bewohner machten mit. Aber ich dachte, es gรคbe mit Sicherheit einen, der nicht daran teilnimmt โ€” ob ihm dies reichen wรผrde?

Ich kam an meine Eingangstรผr, sie war zu, aber nicht verschlossen. Es รผberrraschte mich gar nicht mehr, es wartete auch niemand mehr auf mich โ€” ich ging in das Zimmer und sah einige Dinge verstreut herumliegen. Scheinbar (und erstaunlicherweise) fehlte nichts. Ich nickte bei diesem Anblick automatisch und ich erinnere mich, kurz nach dem Aufwachen รผberlegt zu haben, ob es einen Unterschied gรคbe zwischen jemandem, der in eine Wohnung einbricht, um etwas herauszunehmen, was vorher darin war und jemandem, der mit dem Ziel, dort etwas zurรผckzulassen, in eine Wohnung einbricht. Beides wรคre gleichermaรŸen verboten und hรคtte dieselbe erniedrigende Wirkung. Fรผr die einen wรคre es sicherlich besser, sie wรผrden bestimmte Dinge nach einem Einbruch in ihrer Wohnung zusรคtzlich vorfinden โ€” Dinge, die sie zum Beispiel dringend brรคuchten; dies wรคre eine Situation, die vielleicht die wenigsten als Schaden angeben wรผrden. Oder einen fremden Personalausweis etwa. Und fรผr die anderen wรคre ein Diebstahl in gewissen Fรคllen vielleicht ebenso vonnรถten, da sie sich dieser Dinge niemals aus eigenem Antrieb entledigt hรคtten oder sie sich ihnen auf die Dauer als schรคdlich erwiesen.

Die Frage nach der Bedeutung der Akkumulation oder Reduktion von Hab und Gut hatte ich mit Sicherheit nicht im Traum bedacht; sie ist auch der Frage, nach dem davor stattfindenden Akt des Eindringens, an sich nachgestellt, egal ob dieser mit guten oder schlechten Absichten stattfand โ€ฆ Hรคtte sich nun also jemand etwas aus der Wohnung genommen, aber nicht mittels eines Einbruchs etwa, sondern auf andere Art und Weise, durch einen gemeinsamen Bekannten, einen Freund oder gar vielleicht durch tรคgliche Prรคsenz in dieser Wohnung; und wรผrde nun dieser jemand wollen, daรŸ diese Beschaffungsart nicht auffรคllig sei, so kรคme ihm ein nachtrรคglicher Einbruch, bei dem gar nichts entwendet wird, sehr willkommen. Oder wรผrde dennoch etwas entwendet werden bei einem Einbruch ohne Diebstahl? Diese Handlung wรคre nun AnlaรŸ genug, alle benรถtigten Personen, Orte, Gegenstรคnde, zeitliche Abfolgen, Motive etc. so zu fabrizieren, daรŸ der vorherige Diebstahl, ohne den Einbruch unplausibel, konstruiert oder gar nicht bemerkbar bliebe.

Es ist dieser kurze Moment, in dem die Ritze sichtbar wird und man bemerkt, daรŸ es einen Spalt zwischen der Tรผr und dem Tรผrrahmen gibt, welcher dann AnlaรŸ zur Spekulation gibt, welcher die Lรผcke zwischen der รคuรŸeren und der inneren Welt deutlich macht. โ€” Ich frage mich nun, ob die Frau dieses Herrn auch hier in dem Haus wohnte oder ob er alleine war, denn ich kann mich erinnern, ihn regelmรครŸig mit einer Frau gesehen zu haben. Ja, manchmal hatte er eine (und sogar die gleiche) Begleitung, aber daraus war nicht klar, ob diese Frau auch mit ihm zusammen, in der gleichen Wohnung, leben wรผrde.

Ich trรคumte, ich wรคre mit meinen Eltern und mitten in diesem Zusammensein fragte meine Mutter unvermittelt mit freundlich-fragender Stimme: ยปWollt ihr ein Spiel spielen?ยซ, so wie sie das รถfters frug. Und alsbald war auch schon eine Schachtel da, eine von jenen, in denen hundert Spiele zusammengefasst sind fรผr Spieler von 8 bis 88 Jahren.

Aber wie sonst immer (auch wenn sie am Weihnachtsabend frug, ob wir denn in die Mette gehen wollten), sagten wir, ich und mein Vater, eigentlich immer ich und damit sprach ich aber auch fรผr ihn: ยปneinยซ. Mir war, als ob diese Schachtel, mit all ihren Spielen, so etwas wie ein Neuanfang bรถte, eine Art und einen Weg, neben dem Spielen zu Reden. Eine Ausrede. So als ob mit dem Spielen alle Probleme verschwinden kรถnnten. Das nรคchste Mal, sage ich vielleicht: ยปjaยซ. Auch wenn ich nur mit meiner Mutter spielen wรผrde.

Ich trรคumte, ich kam nach Hause, so wie ich es viele Male zuvor auch gewรถhnlich tat und ich fand meine ganzen Sachen auf dem Rasen, in der freien Zwischenflรคche zwischen den Gebรคuden, stehen und liegen, direkt neben dem Sandkasten und der aufgehangenen Wรคsche. Es hatte den Anschein, jemand hรคtte meine Wohnung ausgerรคumt und alles, was sich darin befand, drauรŸen wieder in ihrer ursprรผnglichen Anordnung aufgestellt. Ich ging zu den Gegenstรคnden, in ihre Mitte hinein und ich fรผhlte mich โ€” im Nachhinein muรŸ ich sagen: seltsamerweise โ€” wie zu Hause, obwohl ich wuรŸte, jedermann kรถnnte mich von Innen betrachten, aus ihren eigenen kleinen Innenrรคumen heraus fixieren und beobachten. Ich sah Gesichter aus ihren Wohnungen, aus den Fenstern heraus auf den Platz schauen, wo ich nun ganz selbstverstรคndlich auf dem Sofa lag, auf dem ich sonst tagsรผber in meiner Wognung saรŸ. Es wurde dunkel und ich akzeptierte, daรŸ ich nun hier bleiben wรผrde, zumindest fรผr diese Nacht. Ich muรŸ eingeschlafen sein, denn hinterher wurde mir klar, daรŸ niemand die Sachen und Mรถbel herausgestellt hatte, sondern die Hรผlle, die Wรคnde drumherum, wie bei einer Glocke abgenommen, hochgezogen wurde und alles an seiner ursrรผnglichen Position geblieben war.

Ich trรคumte, ich wรคre jemandem gefolgt. Ich bewegte mich, mal nach rechts, mal links herum durch die Zimmer und Flure, eines mir unbekannten Hauses. Mein Blick folgte meinen Augen und sobald ich in einem Zimmer ankam und mich umschaute โ€” einer kurzen Pause gleich โ€” nahm ich die Spur wieder auf und alles begann wieder von vorne. Es waren zwei nebeneinander unregelmรครŸig verlaufende Schleifspuren, die mich dazu veranlaรŸten auch diese Tรผr zu รถffnen. Jedes Mal, wenn ich den Spuren weiter folgend, in einem Zimmer ankam, schloรŸ ich immer wieder eine weitere Tรผr auf.

Im Nachhinein frage ich mich, ob ich nicht an jemanden dachte, der einen Anderen โ€” vielleicht einen Verletzten oder eine Leiche, etwas Schweres und Trรคges zumindest โ€” hinter sich herzog. Und die Spuren wรคren dann โ€” in dieser Version โ€” die der Schuhe des Gezogenen gewesen. Ich wuรŸte gar nicht, was meine Aufgabe gewesen und was der Grund dafรผr war, diese Verfolgung aufzunehmen oder gar fortzufรผhren.โ€œ

Ich trรคumte, in einer groรŸen Halle zwischen Regalen, die von unzรคhligen, symmetrisch angeordneten Neonrรถhren beleuchtet wurden, jemandem gegenรผber zu stehen. Diese Frau war meine Vorgesetzte und frug mich einige Dinge, scheinbar um den korrekten und zufriedenstellenden Ablauf meiner Tรคtigkeit zu รผberprรผfen. Ich fรผhlte mich dabei unterbrochen, lieรŸ davon ab und begann mich mit ihr zu unterhalten.

Die unzรคhligen Kontrollfragen wurden dabei von ihr in einem knappen und unfreundlichen Ton an mich gestellt, aber ich wuรŸte auch, daรŸ dies Teil ihrer Arbeit war und nichts mit uns als Personen zu tun hatte. Ich begann, das Interesse daran zu verlieren und fing an die Fragen zu wiederholen, nachzufragen, wie es denn gemeint sei, lieรŸ sie die Fragen anders formuliert wiederholen oder รผberlegte unnรถtig lange, bis ich ihr antwortete. Dann stellte ich mich dumm, sagte nichts mehr und versuchte irgendwie auf die Ergebnisse meiner Arbeit zu verweisen, auf irgendwelche Daten und Statistiken, an denen sie dies ebenso ablesen hรคtte kรถnnen und wollte in Ruhe gelassen werden. Und dann verlor sie die Geduld und zum SchluรŸ, als sich die Situation zugespitzt hatte, sagte sie abschlieรŸend noch eine Sache zu mir, die fรผr mich eine persรถnliche Beleidigung war, die nun gar nichts mehr mit ihrem anfรคnglichen Anliegen zu tun hatte.

