cinemas (Arbeitstitel)


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Das Projekt nutzt Hiroshi Sugimotos โ€žCinemasโ€œ-Fotografien als Basis fรผr eine animierte Video-Miniatur, kombiniert mit Tom & Jerry-Cartoons. Diese Arbeit reflektiert die Entwicklung von Film sowie seine Projektion und Hinterfragung institutioneller Grenzen des Kinos. Die Verschmelzung von Langzeitbelichtungsfotografien und Cartoons erzeugt ein anarchisches Durcheinander.

Erschienen

Bearbeitet

EXPOSEE

Eine Idee wird von der Bildfindung bis zum animierten Film durch verschiedene Entwicklungsstufen verfolgt. Hiroshi Sugimotos Fotografie-Serie von Theatern, Kinos, Drive Ins etc. dient als Ausgangspunkt. Durch eine Reanimation verschmilzt sein Werk mit Tom & Jerry Cartoons, wobei ein anarchisches Durcheinander entsteht. Die Reflexionen รผber Kino und Projektion thematisieren die Entwicklung des Films als transportables Medium.

Irgendwas zu einer Idee.

Idee zu Bild.

Standbild zu animiertem Film.

Innen nach Aussen, Negativ zu Positiv.

Projektion in Zeit und Raum.

Jemand schaut zu oder nicht.

Langzeitbelichtung: Animierter Film wird Standbild, wird zu Fotoserie von Zeit im Raum.

Einzelbilder arrangiert und re-animiert.

Vergangenes kommt wieder.

Ein Bild, ein Film.

Ein Kreis.

REANIMATED

Eine Auswahl von zwischen 1977-2015 entstandenen Fotoserien von Hiroshi Sugimoto als Ausgangspunkt fรผr eine animierte Video-Miniatur.

In den innerhalb von Kinos, Theatern und Lichtspielhรคusern mittels Langzeitbelichtung zu einer weissen Flรคche verschmolzenen und eingefrorenen Filmbilder in Sugimotos Fotos, erwachen Tom&Jerry Cartoons zum Leben.

Ein Tableaux von 40 Einzelfotos ist die Maske/Matrix fรผr eine Reanimation.

Der in Sugimotos Bildern in der Langzeitbelichtung weiรŸ eingebrannte animierte Film wird zum Fenster/Loch fรผr parallel gescreente Cartoons an genau jener Stelle des ehemaligen Films.

Einer รœberwachungsinstanz รคhnlich stehen die einzelnen Raumansichten wie Live-รœbertragungsbilder von Sicherheitskameras oder online von grossen Theaterhรคusern genutzte Livestreams vergleichbar, beobachtbar und arrangiert nebeneinander.

Alles spielt sich unabhรคngig voneinander in verdunkelten Rรคumen an zunรคchst unbekannten Orten ab. Was genau in den Cartoons geschieht ist eher unbedeutend im Detail, das Muster der Cartoons รคhnelt sich ohnehin.

Die รœberlagerung der Tonspuren hinterlรครŸt kontinuierlich eine unbehagliche Atmosphรคre der stilisierten Gerรคusche und Soundeffekte.

Wรคhrend anfangs noch alles recht synchronisiert erscheint (die Intros รคhnelnd sich, die einfรผhrende Erzรคhlstruktur wird etabliert etc.) รผberlagern sich die Tonspuren zunehmend bis schliesslich nach kurzer Zeit in den jeweiligen Sequenzen ein anarchisches Durcheinander auf den Leinwรคnden herrscht.

Im Loop.

Gedanken zum Kino

Ein Kino ist geschlossen, wenn etwas kaputt ist. Wenn etwas nicht gezeigt werden kann, bzw. wenn nichts gezeigt werden kann. Wenn keine Zuschauer da sind. Wenn gerade eine Vorstellung lรคuft.

Frรผher galoppierten Pferde auf Leinwรคndern, heute kรคmpfen Roboter auf Displays.

Die Grenzen zwischen dem im Kino Gezeigten einerseits und der transportabler Medien andererseits, sind nicht mehr in der Art und Weise aufrechtzuerhalten, wie die Hersteller eines Films und die Betreiber der Institutionen Kino sich dies wรผnschten.

Die Ware Film ist wie die Ware Video schon lange nicht mehr an bestimmte institutionalisierte Orte gebunden, die ihre vermeintliche Exklusivitรคt mittels klarer Grenzziehungen behaupten kรถnnen โ€” der Film zeigt sich nahezu immateriell, manipulierbar, รผbertragbar und als Ergebnis dieses Prozesses vor Allem wieder als kultureller Wert erschlieรŸbar.