Sie ging weg und ich wuรŸte, ich war hier, in meiner alten Position, nicht mehr erwรผnscht. Mein Ausweichen, mein Verweigern, veranlasste sie dazu, mir einen ehrlicheren Kommentar zu geben, den ich sonst nicht zu Ohren bekommen hรคtte. Diese kรผnstlich provozierte Bemerkung lieรŸ mich mehr รผber mich erfahren. Mir schien, dies sei der Preis fรผr eine solche Erkenntnis gewesen.

Das merkwรผrdige daran war aber, daรŸ sie selbst bei dieser abschlieรŸenden Beschimpfung, einen fรผr uns beide typischen Fachterminus benutzte und es mir nicht einfach in Deutsch sagte.โ€œ

Ich trรคumte, jemand, der mein Vater sein kรถnnte, kam herein und rief uns zu, wรคhrend wir drinnen spielten: ยปSchnell Kinder, das Haus brennt! Rennt heraus! Wieso merkt ihr denn nichts?ยซ Wir nahmen ihn aber nicht ernst und spielten weiter mit unseren Puppen, Baggern und Bussen. Dann plรถtzlich meinte er, drauรŸen gรคbe es noch viel mehr und viel schรถnere Dinge zum Spielen. Wir eilten alle nacheinander durch die einzige Tรผr des lodernden Hauses nach auรŸen.

Selbst das mit dieser Geschichte Gemeinte bleibt ein Traum.โ€œ

Ich trรคumte, wir wรคren alle auf groรŸer Schatzsuche und reisten gemeinsam in die Ferne. Alle waren sehr mรผde und keiner auรŸer dem Reiseleiter wuรŸte, wie lange die Reise noch dauern wรผrde โ€” geschweige denn wo der Schatz vergraben wรคre. DaรŸ es diesen gab, wurde uns vor dem Reiseantritt aus tiefstem Herzen versichert.

Plรถtzlich kamen wir zu einer Stadt, erholten uns, bekamen aber nach der Pause von unserem Leiter gesagt, er hรคtte diesen Ort durch Magie entstehen lassen. Er hรคtte zudem einseitige Kulissen von seinen Helfern aufbauen lassen, da das Ziel noch in der Ferne sei und sich sowieso keiner von uns so weit weg bewegen wรผrde, daรŸ die AuรŸensicht der Kulissen sichtbar wรผrden. Unsere Raststรคtte sei nur eine Zwischenstation und eine Zauberei.

Wir waren alle enttรคuscht, manche gar verรคrgert, aber sehr ausgeruht; und nach einiger Zeit legte sich unsere Enttรคuschung, samt Frust und wir reisten weiter.โ€œ

Ich trรคumte des รถfteren beim Arzt gewesen zu sein und ihm von meiner Krankheit zu berichten. Er diagnostizierte zuerst die โ€บSeinskrankheitโ€น, denn ich glaubte alles sei โ€” er gab mir ein bestimmtes Heilmittel. Ich kam aber wieder, denn ich hatte dann die Krankheit des โ€บNichtseinsโ€น, denn ich glaubte alles sei gar nicht. Er gab mir wieder etwas, damit ich geheilt wurde. Ich kam aber ein drittes Mal zu ihm, denn ich fand die Heilmittel so beruhigend und wohltuend und wollte mehr davon.

Ich trรคumte diese szenische Abfolge in Anlehnung an etwas viel Ernsterem, das ich einmal irgendwo las. und das mich scheinbar selbst im Traume beschรคftigt.โ€œ

Ich trรคumte, in einem Zug gewesen zu sein, welcher an seiner Endhaltestelle โ€” kurz vor einer tiefen Schlucht โ€” angekommen war. An die Fahrt konnte ich mich nicht mehr erinnern โ€” ich muรŸ geschlafen haben, denn ich hatte das Gefรผhl soeben aufgewacht zu sein.

Die Szenerie รคhnelte der eines Westerns. Meine Reise war zu ihrem Ende gekommen, ich stieg aus dem Waggon aus, ging den staubigen Pfad entlang der Schienen zurรผck, bis ich auf jemanden stieรŸ. Ich begegnete einem Mann, der mich anlรคchelte und musternd von oben bis unten ansah und zu mir meinte, ich sei wohl nicht von hier, nicht aus dieser Gegend. Ich bezog seinen Kommentar auf Details an meiner Kleidung. Mir war klar, daรŸ ich ihm Recht geben muรŸte, um keine weiteren Nachfragen zu provozieren, denn ich wuรŸte, der Grund fรผr mein Auffallen war, daรŸ ich aus einer anderen Zeit kam. Dies traute ich mich ihm aber nicht zu sagen.

Sollten Zeitreisende uns einmal in der Zukunft besuchen, so nรคme man bestimmt von ihnen an, sie wรคren von einem weit entfernten Ort gekommen und nicht aus einer anderen Zeit.โ€œ

Ich trรคumte โ€” wie schon viele Male โ€” jemand wรคre in meiner Wohnung gewesen. Es ist jeweils eine andere Version, obwohl die Wohnungen immer gleich aussehen; eine leicht modifizierte Konstellation desselben Geschehens in gleich aussehenden Rรคumen, gleichen Grundrisses. DrauรŸen im Flur saรŸ ein Pรคrchen: Er mit dem Rรผcken zu mir; sie ihm und mir und der Eingangstรผr gegenรผber sitzend und beide waren beim Pausieren. Sie saรŸen auf den Treppenstufen und aรŸen ihre Jause, die lange, pechschwarze Leiter mit den regelmรครŸigen, aus runden Holzstรคben gefertigten Sprossen zwischen den Etagen angelehnt und diese von unten bis oben hin hindurch verbindend. Fรผr mich war in diesem Moment klar, daรŸ sie sich damit durch das offene Kรผchenfesnter Zugang zum Inneren verschafft hatten.

Es war fremd in meiner Wohnung, leer die Zimmer, die ich auf meinem Weg zur Tรผr passierte; โ€” und ich stand so da, in der Tรผrschwelle und sah ihnen beim Essen zu. Sie bemerkten mich scheinbar nicht, was mein Gefรผhl der Machtlosigkeit in dieser Betrachtung wohl zum Ausdruck bringen sollte. Sie redeten auch nicht, sie machten Pause in etwas, dessen Anfang ich nicht bemerkt hatte und dessen Fortsetzung noch bevor stand; aber sie waren sich in etwas einig. Ich war irgendwie selbst schuld, das Fenster so offen zu lassen und insbesondere so viele, fรผr Andere nach AuรŸen hin, als begehrenswert erscheinende Dinge, zu Hause zu haben. Wenn ich es mir recht รผberlege, war ich nicht traurig oder gar wรผtend โ€” ich hรคtte ihnen die Sachen gar so gegeben. Welche Sachen eigentlich? Ich vermiรŸte gar nichts, obwohl es leer war. Das einzige, was eine Leerstelle hinterlieรŸ, war mein Bild, das ich einige Wochen vorher, aus einem unabgesperrten Dachbodenabteil mitgenommen und in das Zimmer gehรคngt hatte.

Ich muรŸ noch einiges tun, bis jeder Dieb enttรคuscht mit leeren, hรคngenden Armen meine Wohnung verlรครŸt. All dies scheint auf einem MiรŸverstรคndnis zu beruhen.โ€œ

Ich trรคumte, in einem Zimmer gewesen zu sein und in einer Ecke, mir gegenรผber, befand sich ein Lesesessel, auf den ich zielstrebig zuging โ€” ich wollte mich darauf setzen, warum auch immer. Doch sobald ich nahe an ihm dran war, entschwand er. Ich dachte: ยปAlso war es kein Sessel, sondern eine Tรคuschung!ยซ In ein paar Sekunden sah ich ihn aber wieder, an genau der gleichen Stelle stehen. In der Zwischenzeit wandte ich mich davon ab und betrachtete die Struktur und die feinen Risse der Wand. Ich dachte: ยปAlso war der Sessel doch da und sein Verschwinden war eine Tรคuschung!ยซ und wachte mit einem Lรคcheln auf, so wie es nur ganz, ganz selten passiert, wenn man im Traum einen noch unbekannten oder vergessenen Witz ertrรคumt oder eine Geschichte, die man mal gehรถrt oder gelesen hatte โ€” oder wenn man meint, eine ganz besondere oder neu entdeckte Bedeutung in dem gerade Getrรคumten zu erkennen. Irgendwie war ich zufrieden und konnte direkt wieder einschlafen.โ€œ

Es ist schon lรคnger her, aber ich trรคumte, ich wรคre in einem wunderlichen Land โ€” war ich Einwohner, Bรผrger oder Reisender auf der Durchreise?

Mein Mantel lag an einer bestimmten Stelle โ€” hatte ich ihn verloren, vergessen, liegengelassen? โ€”, an die ich ich mich aber sehr gut erinnern konnte. Ich wuรŸte, er lag in einer tiefen Furche, auf einem Ackerboden, neben dicken, trockenen Schollen aus lehmiger Erde. Es gab einen dunkelgrรผnen Waldrand an der einen Seite dieses Feldes. Auf meinem Weg dorthin, kam ich an einer Stadt vorbei (es war mein Rรผckweg), denn ich muรŸte die von ihr wegfรผhrende Brรผcke benutzen, um zu der Stelle gelangen zu kรถnnen. Ich weiรŸ nicht, ob sie der Gewรคsser wegen erbaut wurde, denn ob sie รผber einen FluรŸ fรผhrte, kann ich nicht sicher sagen. Es war eher, wie eine darรผbergelegte Verbindung zwischen dem Land, den ร„ckern und der Stadt, welche die Hauptstadt dieses Staates gewesen sein muรŸ.

Als ich mich dem Zentrum dieser Stadt nรคherte (dazu muรŸte ich keine Brรผcken passieren โ€” die einzige lag im rechten Winkel, rechts abseits meines Weges und fรผhrte in die leicht hรผgelige Stadteinfahrt), wurde ich ihres Glanzes und der glitzernden Steine, des Schmuckes und des strahlenden Prunkes erst gewahr. Ich war erstaunt, diesen Ausblick zu haben, aber auch darรผber, dies so klar und deutlich zu trรคumen, eine dermaรŸen hohe Auflรถsung zu erblicken.

Ich fand meinen Mantel tatsรคchlich wieder und legte mich zu ihm auf den feuchten Boden, in ihn hinein, wie in eine perfekt passende Hรผlle, in die man ohne jeglichen Zwischenraum schlรผpfen kann und blieb dort in der Furche liegen und wartete darauf, einzuschlafen. Ich glaube, ich tat dies, weil ich auf meinem Weg aus der Stadt heraus, ab dem Betreten der Brรผcke gehetzt wurde oder besser: mich so fรผhlte, denn an Bewohner kann ich mich nicht entsinnen und begegnet war ich auf meinem Weg auch niemandem. Vielleicht hatte ich es auch nur eilig hierher zurรผckzukommen.

Ich trรคumte, unser Haustier lebte noch und befรคnde sich immer noch in seinem inzwischen vollkommen zugewachsenen Kรคfig im Keller. Als ich zufรคllig hinunterging in diese angenehme, vom feuchten Lehm abgegebene Kรผhle, an den Holzlatten und Kartoffelkisten vorbei (eigentlich sollte ich meiner Mutter etwas holen, das sie zum Backen brauchte), sah ich ihn in seinem erbรคrmlichen Zustand โ€” er war wie der Robinson Crusoe gewesen sein muรŸ: zottelig, scheu, verdreckt, scheinbar paranoid und starren Blickes โ€ฆ wir schauten uns eine Weile gegenseitig in die Augen, dann lief ich wieder hinauf und rief meiner Mutter ยปEr lebt! Er ist im Keller!ยซ zu. Sie aber war sich sicher, er wรคre dort nicht und sagte nur vรถllig gelassen und beilรคufig, daรŸ er schon seit langer Zeit gestorben sei. Das wuรŸte ich natรผrlich. Mir blieb nur das schlechte Gewissen, mich frรผher nicht genug um ihn gekรผmmert zu haben.

Ich trรคumte, ich befรคnde mich in einem kleinen und dunklen Laden, gerade nachdem ich der Frau hinter dem Tresen einige Pfandflaschen รผberreichte. Es war eine ganz gewรถhnliche Situation: DrauรŸen war es hell vom Tag, hier drinnen kรผhl und das Licht gedรคmmt. Hinter dem Tresen stand noch eine andere Person: ein dicker und glatzkรถpfiger Mann, welcher die ganze Zeit lang stumm war. Zuerst dachte ich, die Frau hรคtte mir einen Schein auf den Tresen gelegt und ich war erstaunt, denn dies muรŸte eindeutig zu viel Geld sein, fรผr die wenigen Flaschen, die ich ihr gab. Als ich nach dem schon sehr abgenutzten und leicht zerdrรผckten Schein (es waren 20 Mark) greifen wollte, fand ich drei unterschiedlich groรŸe Mรผnzen in meiner Hand. Zuerst ging ich davon aus, dies sei nun der richtige Betrag, aber ich erkannte die Fremdheit der Mรผnze in der Mitte: Sie war die grรถรŸte und ich hatte eine solche noch nie gesehen. Es war auslรคndisches Geld. Ich sagte der Frau, ich kรถnne doch damit nichts anfangen und wollte richtiges Geld von ihr. Sie aber meinte sehr bestimmt, dies sei nicht mรถglich und auรŸerdem hรคtte sie allen anderen vorher immer wieder gesagt, daรŸ sie jedem die Mรผnzen gebe, die sie verdienten. Ich sah auch den Mann zu ihrer Linken an, der wie beschรคmt wegschaute, aber nichts sagte. Ich sah die Frau, mit verschlossenen Armen und mit dem Rรผcken an das Holzregal angelehnt stehen, nichts mehr erwiedernd. Woher hatte sie das Geld?

Ich trรคumte, es war Nacht und wir waren in England vor einem Wohltรคtigkeitsladen und warteten auf den nรคchsten Bus. Das Gerรผcht ging um, am Morgen fuhr der letzte und der nรคchste Bus werde in Bรคlde kommen. In die entgegengesetzte Richtung fuhren regelmรครŸig welche, so daรŸ sich auf der anderen StraรŸenseite nur wenige Wartende ansammelten.

Die Menschen wurden immer mehr, dazwischen Gesprรคche auf der StraรŸe. Ich vertrieb mir die Zeit, indem ich in den Laden ging und mir die Sachen anschaute; so wie man dies tut, wenn man nicht gezielt nach etwas sucht, sondern seinen Blick รผber die Dinge gleiten lรครŸt.

Der Raum war sonderbar leer und in ihm befanden sich Tische mit Dingen in Haufen darauf und spรคrlich gefรผllte Schrรคnke an den Wรคnden. Und tatsรคchlich glitt mein Blicken ohne jegliche Reibung durch den Raum und รผber die verschiedenen Dinge โ€” wie eine geschwungene Linie, wellenfรถrmig, an ihnen entlang. Es hatte etwas von einer Wohnungsauflรถsung oder einem Ausverkauf, bei dem die zu verkaufenden Dinge immer nur weniger werden.

Der Verkรคufer erklรคrte mir โ€” ohne daรŸ ich danach frug โ€” etwas zu einer seltsamen, auslรคndischen Kamera, die man wie ein Visier vor beide Augen hielt. Ich nehme an, sie funktionierte nicht, beziehungsweise, daรŸ sie ohne weiteres Spezialzubehรถr, quasi unbenutzbar war โ€” ganz abgesehen von den Filmen, wenn sie denn welche benutzte.

DrauรŸen glich die Menge einem Flรผchtlingslager und ich telefonierte mit einer Freundin, die gerade in New York war und mir versicherte, heute morgen den Bus genommen zu haben. Ich beschloรŸ, nicht lรคnger zu warten und versuchte mein Glรผck an einem der Ausgรคnge abseits dieser StraรŸe. Er war wie mit Gerรผmpel verstellt: Ein kostbar aussehender Sessel lag verkantet zwischen beiden Seiten. Er stand gekippt auf zwei Beinen.

Ob ich hier entlang ging, weiรŸ ich nicht mehr, aber daรŸ ich eine jugendliche Stimme im Gang den anderen zurufen hรถrte: ยปKommt schnell her, es ist einer.ยซ โ€” sie meinte wohl: ein bestimmter, einer von einer gewissen Anzahl โ€” ยปEs wird viele Unfรคlle geben โ€ฆยซ. Ich hatte das Gefรผhl, sie erhofften sich bei mir viel holen zu kรถnnen; so wie ein Tourist, nachdem er ausgeraubt wurde in jenem Stadtteil, vor dem er gewarnt wurde hinzugehen, sich ausgenutzt und mitschuldig fรผhlt. Ich war erstaunt, daรŸ diese Kinder sich so viel von mir erwarteten. Das Aufwachen war unvermeidlich.

SchlieรŸlich heiรŸt es doch: ยปWer es dahin schafft, schafft es รผberallยซ. Oder heiรŸt es: ยปWer es da schafft, schafft es รผberallยซ?

Ich trรคumte, ich war irgendwo am Rande einer Stadt (an deren Vorstadt) โ€” es war Tag und sehr sonnig (wie in einer Wรผste) โ€” und ich ging von DrauรŸen herein in einen Wohnanhรคnger, der innen wie ein Zimmer ausgestattet war. Ich sah mich um โ€” an allen Seiten war er begrenzt โ€” und bemerkte sofort, daรŸ hier kein Bett darin war. Ich war erstaunt, ja ich erinnere mich, ich war sogar leicht erbost, daรŸ selbst dieses nicht zu dem Inventar dazugehรถrte. Ich war enttรคuscht und machte mir Gedanken, ob es wohl ginge, hier zu leben und auf dem Boden zu schlafen oder auf dem Tisch. Ich empfand diesen Raum als mir zugewiesen.