Die zusรคtzlich zu einer, dem Medium Film schon per se inhรคrent eingewebten Illusion (z.B. der Kontinuitรคt von Raum, Zeit und Tรถnen mittels Schnitt und Montage), dazu parallel etablierten Illusion der filmschaffenden Institutionen (z.B. der รœberakzentuierung von Stars und Regisseuren) ist mittlerweile weggebrochen bzw. hat in seiner Mรคchtigkeit deutlich eingebรผรŸt. Diese Entwicklungen entkernten das Medium Film und warfen es auf seine primรคren Eigenschaften zurรผck. Herausgeholt aus seinem Versteck ist der Film nun klarer und von allen Perspektiven aus analysierbar geworden. Die um den Film herum kรผnstlich errichteten Zugangsbeschrรคnkungen werden zunehmend redundant.

Sich mit der Projektion von heterogenen, womรถglich nicht fรผr die gemeinsame Vorfรผhrung in abgedunkelten Rรคumen vorgesehenen clips an der Institution Kino messen zu wollen, wirft die Frage nach der Relevanz einer solchen Nachahmung auf. Auch wenn etwas โ€žKinoโ€œ heiรŸt, da es die wesentlichen Merkmale des Kinos imitiert, bedeutet dies nicht, daรŸ es die selbe Erfahrung hervorrufen kann. Auch kann ein solcher formaler Annรคherungsversuch inhaltlich nie zu einer befriedigenden Deckung fรผhren, da set und setting in keinem ausgewogenen Verhรคltnis zueinander stehen: kรผnstlerische Videos/clips, verpflanzt in das set eines natรผrlich gewachsenen Kinoraumes mit langjรคhrigem Programm, brechen in einem solchen Ambiente an ihrem innerlichen setting, welches in den meisten Fรคllen eine spezifische Art der Prรคsentation als wesentlicher Bestandteil der Arbeit selbst behaupten. Historisch gewachsene Kinos wurden รผber Jahre hinweg mit strategischem Programm bespielt und so als gesellschaftliche Rรคume modelliert, die neuartigen Multiplex-Kinos sind nur noch bloรŸe Hรผlle zur seriellen Abspulung von zumeist austauschbarer Produktion. Sich ohne die notwendigen Hilfsmittel mit oder an dem Kino messen zu wollen, kann vermutlich nicht funktionieren โ€” das Anliegen sollte ein anderes als das der versuchten Imitation sein.

Doch vielleicht ist der Rรผckgriff auf jenes, welches vor dem Kino stand, hilfreicher: die Kinematographen, Nickelodeons, Wanderkinos, Vaudevilles und die frรผhen optischen Experimente, die allesamt noch nicht den gelรคufigen Charakter des Kinos inne hatten, sondern filmische Ergebnisse in einer und fรผr eine soziale Randgruppe zeigte. Das Kino bleibt darin am wirkungsvollten, wo es seinen ureigensten Mechanismen am klarsten hervorbringt: in der Bewegungsanalyse einerseits und andererseits in den immer neu auszurichtenden Prรคsentationsformen von Videos beziehungsweise Filmen. Film braucht keinen Trรคger und keinen designierten Ort, er existiert auch ohne Aufzeichnungs-/Abspielgerรคt (so wie die Grammatik einer Sprache auch im Murmeln oder Stottern โ€” gar im Denken selbst โ€” intakt bleibt); das Kino als Raum ist ohne zu Projizierendes ein Behรคltnis, wie jedes andere auch. Es wird durch etwas zum Kino โ€” ist der Film das Kino?

Auch wenn ein Raum verschlossen ist, heiรŸt das nicht, das dort nichts ist. Auch wenn ein Raum dunkel ist, heiรŸt das nicht, daรŸ es dort nichts zu sehen gรคbe. Schlupflรถcher zu und Ersatz fรผr etwas gibt es immer; manchmal werden sie bewuรŸt geschaffen um die bedrohliche Starrheit des Gesamtsystems zu verhindern, ein anderes Mal sind sie die zwangslรคufigen Resultate des sonst geschlossenen Systems Produktion-Prรคsentation-Konsum-Wiederholung.

Eine Abfolge von Bildern, schnell genug, erzeugt die notwendige Illusion.


Quellen:
โ€“ Sugimoto, Hiroshi: Theaters, Movie Theaters, Abandoned Theaters, Drive-In Theaters 1977-2015.
โ€“ Tom & Jerry – Complete DVD Collection. Discs 1-6. Auswahl von ca. 80-100 Einzelfolgen, zu je ca. 7-9 Minuten.


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cinemas (Detail)

cinemas

Found footage, Surround, ca. 10 min., Monochrom/Farbe, DE 2024.


Country
Genre
Endforma
t
Ton
Sprache
Untertitel
Run Time
Production
Director

Germany
Videoart, Experimental
8K 7680x6976p, 23,98 fps
5.1 Surround Linear PCM
Englisch
ohne
ca. 10 Min
studio.caohom
Erich Weisz


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