Der Traum wurde unterbrochen, es gab einen Sprung und plรถtzlich bewegte sich der Raum und fuhr. Eine Freundin stand drauรŸen und rief mir zum plรถtzlichen Abschied etwas hinterher, wรคhrend ich, ohne Kontrolle รผber den Wagen zu haben, versuchte diesen auf die Fahrbahn zu bringen und mich in den Strom der anderen Wagen einzuordnen und nicht mit diesen zusammenzustoรŸen. Ich sah mich um und erblickte die Gestalt meiner Freundin, sich verabschiedend und von Staub umgeben, dem Wagen hinterherlaufen. Aber bald darauf kam ich auch schon an eine Ampel, an der ich versuchte den Wagen zum Stehen zu bringen, was mir aber nicht gelang; die Ampel schaltete dann auf Grรผn und der Wagen fuhr ungebremst weiter, immer weiter in Richtung Stadt. Ich begab mich, ohne Kontrolle รผber mein Gefรคhrt, und ohne dies รผberhaupt zu wollen, immer weiter und immer schneller gen Zentrum โ€” die Strecken kamen von rechts und von links immer wieder zu groรŸen Fahrbahnen zusammen, welche dann wieder โ€” durch Ampeln und Zugรผbergรคnge abgegliedert โ€” in immer breitere Strecken mit unzรคhligen nebenherlaufenden Fahrbahnen mรผndeten.

Ich war Teil dieses Stromes, mich dem vermeintlichen Zentrum nรคhernd, ohne รผberhaupt zu wissen, wer oder ob sich รผberhaupt jemand in den anderen Wรคgen befand.

Jetzt im Nachhinein kommt es mir fast schon ironisch vor, daรŸ ich mir eine Situation ertrรคumte, die ihre eigene Grundlage in Frage stellte: Es gab ja kein Bett in diesem Wagen, den ich in meinem Bett liegend getrรคumt hatte. Dazu war es ausgerechnet noch ein Wohnwagen โ€” wie sollte ich darin wohnen, ohne einen Platz zum Schlafen zu haben?

Aber ein Bett ist ja schlieรŸlich nicht die Bedingung fรผr das Trรคumen โ€” es ist, ja man kann sagen, ein Vehikel dafรผr. Trรคume sind doch nichts anderes als eine andere Art des Denkens, welche durch den Schlafzustand ermรถglicht wird. Sichtungen, Visionen bei Nacht.

Ich trรคumte, auf dem Bauch zu liegen und von jemandem begutachtet zu werden. Meinen Kopf in beiden Hรคnden haltend, zunรคchst hin und her in einer Schaukelbewegung wendend, dann nach allen Seiten hin neigend, ging ich diese Achsenbewegungen mit geschlossenen Augen freiwillig mit. Mir war, als hรคtte sich die Welt von auรŸen einen Zugang zu meinem Kopf gebahnt, die nun beide auf ihre Richtigkeit hin untersucht werden sollten.

Ich trรคumte von jemandem eine Situation, eine Kette von Begebenheiten geschildert zu bekommen. Ich kannte dies alles schon, da mir das Gleiche von einer Freundin ein paar Tage zuvor erzรคhlt wurde. Es war so, als wiederholte sich dies nun in meinem Traum โ€” im letzten Moment aber, nachdem mir bewuรŸt wurde, daรŸ dies eine Aufarbeitung dieses Gesprรคchs war, erkannte ich, daรŸ mir dies nicht von dieser Freundin selbst, sondern von der anderen Person, auf die sich die Schilderungen bezogen, erzรคhlt wurde. Ich hatte nun das Gefรผhl alles von beiden Seiten einheitlich, in der gleichen Weise erzรคhlt zu bekommen โ€” mit mir als Mittelpunkt und Membram, nach beiden Seiten hin permeabel โ€” und so den Eindruck von Wahrheit, von Kongruenz. Lediglich der Erzรคhler war ausgetauscht, die Begebenheiten aber die gleichen geblieben. Was fรผr eine Art von Ersetzung fand hier eigentlich statt?

Ich trรคumte (nachdem ich am Vorabend einen Film geschaut hatte), ein starkes und sรคttigendes Gefรผhl in mir gehabt zu haben und die Wahrheit รผber die Entdeckung des Benzolringes zu erfahren. Dies war nur eine kurze Episode und mehr โ€บGeschichteโ€น (wie sie sich sonst, in meinen Trรคumen meist entfaltet) war diesmal nicht dabei.โ€œ

Jemand, der mir sehr nahe ist, erzรคhlte mir von seinem Traum: Ich habe getrรคumt, ich war mit einer Freundin in einem groรŸen Saal. Zu ihm fรผhrte eine breite, zweiarmige Treppe, alles war hell erleuchtet und funkelte. Wir hatten, ebenso wie die anderen Mรคdchen, bonbonfarbene, barocke Kleider an, aus glรคnzendem Satin.

In dem Saal probten einige Mรคdchengruppen einen Tanz โ€” so auch wir. Wir waren vielleicht zu Zehnt in unserer Gruppe.

Fรผr den Tanz gab es einen Text, den es zu tanzen galt. Nach einer Weile bekamen wir Ideen, aber nur fรผr den zweiten Akt, der erste erschloรŸ sich uns nicht und blieb langweilig.

Also schlug ich vor, den ersten Akt doch einfach wegzulassen und mit dem zweiten zu beginnen. Das taten wir auch. Alle hatten SpaรŸ, auรŸer mir, ich stand mitten in der Gruppe und fรผhlte mich allein und traurig. Ich hatte, glaube ich, keine Rolle im zweiten Akt.

Dann lief ich weg, meine Freundin kam hinterher und wollte mich trรถsten. Mir kamen die Trรคnen, aber ich wollte nicht, daรŸ sie das sieht.

Mit diesem Gefรผhl bin ich aufgewacht.

Obwohl dieser Traum nicht von mir stammt, so erkenne ich mich darin wieder und bin darรผber erstaunt; denn er hรคtte auch mein eigener sein kรถnnen.โ€œ

Ich erwachte und erinnerte mich daran, getrรคumt zu haben, ich wรคre im Traum, als Beobachter meiner Trรคume, deren Inhalt einen Schritt voraus gewesen. Ich war nicht innen in der Handlung meiner Trรคume, sondern befand mich darรผber, davor. Als ich aber aufwachte, hatte ich erst diesen Gedanken โ€” der Inhalt, dieses im Wachzustand gefaรŸten Gedankens, reichte ganz tief in den Traum hinein und fuรŸte darauf. Wie ineinander verschachtelte Schachteln.

Es ist noch keiner aus seinem Leben heraus aufgewacht, so daรŸ er dieses wie im Traume betrachten kรถnnte. Doch der Last entledigt, kann man sich an so vieles nicht mehr erinnern.

Ich habe einen Traum, der nicht verfliegt, sondern erst noch Gestalt annehmen muรŸ.



Tagebรผcher

Freitag, den 6.Oktober 1989

Wenn dies hier alles vorbei ist, schaue ich mir die Welt an.

Ich sah vorhin aus dem Fenster, aber Du hast mich nicht gehรถrt. Am Horizont ein Feuerwerk. Du gingst vorbei und hast nichts gesagt. Sollte ich von Dir verlangen, daรŸ Du mich befreist? Ich will es nicht, bedarf aber Deiner Hilfe. Ich will nicht, daรŸ Du mich freisetzt, denn dann hast Du wieder etwas getan und ich habe nichts dabei gelernt. Ich brauche keine Geschenke.

HeiรŸt nicht, frei zu sein, auch verloren zu sein? Frรผher ging man in die Wรผste oder wurde zumindest dorthin geschickt. Komm, laรŸ uns die Fahnen im Wind betrachten. Wecke mich, wenn es vorbei ist.

Freitag, den 6.Oktober auf Samstag, den 7. Oktober 1989

Ich lag so da und mir schien heutโ€™ Morgen, als ob der Schlaf meinen Traum behรผten wollte. Wie kann der Traum den Schlaf verlรคngern?

Mit dem ersten Wahrnehmen der weiรŸen Struktur an der Wand war mir auch bewuรŸt, nun wieder wach zu sein. Woanders, auf der anderen Seite. Und ich mochte den Gedanken und lรคchelte bei der Vorstellung, ich wurde von dem Traum hinausgezรถgert.

06:10 Uhr

Manchmal schreibe ich mir kurze Anleitungen, Merkhilfen oder noch genauer auszuformulierende Ideen โ€” davon bleibt aber nicht mehr viel รผbrig, denn sobald ich sie dann in die Tat umsetze, werden sie unerkennbar und verschmelzen mit dem รœbrigen. Ich sitze bei mir auf dem Sofa und sende mir selbst Botschaften, die ich an anderer Stelle in der Zukunft wieder lesen werde โ€“ auch diese hier war einmal eine solche. Und nun ist sie weder bei mir, noch vor- oder nachgestellt.

Mir scheint, das Aussetzten der Sprache sei hierin die Grundbedingung fรผr das Schreiben.

Ich muรŸ mit den Sรคtzen an meinem eigenen Leben arbeiten, so daรŸ ich nicht noch einmal neben mir stehe.

06:21 Uhr

Heute saรŸ ich alleine so da und meinte plรถtzlich, eine Stimme zu hรถren. Ich verstand davon nichts โ€“ nur gut, daรŸ ich nicht im Freien saรŸ, sondern Drinnen war, so daรŸ mir die ganze Situation nicht gรคnzlich unerklรคrbar blieb. Ich saรŸ so da und meinte, jemanden zu hรถren, aber es war nur mein eigenes รtman.

06:43 Uhr

Soll ich wirklich glauben, der Herr Immanuel Kant spricht zu mir, wenn ich die Schriften lese, die seinen Namen tragen? โ€” Auf was beziehe ich mich denn, wenn ich von Kants Ideen rede? Auf die Person oder auf das Bild, das davon รผbrig blieb und nun geisterhaft durch die Hรถrsรคle und Publikationen schleicht? Was habe ich davon, was hat man generell als Gesellschaft davon, zu wissen, eine bestimmte Person, hรคtte diese Texte genau so verfaรŸt wie sie aktuell vorliegen? Was ist mit Sokratesโ€™ Reden?

Was dรคchte Kant, lรคse er seine eigenen Sachen, was dachte Nietzsche, als er seine eigenen Schriften las? Was wird passieren, wenn ich meine eigenen Aufzeichnungen lesen werde?

Mir ist manchmal so, als ob in den ganzen Bรผchern gar nichts darin wรคre, gar kein Wirkstoff, der einen beeinflussen kรถnnte โ€” sondern: Man freut sich die ganze Zeit darauf, ist darauf konzentriert, behรคlt es im BewuรŸtsein und dann bei der Anwendung ist gar kein Wirkstoff mehr nรถtig, โ€” es hรคngt vielleicht alles nur von seiner Vorbereitung ab?

Die Frage ist doch: Was ist es an einer Person, einem Text, etwas Vor- und Gefundenem, das man interessant und spannend findet? Was ist das Fesselnde daran oder darin?

Vermittels dieser Bรผcher hoffe ich, aus ihnen heraustreten zu kรถnnen, durch sie hindurch zu gehen, sie zu รผberwinden. Sind sie Mittel zum Zweck? Ich habe den Eindruck in diesen Bรผchern zu leben โ€ฆ wo stehe ich?

Ein ganz und gar anonymes Werk aber ist fรผr Dritte nicht verstรคndlich. Es ist nach AuรŸen hin โ€” ohne weiteren Bezugsrahmen โ€” nicht verstรคndlich kommunizierbar. Obwohl der Autor als solcher, auf jeder Stufe der Kette, fraglich und austauschbar bleibt, besteht die Forderung nach einer Kausalitรคtsbeziehung zwischen Werk und Schรถpfer, formal stets weiter.

Doch wer, auรŸerhalb eines Textes, sagt und meint was? Ist nicht der Letzte in der Kette der Meinungen der eigentlichen Sagende? Unabhรคngig von allen anderen Sagen und Verstrickungen?

Schriftsteller schreiben Bรผcher, fiktive Geschichten โ€“ Philosophen schreiben รผber die Wahrheit. (Was aber nicht heiรŸt, sie schrieben auch die Wahrheit.) Was, wenn die (geschriebene) Philosophie nur eine Ansammlung von Geschichten wรคre? Fiktive Werke, in die der Leser zeitweise eintauchen, seine eigene Realitรคt damit vergleichen oder mit der beschriebenen tauschen kann? Welcher Motivation bedarf es, als Philosoph zu schreiben? Was treibt sie an, solche MutmaรŸungen und Zusammenhรคnge zu konstruieren? Die neuen Philosophen vielleicht, weil sie die alten widerlegen, angreifen, verbessern, bestรคtigen, zitieren etc. wollen. Was, wenn es eine Reihe von in einer Urgeschichte verankerten MiรŸverstรคndnissen ist, welche aber nie schriftlich verfaรŸt wurden?

Jemand muรŸ dies ernsthaft in Betracht ziehen und prรผfen.

08:00 Uhr

Ich beschloรŸ heute, in meiner Wohnung kein Gemรผse mehr anzubauen, wie mein Vater es auf dem Ackerboden vor mir tat, sondern nur noch gelegentlich, sofern mir danach sei, Blumen zum Blรผhen zu bringen. Im Heimlichen. Meines Vaters Vater war ein Bauer, wie so viele Vรคter anderer es auch waren. Davon blieb der Name รผbrig. Ich wandle mich langsam, denn alles, was ich brauche, wird mir von anderen hergestellt und ist greifbar nahe. Ich richte mich nach diesem Angebot, bediene mich daran, wie alle in meiner Umgebung und hoffe, die Grundlagen dabei nicht zu verlernen. Dies ist meine Blรผtezeit. Doch was hat mich bestรคubt?

Ist Philosophieren nicht wie exotische Gewรคchse zรผchten? Man erstellt โ€บstrainsโ€น, genetische Auswahlen der besten bzw. schรถnsten, bekรถmmlichsten, bequemsten Phรคnotypen und deren Kombination untereinander. Dabei sind bestimmte Kombinationen unmรถglich bzw. zeigen erst in spรคteren Generationen Resultate oder Degenerationen, Krankheiten, Mutationen, Phรคnotypen. Manche darin enthaltenen Ideen sind dominant bzw. rezessiv.

Ich wรผnschte, jemand stellte mir eine neue Evolution auf, denn die jetzige ist eine Lรผge.

08:27 Uhr

Was der Sinn des Lebens sei? Ganz einfach: Versuche freundlich zu anderen, ehrlich zu Dir selbst zu sein, mache ein paar Kinder wรคhrend Du noch jung bist, respektiere die Welt um Dich herum, vermeide den Umgang mit habgierigen Menschen, gehe ab und zu spazieren, hรถre Musik. Und ja, denke hin und wieder an den Sinn des Lebens, auch wenn Du von den Vorgaben der anderen umgeben bist. Lasse einiges offen.

Du muรŸt Dein Leben nicht รคndern, denn Dir steht alles noch bevor. ยปDu muรŸt Dein Leben รคndern.ยซ โ€“ dies wurde schon oft als Allheilmittel propagiert. Gelegentlich hรถre ich es wieder im Vorbeigehen.

Immer dieses MรผรŸen โ€ฆ es hinterlรครŸt ein Gefรผhl der moralischen Verschuldung โ€ฆ etwas nachzuholen, irgendwo endlich anzukommen, endgรผltig das richtige Sofa und den richtigen Schrank fรผr seine kleine Wohnung gefunden zu haben, endlich ein Problem als gelรถst abzutun.

Manchmal wenn man im Zug sitzt und die vorbeifahrende Landschaft betrachtet, haftet sich der Blick an die vorbeiziehenden Dinge, manchmal sogar so gierig, daรŸ man, obwohl alles mit Sicherheit vorbeikommen wird, bereits mit den Augen an den Rand springt, um die Dinge ein paar Momente frรผher zu sehen. Es kommt doch alles einmal in den Blick โ€” keine Notwendigkeit vorauszuschauen. Warum in die Ferne schweifen?

Je weiter ich eine Sache von mir wegschiebe, desto besser kann ich diese betrachten. Denn ich selbst bewege mich relativ schnell und so erspare ich mir beide Bewegungen zu synchronisieren.

Wissenschaft beginnt dort, wo Objektivitรคt gesichert ist.

Spricht man vom MittelmaรŸ oder von den Tugenden des mittleren Weges, so werden diese meistens maรŸlos unter- oder รผberschรคtzt.

09:40 Uhr

Von all den Bildern, die mir eine Zeit lang so nahe waren, habe ich den GroรŸteil vernichtet โ€” es hat mich viel Mรผhe gekostet. Man kann sie weder leicht zerreiรŸen, noch sonstwie auslรถschen. Ich muรŸte sie verbrennen. Als von den vorherigen Bildern in meinem Waschbecken nur noch Asche und Rauch รผbrig war, blieb ich bei einem stehen, als ich mir die Person darauf genauer ansah. Ich hielt inne, denn mir war so, als wรคre die Verbindung zu der dargestellten Person zu stark. (So wie man sich erzรคhlt, manche indigene Stรคmme glaubten, mit jeder Aufnahme auch ein Teil ihrer Seele herzugeben.)

Obwohl es doch nur ein Bild war, zog es eine Grenze zwischen mir und dem, auf was es verwies. Und wieder hatte ich das Gefรผhl, hier wurde etwas ausgetauscht, ersetzt. รœber die Reihenfolge hatte ich mir vorher keine Gedanken gemacht, denn ich hatte vor, ausnahmslos alle zu verbrennen. Dieses eine Bild ist sowohl Teil der verlorenen, als auch der รผbrigen. Ich werde aber niemals alle los.

Manchmal bin ich ja schon geneigt, auch einen Abzug von den gefundenen Negativen zu machen, mir die Chemie zu besorgen, mit den Papierformaten, den Gradiationen, mattem oder glรคnzendem Papier zu experimentieren โ€“ aber ich habe ja noch einige Polas รผbrig und vielleicht mache ich ja ein paar Bilder von den Bildern, vielleicht wie sie so zufรคllig auf dem Tisch liegen oder geordnet an der Wand hรคngend โ€ฆ

Ich habe die ganze Zeit lang immer nur mein Augenmerk auf die dargestellten Personen gelegt โ€“ nun frage ich mich, wer denn diese Bilder gemacht haben kรถnnte. Nรคme ich alle zusammen, so kรถnnte ich vielleicht den jeweiligen Urheber ausfindig machen, herausrechnen.

11:28 Uhr

Beschreibung einer Skizze: Zuerst gibt es einen gepunkteten Strang, der mit einer geschweiften Klammer mit ยปBeobachtungยซ beschriftet ist. Darunter spaltet sich dieser, wie in einer Sanduhr, nach unten rieselnde Strang, mittels zwei Pfeilen nach links und rechts. Links ist ein angedeuteter Papierstapel und ein umkreistes ยปerยซ, rechts davon steht ยปmein Teilยซ und ein angedeutetes aufgeschlagenes Buch. Dieser ganze zweite Teil โ€” unterhalb der Beobachtung โ€”, ist mit einer geschweiften Klammer, mit der Bemerkung ยปSortierenยซ markiert. Dieses ganze Gebilde hat nun wieder eine, alles umschweifende Klammer, deren Spitze nach Unten zeigt. Darunter: 1. Beobachtung des Gesamten 2. Wieder Einordnen? Zu wem?โ€œ

11:41 Uhr

Gestern Morgen, um kurz nach fรผnf, hatte ich einen festen Sitzplatz in der Bahn und konnte dadurch vieles leichter und weniger umstรคndlich aufschreiben. Es ist wirklich eine Schande, daรŸ man im Stehen nicht schreiben kann. Man muรŸ gehen, damit โ€ฆโ€œ

12:00 Uhr

Als ich unlรคngst mit Milam unterwegs war, sahen wir eine Inschrift รผber dem Eingangstor eines Krankenโ€“ oder Irrenhauses: Er รผbersetzte es folgendermaรŸen: ยปsurvival of the fittestยซ. Milam meinte spรถttisch im Vorbeigehen ยปโ€ฆ aber schau doch โ€“ sie sind verrรผckte Mรคnner!ยซโ€œ

Mittag

Zwei Stunden Warten vor dem Blumen Hanisch. Niemand, den ich kannte, kam vorbei.

Eine Uhr nehme ich mir nur selten mit, aber tue ich es, so habe ich das Gefรผhl, ich sei ein kleiner Weltmittelpunkt und alle anderen Uhren, an denen ich vorbeigehe, mรผรŸten sich nach meiner eigenen richten. Als ob die Sonne einen zweifachen Schatten รผber ein und den gleichen Stock werfen kรถnne. Habe ich keine dabei, vergeht mir die Zeit schneller und ich bemerke den Unterschied zwischen der, von den, von mir passierten Uhren, angezeigten Zeit, nicht mehr.

Fragt mich jemand, wo ich am Samstag zu einer bestimmten Uhrzeit gewesen bin, so frage ich mich zunรคchst, wo ich denn jetzt bin.

15:09 Uhr

Als ich meine alte Schreibmaschine vor einigen Tagen, zum Verschenken in den Flur stellte, befiel mich so ein sonderbares Gefรผhl, damit auch etwas von mir selbst herzugeben โ€” so als mรผรŸte ich, vor der endgรผltigen รœber- bzw. Abgabe, sicherstellen, daรŸ ich nichts Persรถnliches darin zurรผckgelassen hรคtte (aber nicht nur ein versehentlich vergessenes, vielleicht noch nicht einmal beschriebenes Stรผck Papier zum Beispiel), so als kรถnnte der neue Besitzer damit auch meine Gedanken รผberreicht bekommen, die in den Tasten und dem Gehรคuse potentiell stecken, sich verstecken.

Komisch, bei einem Bleistift oder einem Fรผller dรคchte ich dies wahrscheinlich nicht. Aber ist in dem Bleistift die Idee nicht genauso enthalten, angelegt und mรถglich, wie in meinem Kopf oder meiner Zunge, indem ich all dies (zur รœbermittlung) benutzte?

Aber in den Bรผchern findet man diese, nicht wahr? Damit fรคngt es ja schlieรŸlich an!โ€œ

15:12 Uhr

Neulich traf ich Michael. Er sah nicht krรคnklich aus, nur leicht gekrรคnkt. Er schien nicht ganz er selbst zu sein.

15:52 Uhr

Eine Mรถglichkeit der Ordnung ist die chronologische Ordnung. Doch warum?

Ich habe mir vor einiger Zeit die Mรผhe gemacht, eine playlist zu erstellen:

1. David Hasselhoff:

Looking For Freedom (3:54).

Looking For Freedom, 1989.



2. Red Hot Chili Peppers:

Under The Bridge (Album Version) (4:24).

Blood Sugar Sex Magik, 1991.



3. Bon Jovi:

Bad Medicine (5:16).

New Jersey, 1998.



4. The Rolling Stones:

Wild Horses (5:42).

Sticky Fingers, 1971.



5. Iron Maiden:

Another Life (3:23).

Killers, 1998.



6. Bon Jovi:

Iโ€™ll Sleep When Iโ€™m Dead (4:43).

Keep the Faith, 1992.



7. The Rolling Stones:

All About You 4:17.

Emotional Rescue, 1980.



8. David Hasselhoff:

Crazy On A Saturday Night (3:41).

Single, 1984.



9. Einstรผrzende Neubauten:

Ich gehe jetzt (3:32).

Perpetuum Mobile, 2004.



10. Volkslied:

Lili Marlen (3:32).

Leip, 1915/Schultze, 1938.

16:12 Uhr

Ich erinnere mich, daรŸ ich, als ich noch zur Schule ging, mich freiwillig fรผr Erste-Hilfe-Kurse zur Verfรผgung stellte. Ich sollte natรผrlich so echt wie mรถglich, โ€บkrankโ€น, โ€บverletztโ€น sein โ€” ich hielt zum Beispiel einmal den Atem so lange wie mรถglich an oder blieb bewegungslos auf einer Bare liegen. Ich war seltsamerweise sehr gerne โ€บkrankโ€น und ich kann mich noch gut erinnern, daรŸ andere es nicht verstanden, warum man dabei mitmachen sollte, ohne einen direkten Nutzen zu haben. Eine Pseudobehandlung im Liegen. Ein Lernen nicht ausgeschlossen.

16:25 Uhr

Wenn ich von Diskussionen รผber Zeit schreibe, benutzte ich: ยปJemand sagte was von Zeit. Man selbst sagte was von gehen lassenยซ.

16:33 Uhr

Gestern Abend spielten wir Reise nach Jerusalem. Nicht alle konnten dorthin mit, denn als die Musik aufhรถrte, begann der spielerische Kampf ums รœberleben, um den nรคchsten Platz, der mit jeder neuen Runde aber erneut auf dem Spiel stand. Dieser Mangel war dem Spiel ganz natรผrlich gegeben. Der Langsamste wird unter Geschrei und Protesten ausgesondert und schaut dann weiter zu. Die Tauben sind sowieso ungeeignet mitzuspielen โ€“ aber wir Stummen schon.

16:52 Uhr

Gestern habe ich am laufenden Band gearbeitet, habe die Geschenke der anderen sorgfรคltig verpackt, die Leerrรคume der Schachteln jedes Mal mit Papier aufgefรผllt. Als alle gegangen waren, blieb ich lรคnger und genoรŸ die Zeit in Ruhe.

Als ich mich auf dem Nachhauseweg befand, war ich spรคt und wurde erwartet, hatte aber keine Mรถglichkeit, Bescheid zu geben. Sie wird sich bestimmt Sorgen machen, denn einmal war ich zu spรคt und sie hat sich keine Sorgen gemacht โ€” im Gegenteil: Sie wollte mich dafรผr rรผgen. Dann sahen wir uns, an ganz anderer Stelle, zu gรคnzlich anderer Zeit wieder.

17:39 Uhr

Ich bekam neulich eine Aufgabe gestellt, welche den Ausgangspunkt โ€“ das scheinbar offizielle Ende meiner gegenwรคrtigen Situation โ€“ bearbeiten soll, welche sich mit der offiziellen und in naher Zukunft, zu erwartenden Situation des AbschluรŸes, der beglaubigten Beendung eines Teilabschnittes, beschรคftigen soll.

Der erste Teil stammt nicht von mir, der zweite ist von mir, aber leider unvollstรคndig im Vergleich zum Ersten. Ich sehe hier noch keinen Punkt, die Beschreibung ist noch nicht an ihrem Endpunkt angekommen. Schaue ich mir diese Formulierungen genauer an, fรคllt mir daran auf, daรŸ der erste Teil, erstens nicht von mir selbst stammt und zweitens bereits regelkonform strukturiert und einwandfrei zu seinem Ende gebracht wurde. Lediglich der darauf folgende Teilabschnitt, war von mir eingebracht, hinzugefรผgt worden, ist aber weder auf den Punkt gebracht, noch ordnungsgemรครŸ begonnen worden. Von dessen, in einer Leere mรผndendem Ende, blickt man nun wieder zurรผck zum Anfang; dieser definiert sich jedoch nicht nur aus sich selbst heraus, sondern wird durch das konkret angegebene, vorgenomme Ende des davorgehenden Ausdrucks definiert.

Und nun muรŸ der Verdacht des RegelverstoรŸes wieder zurรผckgenommen werden, da eine bestimmte Art (ein Teiltypus, auf das Ganze der beiden Ausschnitte zusammen genommenen Regelsatzes), aus dieser Sicht nicht zur Anwendung kommen kann. Nรคme man sich die vorgelegte Struktur des Vorgรคngers zum Vorbild, ohne aber diese rigoros weitertreiben zu wollen, so fรคnde man an jener Stelle, die gerade noch mangelhaft und lรผckenhaft erschien, plรถtzlich keinen Fehler mehr, sondern eine stille Auflรถsung, ein unausgesprochenes, zurรผckgenommenes Sich-Nicht-Mehr-Kรผmmern, Nicht-Mehr-Weiter-Beachten solcher formalen Regeln. Und mit dieser Erfahrung im Gepรคck, schaut man sich nun wieder um โ€“ nun aber nicht mehr allein in Hinsicht auf ihre formale, syntaktische Korrektheit/Beschaffenheit, auf ihr grammatikalisches Korsett. Man kann solche sich entwickelnden Aspekte in die weitere und tiefere Betrachtung ihres Inhalts mit einflieรŸen lassen.

Ich merke meine Wรถrter haben sich gesteigert. Hineingesteigert wohin?

Und vielleicht sollte hier eine kurze Pause machen und mich ausruhen. Doch ich denke, ein solcher mittiger Ausschlag ist vollkommen normal und kann โ€“ in abhรคngigen Variationen โ€“ รผberall beobachtet und verzeichnet werden. Vielleicht sollte ich all dies fรผr einen kurzen Moment in den Hintergrund stellen und mich wieder an das erinnern, was mich selbst ausmacht. Auch wenn sich manches doppeln oder รผberlagern sollte oder mit verschiedenen Ausdrรผcken, doch immer das Gleiche gemeint wรคre, sind die weiteren, sich vom Scheitelpunkt entfernenden Bezeichnungen, Ein-Tragungen โ€“ einfacherer gesagt: Angaben โ€“ noch nicht vorgenommen worden. Sie lieรŸen sich auch an jedem beliebigen Punkt weiterfรผhren, ergรคnzen. Das dahinterliegende Spielfeld ist nach allen Seiten hin offen. Eine Fortfรผhrung bedarf konkreter Aktionen โ€“ die abstrakte Formel und auch alle einzelnen Faktoren, sind ja theoretisch schon angegeben โ€“ nur befindet sich die Darstellung auf einer anderen Ebene.

Ich schlug so hart auf den Boden auf, daรŸ ich in Gedanken davon immer noch kleine, bรถgige Sprรผnge nachziehen kann. Fรผr diese Beschreibung fehlen mir wirklich die konkreten Wรถrter. Ich beobachte die Bewegung in meinem Kopf und kann daraus die Folgebewegung vorhersehen und bestimmte Punkte als wahrscheinlich angeben. Das Intervall der Berรผhrungen, stetig zunehmend, der Abstand zwischen beiden nach vorhersehbaren Regeln, stetig kleiner werdend, bis er nicht mehr wahrnehmbar scheint, bleibt der Ball dann noch einige Zeit lang, sich eine geeignete Stelle fรผr seinen Ruhestand suchend, den Stillstand nervรถs hinauszรถgernd, bewegt โ€ฆ bis jedes seiner elementarsten Teile solange schwingt, als die Welt nicht selbst zum Stillstand kommt und Reibungswรคrme noch vorhanden ist.

Immer trรคger werdend, die Kurven enger ziehend, bis zum SchluรŸ der Ball regungslos auf diesem Boden liegt und nur noch, in sich โ€“ unsichtbar und endlos stumm โ€“, schwingt.

18:40 Uhr

Gestern, an Danielas Geburtstag โ€” noch bevor der Kuchen angeschnitten wurde โ€” einigten wir uns darauf, ein Spiel zu spielen: Die Idee war, die Torte so zu verteilen, daรŸ derjenige mit den รผberzeugendsten Argumenten im Verlauf einer Diskussion jeweils ein Stรผck davon bekommen sollte. Der Kuchen sollte zu Beginn uns allen gemeinsam gehรถren und dann je nach รœberzeugungskraft der Argumente an Peter, Daniela und mich verteilt werden.

Peter und Daniela sprachen darรผber, ob unser BewuรŸtsein wirklich im Gehirn erzeugt wรผrde oder ob es vielleicht davon unabhรคngig sei, ob man jemandem sein Leben lang Medikamente geben kรถnnte, um ihn moralischer zu machen oder ob dies unmรถglich sei oder gar selbst unmoralisch โ€” sie sprachen auch darรผber, ob man Entscheidungen im Geiste trifft und dann spรคter mit der Hand ausfรผhrt, oder ob diese Handlungen schon im Gehirn biologisch vor dem Zustand, den wir als Idee bezeichnen, veranlaรŸt werden und wir uns diese Handlungs- und Willensfreiheit vielleicht nur als nachtrรคgliche Selbstrechtfertigung fรผr unser Handeln einbilden etc.

Ich habe mich kurz gefragt, ob es nicht besser gewesen wรคre, einen grรถรŸeren Kuchen zu haben, damit unser Spiel nicht so schnell zu Ende sei und die Diskussion nicht so abhรคngig von der GrรถรŸe des Kuchens โ€“ aber andererseits dachte ich, ich tue jedes Mal so, als wรคre der Rest immer wieder ein ganz neuer und vollstรคndiger, im Vergleich zum vorherigen, natรผrlich immer kleiner werdender Kuchen, der nach jeder Runde eben, als vollstรคndig zu betrachten sei. Selbst das, was wir dann als letztes Stรผck noch verteilt hatten, hรคtte man doch noch in Portionen teilen kรถnnen, oder etwa nicht?

Ich weiรŸ gar nicht mehr, ob wir gleich am Anfang, den Kuchen in gleich groรŸe Segmente geteilt hatten oder immer nach den Diskussionen. Welchen Punkt wรคhle ich als Startposition?

Als wir am Abend alle auf unseren Stรผhlen saรŸen und ich mich in Peters und Danielas Diskussionen nicht einmischte, sagte Peter leicht verรคrgert: ยปDas, was Du als Streit zwischen uns allen bezeichnest, ist doch immer nur ein Streit zwischen Dir und uns!ยซ

Ich glaube folgende Erinnerung an die Diskussion zu haben:

Ich war bisher jedes Mal dabei. Das Beste war 1989; danach war ich nicht mehr dabei. โ€“Wie kannst Du das beurteilen, wenn Du danach gar nicht mehr dabei warst? โ€“Das spielt dafรผr keine Rolle.

19:13 Uhr

Als ich heute diesen Baum von meinem Fenster aus betrachtete, war ich mir unsicher, ob es Spinnfรคden waren oder Seidenfรคden zwischen seinen ร„sten. Doch wie sollte denn dort ein Seidenfaden hingelangen, also muรŸte es ein Spinnfaden sein. Er war zerrissen. Aber sind Spinnfรคden nicht Seidenfรคden? Wenn sie von Raupen (sogar Seidenraupen gibt es) anstatt von Spinnen kommen, sind es Seidenfรคden, sonst Spinnfรคden. Als ich nach DrauรŸen blickte, war das Licht durch den halb-zugezogenen Vorhang hier Drinnen gedimmt.

Das eine ist eine รœberkategorie des anderen โ€“ somit bleibt ein Vergleich niveaulos.

20:22 Uhr

Ich spreche nicht. Ich habe es noch nie getan, weil ich es nicht kann. Und dies scheint vielen unbemerkt zu bleiben und zudem schwer zu glauben. Denn alles was bleibt, sind geschriebene Sรคtze โ€” so wie diese hier. Sie stehen zwischen mir und den anderen und erlauben keine Durchsicht. Ausgehend von ihnen, kann das Gesprochene nicht vorgestellt werden, vor sie gesetzt werden.

Mein Bruder allerdings kann sprechen und manchmal tut er dies auch fรผr mich. In meiner Freizeit bilde ich Vasen aus Ton und stelle sie in die Vitrine. Ich glaube, ich werde sie so leer lassen, wie es die alten Leute mit ihren Krรผgen und antiken Tรถpfen auch tun โ€” von einer alltรคglichen Nutzung ausgeschlossen, sind sie nur etwas fรผr die Augen der Anderen. Und diese Vorstellung in meinem Geiste zu tragen, behagte mir sehr.

20:37 Uhr

Ein groรŸer Traum wรคre Iron Maiden einmal live zu hรถren und nicht immer nur von CD.

Gestern kam โ€บAnother Lifeโ€น im Radio.

20:40 Uhr

Die reine Mathematik, also jene, die ohne Zahlen, die lediglich mit Variablen rechnet โ€” z.B.: ยปfรผr alle x gilt, wenn โ€ฆ etc.ยซ โ€” sie kรถnnte vielleicht so sein, wie mein Eindruck damals wรคhrend der Busfahrt, als ich die vermeintliche Bewegung wahrzunehmen meinte.

Neulich hรถrte ich wieder โ€บWild Horsesโ€น von Bob Dylan im Radio.

21:02 Uhr

Wenn ich in der Bahn oder im Bus sitze und aus dem Fenster schaue, so versuche ich natรผrlich auch zu beobachten, was da drauรŸen passiert und ob es neue Dinge zu entdecken gibt. Aber die Routine dieses tagtรคglichen Fahrens, auf ein und derselben Strecke, lรครŸt mich den Fokus von den Dingen, die an mir vorbeigleiten, wegnehmen und stattdessen nur noch verschwommen, die Bewegung meiner Fahrt wahrnehmen. Dabei ist es mir egal, wo meine Fahrt entlang fรผhrt, die Bewegung kann ich jedes Mal wahrnehmen. Also sollte es mir auch egal sein, auf was ich mein Denken im Einzelnen richte? Sollte es genรผgen, unabhรคngig von den Dingen zu werden und nur noch die Bewegung dahinter oder darรผber wahrzunehmen? Wenn der Inhalt meines Denkens, nicht aus StraรŸen, Baustellen, Menschen, Lรคden, Plakaten etc. besteht, sondern aus dem verschwommenen Bild der Farben und Flecken, so ist mir das Ziel meiner Fahrt gleichgรผltig.

Einmal fuhr ich eine mir noch unbekannte Strecke mit dem Ziel, einfach zu fahren. Natรผrlich gab es immer wieder Momente, in denen sich einzelne Dinge in den Vordergrund gedrรคngt hatten und meine Aufmerksamkeit vรถllig in Beschlag nahmen, aber ich versuchte dennoch, immer wieder nur diese Dinge in ihrer Bewegung zu betrachten.

Es war schon dunkel als wir an der Endhaltestelle ankamen und ich durfte nicht sitzen bleiben, da unser Bus in die Lagerhalle kam โ€” ich stieg dann umgehend in einen anderen, bereits wartenden Bus und fuhr die Strecke wieder zurรผck zu meiner Wohnung.

21:37 Uhr

Letztens, als ich am Kulkwitzer See war und mich zum Ausruhen mit dem Rรผcken an einen Baum gelehnt hatte, schlief ich fast ein, wรคhrend ich den Wellen auf dem Wasser zusah. Mir schien, sie wollten die Kรผste definieren mir ihrem stรคndigen Gewรคsch.

Als plรถtzlich etwas auf meinen Kopf schlug und ich davon aufwachte, sah ich neben mir einen Apfel liegen. Zuerst dachte ich, es sei ein Stein gewesen, der mich aus meinen Gedanken riรŸ, aber das war es scheinbar nicht. Der Apfel war schon ziemlich verfault und ich wunderte mich, daรŸ ich ihn nicht schon vorher gesehen hatte. Schade, daรŸ es nicht ein noch eรŸbarer Apfel war, denn so in seiner jรคmmerlichen und abstoรŸenden Gestalt, mit seiner verschrumpelten Schale und der braunen Farbe, fรผhlte ich mich ganz und gar nicht von ihm angezogen. Hรคtte ich vielleicht nur zwei, drei Tage frรผher hier gesessen, hรคtte ich damit mehr anfangen kรถnnen.

Ich beschloรŸ, mir ein Zitroneneis zu kaufen und setzte mich an einen anderen Platz, von wo ich einen รคlteren Mann beobachten konnte, der nun genau an meinem vorherigen Platz saรŸ und mit geschlossenen Augen mit dem Rรผcken am Baum anlehnte und mir kam die Situation mit Daniela von Vorgestern wieder in den Sinn, als wir uns wieder einmal gestritten hatten.

21:50 Uhr

Ich stelle mir ein Spiel vor, bei dem einer dem anderen Fragen stellt und sich dabei mit diesem unterhรคlt, wobei der andere weder ยปjaยซ noch ยปneinยซ sagen darf. Nach der ersten Frage entgegnet der andere gleich mit ยปneinยซ. Er wird gefragt, ob sie das Spiel nochmal anfangen sollten, wobei der eine mit ยปjaยซ zustimmt. Die nรคchste Frage wird ebenso gleich mit ยปneinยซ beantwortet, was dazu fรผhrt, daรŸ der eine Mitspieler, dem anderen nochmal die Regeln erklรคrt und fragt, ob dieser diese verstanden habe โ€“ die Antwort darauf, wie auf alle darauffolgenden Fragen, bleibt ยปneinยซ bis das Spiel erneut gestartet wird und der andere sofort auf die erste Frage, mit ยปneinยซ antwortet.

22:22 Uhr

Ja, ich gebe zu, nicht abstreiten zu wollen, ich entzรถge mich den unterschiedlichsten Dingen. Im Nachhinein scheint mir dies ein Umweg zu sein โ€” eine Umwanderung, entlang der als gegeben erscheinenden Grundsituation. Dieser ausweichend, ziehe ich Schleifen drumherum und kehre doch wieder mit hรคngenden Armen zurรผck.

Zwei Mรถglichkeiten parat zu haben, gleicht dem Bild zweier Wege, wovon einer der Fluchtweg ist.

22:30 Uhr

Vorige Woche wurden bei uns im Haus Bohrโ€“ und Stemmarbeiten durchgefรผhrt. Fenster der Wohnung รผber mir, wurden ausgetauscht. Ein Gerรผst stand an jedem meiner Fenster und Bauarbeiter schauten in meine Wohnung. Immer wenn ich nicht da war, zeichnete ich die Gerรคusche mit einem geliehenen Aufnahmegerรคt auf und hรถrte diese spรคter nach.

22:49 Uhr

Ich habe gemerkt, daรŸ ich oft รผber Dinge urteile, als wรคren sie eine Art Fremdkรถrper. All diese Gedanken รผber Verschachtelungen, Spiegelungen, diese Formulierungen im Modus des โ€บals-obโ€น, die vielen Konjunktive โ€ฆ und dann, plรถtzlich, merke ich, daรŸ dies auch Aussagen รผber mich selbst sind. รœber mich als Tรคuschung, als Fremdkรถrper, als Dorn im Fleisch.

23:31 Uhr

Ich beschloรŸ eine bestimmte Menge von Bรผchern und Sachen zu bevorraten, mich dafรผr zu entscheiden und damit auch zu begrenzen โ€“ das Feld des Spiels abzugrenzen โ€“ und diese Batterie, diesen Hort (wie auf einem Boot), auf die Reise mitzunehmen. Alles andere geht mich nichts an. Ich befรผrchte eine Verรคnderung und beschrรคnke mich auf selbstgewรคhlte Parameter, da spรคter ohnehin alles zusammenbrechen wird. Dies meine Befรผrchtung.

Meine Teile geben mir meine Richtung vor, ich gehe ein Stรผck weiter. Ein halber Mensch kann weitergehen in alle Richtungen.

Geh weiter! Und komm mich mal besuchen, ich habโ€™ unendlich Zeit. Oder schreib mir mal. Wann treffen wir drei wieder zusammโ€˜?

Ich packe meine Sachen und beschlieรŸe, von nun an in einer Herberge zu wohnen. Ich stecke mir die Hosen in die Socken, lege mir einen recht dicken Wollschal und einen festen Mantel um, setzte mein Kรคppi auf, packe mein Hab und Gut in eine Tasche aus braunem Leder. Zuerst gehe ich zu meinen Eltern. Unterwegs treffe ich ein paar Besorgungen. Ich bin sowas wie weg, nur anders. Dies ist Fiktion, von Fakten getragen.

Zeit meines Lebens habe ich auf etwas gewartet, etwas, von dem ich mir erhoffte, es wรผrde wahr werden. Nichts befriedigt, nichts bleibt. Ich komme nรคher, nรคhere mich mit tauben Fingern dem Knoten, den ich in meinem Taschentuch weiรŸ. Die ganze Nacht lang trรคumte ich vom Tag โ€” und wenn er anbricht, wird er fortgetragen. Der Traum suggeriert mir, ich fรผhlte am meisten, er wรผrde wahr werden, sรคhe ich Dich. In den Keller zu gehen kann mehr als einen Grund haben. Einmal hoffte ich, dort jemand lang verschollenen wiederzufinden. Aber eins nach dem anderen.

Gegen Mitternacht

Ich habe in meinem Leben Zeiten gehabt, in denen ich mit Trรคumen einschlief. Dies alles passierte an einem Tag in meinem Leben โ€” ich saรŸ drinnen in meiner Wohnung.

Ich ging zurรผck zur alten Stelle, bis ich wieder alles wuรŸte. Alles einzeln tanzend sehend. Tagelang weiรŸ. Ich fand es wieder, es gibt mich unverรคndert wieder โ€” ich gebe mich unverรคndert wieder โ€ฆ tagelang. Wenn dies hier alles fertig ist, kann ich mir endlich die Welt anschauen. Ich gehe jetzt. Heimlich.

Ich lieรŸ vieles hinter mich, der Spiegel sah dabei mein Gesicht. Es war meine 10631-te Nacht.

Endlich sauber. Endlich leer? Neulich hรถrte ich wieder โ€บIโ€™ll Sleep When Iโ€™m Deadโ€น von Bon Jovi im Radio.

Sonntag, den 8. Oktober 1989

15:39 Uhr

Habe ich heute schon meine Schรผssel ausgewaschen?

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